Das Schweigen der Mullahs:
Der Terror und die muslimischen Reaktionen
von thomas v. der osten-sacken*)
und thomas uwer
Die Stellungnahmen fallen allerorten gleich aus. Man
ist entsetzt und überrascht von der Gewalt, mit der "Rebellen" im
nordossetischen Beslan vorgegangen sind. Oder zumindest wäre man das gerne.
Denn ernsthaft überrascht darüber, dass islamistische Terroristen auch vor
dem Mord an Schulkindern nicht zurückschrecken, kann nur sein, wer die
letzten Jahre im Tiefschlaf verbracht hat.
Keine Woche vor der Geiselnahme sprengten Suicide Bomber der Hamas zwei
Busse im israelischen Bersheva in die Luft, im Irak schnitten die Entführer
zwölf nepalesischer Gastarbeiter ihren Geiseln die Kehlen durch. Wie die
Kinder von Beslan waren sie gänzlich unschuldig zu Opfern geworden und
wurden doch zugleich von ihren Mördern bewusst ausgewählt. Die Ansar
al-Sunna erklärte zu den Morden im Irak, sie hätte »Allahs Gesetz befolgt
und ungläubige Buddhisten getötet, die gekommen sind, um den Christen und
Juden zu dienen«.
Wann immer Terroristen im Namen des Islam morden, erklären sie sich
postwendend zu Widerstandskämpfern. Der »eigentliche Terror« gehe von
anderen aus. Aslan Maschadow, »Präsident der Tschetschenischen Republik«,
erklärte kürzlich in einem Interview, die Mittel der »Freiheitskämpfer«
seien seiner Meinung nach »nicht als Terror zu bezeichnen«.
Mit dem Massaker in Beslan wollte Maschadow dann doch nichts zu tun haben.
Doch wie diese Mittel aussehen, daran lassen weder die Aufrufe
islamistischer Organisationen noch die im Internet verbreiteten Bilder
irgendeinen Zweifel. Leben, das eigene wie das anderer, ist der
islamistischen Bewegung nichts wert, die längst mehr ist als ein
isolierbares »Terrornetzwerk« unter dem Namen al-Qaida. »Gegner des Tötens
haben keinen Platz im Islam«, wusste bereits der Oberste Richter des Irans,
Ayatalloh Kalkali.
Angesichts dieser Gewalt erscheint auch die Rede vom Dialog nur noch als
unerschütterliche Ignoranz. Die Menschenrechtsbeauftragte der
Bundesregierung, Claudia Roth, weiß, dass es jetzt darum gehen muss, »die
Hand auszustrecken und zu sagen, ja, wir wollen eine Aussöhnung«. Mit wem
sie diese Aussöhnung betreiben will, scheint unklarer denn je. Denn
erschreckender noch als die unzähligen Aufrufe zur Gewalt, die leider längst
auch die Sprache so genannter gemäßigter Islamisten prägen, ist das beredte
Schweigen der islamischen Gemeinden nach dem letzten Freitagsgebet.
Angesichts der Tatsache, dass beinahe täglich unschuldige Menschen im Namen
des Islam ermordet werden, reicht es längst nicht mehr aus zu erklären, der
Islam sei eigentlich eine Religion des Friedens und der Toleranz. Von keinem
Ort der Welt wurden Demonstrationen gläubiger Muslime gegen die Tat der
Islamisten in Beslan gemeldet, nirgendwo äußerten sich jene besorgten
Stimmen, die vor einem Jahr noch im Einsatz von Sprengstoffspürhunden durch
die US-Armee im Irak einen Angriff auf die religiösen Gefühle der Muslime
erkannten.
Wer aber das grundlegendste Menschenrecht, nämlich das auf Leben, nicht
anerkennt und verteidigt, mit dem lassen sich Dialoge nicht führen, sondern
allenfalls Verhandlungen. Im Irak werden soclhe Verhandlungen zur
Freilassung zweier entführter französischer Journalisten geführt. In einem
Brief an den »Widerstand« hatte Mohammed Bashar al-Faidhy für den
sunnitischen Klerus zuvor erklärt, dass es unklug sei, Franzosen zu
entführen, da Frankreich gegen die Besatzung sei und der Westen gespalten
werden solle. Eine Verurteilung des Massakers an den zwölf Nepalesen dagegen
lehnte er ausdrücklich ab.
Osama bin Laden:
Das Ziel ist die
Weltherrschaft
Am Donnerstag, 9. September 2004, steht ab 0.20
Uhr unter dem Titel "Gut gegen Böse? - Die Folgen des 11. 9." eine lange
Nacht auf dem Programm. Das ZDF sucht in Diskussionsrunden mit Peter
Scholl-Latour, dem Orientalisten Hans-Peter Raddatz, dem Al Dschasira
Korrespondenten in Deutschland, Aktham Suliman, dem Amerika-Kenner Don
Jordan und dem Journalisten Thomas von der Osten-Sacken, nach
Antworten auf drängende Fragen des neuen Jahrhunderts...
hagalil.com
07-09-2004 |