Freitag, 26. November 2004, 19.00 Uhr, Humboldt-Universität, Berlin,
Hauptgebäude, Unter den Linden 6, Raum 30.38
Eine Veranstaltung von WADI e.V.
- Verband für Krisenhilfe und solidarische Entwicklungszusammenarbeit, mit
Unterstützung des Europäischen Zentrums für kurdische Studien/Berlin, des
RefRats der HU-Berlin und der Kurdistan AG der FU-Berlin
Terror und Gewalt kennzeichnen das Bild des Irak auch anderthalb Jahre
nach dem Ende des Krieges. Entwicklungen, die außerhalb der
Auseinandersetzung zwischen der irakischen Übergangsregierung und den
Koalitionstruppen auf der einen, islamischen und nationalistischen
Terroristen auf der anderen Seite liegen, werden zumeist nur am Rande
wahrgenommen. Zumal über die Situation irakischer Frauen, die mit dem Sturz
des Ba'thstaates die Hoffnung auf mehr Rechte und eine größere Beteiligung
an den politischen Entwicklungen des Landes verbanden, herrscht weitgehend
Unkenntnis. Bis heute hat sich das Bild eines zwar diktatorischen aber doch
säkularen Staates erhalten, der Frauen stärker als in anderen Ländern der
Region an Bildung und Wirtschaftsleben partizipieren ließ.
Tatsächlich aber litten Frauen unter dem Regime Saddam Husseins unter
einer Vielzahl von Repressionen. Nach dem Sturz der Diktatur sind im ganzen
Irak Fraueninitiativen entstanden, die sich für mehr Rechte und eine
stärkere Beteiligung von Frauen in politischen Gremien und dem öffentlichen
Leben einsetzen. Im Frühjahr 2004 verhinderten irakische
Frauenrechtlerinnen, dass Regelungen aus der Scharia im Familien- und
Zivilrecht übernommen wurden, wie es islamische Parteien im Regierungsrat
durchsetzen wollten. Vielerorts sind Frauenzentren entstanden, in denen
Opfer männlicher Gewalt betreut werden oder Frauen eine Ausbildung erhalten.
Doch Aktivistinnen und Initiativen sind immer stärker bedroht vom Terror
islamistischer Gruppen vor allem im Zentralirak. Häusliche Gewalt,
sogenannte "Verbrechen der Ehre" und auch Genitalverstümmlungen sind vor
allem in ländlichen Regionen verbreitet.
Über die Situation der Frauen im Irak und die Bewältigung der
diktatorischen Vergangenheit, über den Terror islamistischer und
nationalistischer Gruppen sowie über die Chancen und Perspektiven irakischer
Frauen sprechen:
Adrin Takhsh, Assyrische Frauenunion in Deutschland, Rüdesheim
Adrin Takhsh wird über die Situation im Zentralirak und vor allem in Bagdad
berichten, über die Gewalt islamischer Milizen gegen Frauen und die Probleme
irakischer Christinnen, sich gegenüber der Gewalt zu behaupten.
Amira Voss, irakische Juristin, Berlin
Amira Voss wird über die (rechtliche) Situation von Frauen vor und nach dem
Sturz des Ba'thregimes sprechen, über Entwicklungen im Nordirak, wo
Fraueninitiativen bereits seit Jahren aktiv für mehr Rechte streiten sowie
über die Chancen und Perspektiven der Beteiligung von Frauen an einem neuen
Irak.
Mary Kreutzer, Projektleiterin WADI/Österreich, Wien
Mary Kreutzer wird über ihre Erfahrungen der konkreten Arbeit mit Frauen im
Nordirak sprechen, wo WADI Frauenzentren unter anderem in der
Hauraman-Region unterstützt, die jahrelang von der radikal-islamischen
"Ansar al-Islam"-Miliz kontrolliert wurde, sowie über Gewalt gegen Frauen
und Genitalverstümmlungen.
Christian Knoop, WADI, Frankfurt/Main
Christian Knoop forscht über Geschlechterverhältnisse und Homosexualität im
Nahen Osten. Er wird über die Probleme der männlich dominierten
Gesellschaft, über Sexualvorstellungen und die Folgen für das
Geschlechterverhältnis sowie die Vorstellungswelt gewalttätiger Männer
sprechen.