Rechtschreibreform:
Moische oder Moses ?Alle streiten - und die Juden
schweigen?!
Von Beni Frenkel
Im Feuilleton herrscht zurzeit Krieg. Es geht um nichts
geringeres als die deutsche Rechtschreibung. Der Schriftsteller Günther
Grass und die Zeitschrift "Bild" wollen an der alten Rechtschreibung
festhalten. Andere, darunter der "Duden", sind hingegen für die Renovation
der deutschen Rechtschreibung.
Wenn im Fernsehen die Anhänger der beiden Lager
aufeinander treten, dürfen Kinder nicht mehr gucken ! "Sprachvergewaltiger",
rufen die einen den anderen zu, während diese mit "Gemsekacker mit e"
kontern.
Auch hier in der kleinen Schweiz versucht man sich künstlich aufzuregen. Und
wahrscheinlich auch in Liechtenstein grüssen sich die Streitparteien nicht
mehr. Als Angehöriger einer religiösen Minderheit beschäftigt mich dies
sehr. Persönlich würde ich mich als ein Mann des Friedens charakterisieren.
Ich mag es nicht, wenn sich die Leute streiten. Meine Vorbilder sind Mark
Spitz, Rabin und Aaron.
Wie würden meine drei Vorbilder den Streit um die deutsche Rechtschreibung
lösen ? Nein, ich muss die Frage anderst formulieren : was ist eigentlich
die jüdische Meinung diesbezüglich ? Nun, zu dieser Frage gibt es leider
keine eindeutige Antwort. Der Zentralrat der deutschen Juden schweigt zu
diesem Thema. Die jüdischen Gemeinden der Länder Deutschland, Schweiz und
Österreich (+Liechtenstein) winden sich. Und weder ein Beth Din noch ein
Rabbiner wollen sich zu dieser Kasch'je äussern.
Seltsam : alle streiten und die Juden schweigen ?!
Kein Aufschrei, als der Duden stolz verkündete, in der neuesten Ausgabe
wären 5000 neue Wörter enthalten ( Dosenpfand, Billigflieger,
Kuckuckskind...) . Wetten, kein einziges dieser Wörter ist jüdischen oder
jiddischen Ursprungs ? Unser Beitrag an die deutsche Sprache beschränkt sich
auf unschöne Wörter : Schlemihl, Schlamassel und Schmock. Dabei gibt es so
viele sinnliche Wörter : Mazzenknajdlach, Lokschenkigel und Gefillte Fisch.
Kein Nichtjude muss sowas runterwürgen, aber neben Kebab und Cevapcici
sollten auch diese drei Vertreter der jüdischen Küche Eingang in den
Allgemeinwortschatz bekommen.
Neue Wörter sind das eine, die korrekte Handhabung der alten das andere. Das
Wort "Schabbat" kennt beispielsweise jeder. Doch wie schreibt man es
eigentlich : Schabath, Schabbath, Sabbat, Sabbath, Schabbes oder eben
Schabbat ? Rosch haSchanah, Rosch-Haschana oder Happy New Year ? Jom Kippur,
Jom-Kippur, Jom Kipur oder oh-nein-nicht-schon-wieder-dieser-Fasttag ?
"Gott", rufe ich, "erhöre mich !".
Und wann endlich dürfen wir offiziell G"tt statt Gott schreiben ? Wer
verhindert dann, dass kein Schindluder mit G"tt getrieben wird, und G"tt für
G"tthard-Tunnel und Thomas G"ttschalk missbraucht wird ?
Sobald wir dies gelöst haben, ist der Weg frei für Frieden. Frieden auf der
ganzen Welt, Amen, Amen, Amen!
hagalil.com
10-09-2004 |