Jüdische Filmwoche Wien:
Viel Neues nach zwei Jahren
Von Erika Wantoch
Verlorener Schlaf kann nachgeholt werden, haben wir in den Nächten seit
Ende des Filmfestivals "Viennale" am 31.Oktober gelernt. Vom 19. November
bis zum 2. Dezember müssen wir wieder fit sein, denn in Wien findet die
elfte "Jüdische Filmwoche" statt, die aus purer Bescheidenheit von sich in
der Einzahl spricht.
Zwei Wochen hindurch werden im Votiv- und dem De France-Kino in täglich drei
bis acht Vorstellungen 53 Filme gezeigt, die sich allesamt sehen lassen
können, und 21 davon nur jeweils einmal. In einer weiteren Vorstellung gibt
es zehn israelische Videoarbeiten aus den Jahren 1999 bis 2003. Nur drei bis
13 Minuten lang, reflektieren sie Israels politische Lage und Identität zum
Teil mit experimentellen Mitteln.
Monika und Frédéric Kaczek, die das Filmfestival aufbauten und
programmieren, wählten auch heuer wieder einige Themenschwerpunkte. Da ist
die aktuelle Situation im Nahen Osten, die partiell offenbar recht einseitig
gesehen wird: Benny Brunner, ein israelisch-holländischer Filmemacher mit
Wohnort Amsterdam, präsentiert seine
israelkritischen
Filme "Al-Nakba: The Palestinian Catastrophe 1948" von 1997 (Bild
rechts), "It ist no Dream" von 2002, "The Wall" von 2003 und
erscheint auch persönlich. "Between The Lines" von Yifat Kedar
(Israel 2001) dokumentiert das Leben der linken israelischen Journalistin
Amira Hass, die seit 1993 in den besetzten Gebieten lebt, von wo sie
engagiert berichtet. In
"Uri Avnery: Warrior for Peace" (Israel 2002) porträtiert Yair Lev
den 1923 in Westfalen geborenen, ebenso starken wie schwierigen und
umstrittenen Journalisten und Friedensaktivisten, der sich seit jeher für
einen eigenen palästinensischen Staat einsetzte und als erster Israeli in
direkten Kontakt mit der PLO trat.
Amira Hass und... |
... Uri Avnery |
Tributes sind vier Personen gewidmet:
>
Dem 1947 in Algerien geborenen französischen Regisseur Alexandre Arcady mit
"K", einem Thriller um einen Naziverbrecher, "Pour Sacha" (Bild
rechts), einer in einem Kibbuz der 60erjahre spielenden Liebesgeschichte und
mit der Komödie "Mariage Mixte" über eine orientalische Jüdin, die
sich in einen adeligen Katholiken verliebt.
> Dem polnisch-jüdischen Schriftstellers und Literaturnobelpreisträger Isaac
Bashevis Singer zu dessen 100. Geburtstag. Es gibt einen Zeichentrickfilm,
Barbara Streisands "Yentl", die Verfilmung von "Feinde, die
Geschichte einer Liebe" durch Paul Mazursky und einen
"Spieldokumentarfilm" aus Polen: "Warzaw: Landscape with Singer".
>
Dem jiddischsprachigen Komikerduo Szymon Dzigan und Jisroel Szumacher, deren
Filmkarriere 1937 in Polen begann, von wo sie nach dem Einmarsch der
Wehrmacht in die Sowjetunion flüchteten. Ihrer Scherze über Stalin wegen
deportierte man sie nach Sibirien und ließ sie erst nach Kriegsende frei.
Sie kehrten nach Polen zurück, emigrierten in den frühen 50erjahren nach
Israel, wo sie sich auf jiddisch nicht durchsetzen konnten, und wanderten
nach Argentinien aus. Dort wurden sie zu Superstars, was sie schließlich
nach Israel zurückführte.
In einem eigenen Österreich-Schwerpunkt stellen die heimischen Filmemacher
Hubert Canaval, Walter Wehmeyer, Michael Pfeifenberger und Christian Mehofer
fünf Spiel- und Dokumentarfilme vor. Zwei davon sind Uraufführungen:
Mehofers Spielfilm aus dem Jahr 2002, "Die dritte Minute", handelt im
Wien der letzten Kriegstage. Zwei Hitlerjungen entdecken in einem
Kellerversteck die Jüdin Hannah und werden mit ihr verschüttet. Und
Wehmayers eben fertig gestelltes Werk "Naher Osten - Hoffnung und Trauma
der Jugend" dokumentiert eine vielversprechende Initiative der
Zivilgesellschaft - das im vergangenen Sommer nahe den Karawanken in Kärnten
von Privatpersonen aus Österreich und Israel veranstaltete,
neuntägige
Friedenscamp für insgesamt 26 jüdisch-israelische,
palästinensisch-israelische und österreichische Jugendliche.
Infos über sämtliche Filme, Termine, Preise:
www.jfw.at
Wer sich noch rasch das gedruckte Programm zuschicken lassen will, wende
sich an:
Jüdische Filmwoche
A-1104 Wien
Penzingerstr. 35/6/21
Tel.: 0043-1-894 33 06
Fax: 0043-1-894 17 03
e-mail: jfw@jfw.at
hagalil.com
15-11-2004 |