[Grußkarten
zum Neujahr]
Rosch haSchanah:
Schimschi Zahubis Worte
zum Neuen JahrEinen Schofar zum Blöken zu
bringen bedarf eher gewisser Technik als roher Kraft. Ähnlich behutsam
sollte man sich daran machen, das vergangene Jahr aufzuarbeiten.
Die Gesetze die aus der Tora abgeleitet wurden sind dergestalt, dass man
keinesfalls darauf verzichten sollte, sich seiner Sünden zu erinnern. Denn
sündenfrei ein ganzes Jahr gelebt zu haben, ist schlicht unmöglich. Selten
wird man den Vorwurf hören, man hätte einen Stier und ein Pferd gemeinsam
vor den Pflug gespannt. Dieses Verbot zu begehen werden die wenigsten
Zeitgenossen im vergangenen Jahr geschafft haben. Leichter ist es mit der
Verfehlung bei den Sabbatgeboten - in unserer modernen Zeit ist es schier
unmöglich, den Sabbat nicht zu entweihen.
Auf dem Weg zur Synagoge sollte man nichts mit sich führen. Fromme Juden
umgürten sich mit den Wohnungsschlüsseln, um selbige nicht in der Hand oder
einer Tasche tragen zu müssen. Ein Rucksack wäre wohl erlaubt, jedoch könnte
dies von unbedarften Menschen daraufhin umgedeutelt werden, dass also doch
das Tragen von Gegenständen am Sabbat gestattet wäre. Also ist auch der
Rucksack am Sabbat verboten. Die nächste Sünde erwartet einen, sobald man
die Autotüre öffnet, um rechtzeitig zum Sabbatgottesdienst zu fahren.
Nein, es ist nicht nur das Autofahren am Sabbat verboten, auch das Öffnen
der Türe, wenn dadurch die Innenbeleuchtung ausgelöst wird, das Umdrehen des
Zündschlüssels, wenn damit die Zündkerzen Funken produzieren, das Nutzen des
Aufzugs, im Hochhaus, um das Haus zu verlassen. Gleichwohl ist jedwede
Arbeit untersagt, also wären auch das Treppensteigen oder das lange
Marschieren zur Synagoge nicht statthaft. Ganz zu schweigen von den üblen
Gedanken, die einen verfolgen - ohne dass man sie bestellt hätte.
Kurz und gut, zu Rosch haSchanah soll man sich seiner Sünden erinnern, sie
bereuen und geloben, es nächstes Jahr besser zu machen.
Dies könnte einer der Gründe sein, weswegen die Synagogen während dieser
Feiertage völlig überfüllt sind.
Ist es aber nicht.
Einmal im Jahr möchte man wissen, wer von den alten Freunden und Bekannten
noch lebt. Vor allem aber, wie er aussieht. Vielleicht schlechter als man
selbst? Eventuell krank, oder unglücklich, oder das Ziel übler Nachrede und
gehässiger Gerüchte. Als Alleinstehender nutzt man den Vorwand um alte
Freunde zu treffen, sich mit ihnen vielleicht zu verabreden. Die Gelegenheit
seine Luxusgarderobe auszuführen ist selten so günstig wie zu den hohen
Feiertagen. Fadenscheinig wird erklärt, man respektiere mit dieser
Aufmachung den hohen Anlass, um vorwurfsvoll auf den hinab zu blicken, der
sich kleidet, als wäre er arbeitslos - was er vielleicht wirklich ist.
Plötzlich ertönt das Geschrei nach unverzüglicher, absoluter Stille.
Der Ton des Schofar erschallt. Ehrfürchtig hört man zu, erkennt das profane
nichtswürdige Gerede von vorhin als eben solches. Hält sich kurzfristig das
Gebetbuch vor die Nase, erinnert sich, weshalb man ursprünglich gekommen
war, um, sobald der Schofar schweigt, dort fortzufahren, wo man vor kurzem
noch nicht geendet hatte. Mithin noch ein Grund, auch nächstes Jahr, sofern
unter den Lebenden, zu Rosch haSchanah in die Synagoge zu kommen, um sich
seiner Sünden zu erinnern.
Schanah towah umeworekhet
mikol Zevvet haGalil onLine!
[Grußkarten
zum Neujahr]
hagalil.com
15-09-2004 |