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Ein Film über die letzten Tage Hitlers:
Hitler und Häppchen

In Berlin diskutierten Bernd Eichinger und Hans-Jürgen Syberberg über ein Lieblingsthema der Deutschen: Hitler und wie man ihn zeigen kann. Am besten, wenn "Auschwitz nicht vorkommt". Das Buffet danach war hervorragend.

Von Stefan Reinecke

Die deutschen haben verlässlich wiederkehrende Hitler-Anfälle. Der letzte liegt 25 Jahre zurück: Unzählige Hitler-Bücher erschienen, im Kino sahen eine Million Joachim Fests "Hitler - eine Karriere", Hans-Jürgen Syberberg drehte "Hitler - ein Film aus Deutschland", ein Mysterienspiel, das den Deutschen klar machen sollte, dass Hitler ein Teil von ihnen ist. Nun ist es wieder so weit. Bald kommt "Der Untergang" ins Kino: ein Film über die letzten Tage Hitlers.

Oliver Hirschbiegel hat Regie geführt, Bruno Ganz die Hauptrolle übernommen, Bernd Eichinger produziert und das Drehbuch geschrieben. Es liegt daher nahe, Syberberg und Eichinger zusammenzubringen. Beide haben Hitler inszeniert - und sind doch verschieden: Syberberg, der Autorenfilmer, ist elitär und intellektuell, Eichinger, der Erfolgsproduzent, bauernschlau und antiintellektuell.

Doch am Dienstagabend in der Dresdner-Bank-Filiale am Pariser Platz kommt es nicht zum Zwist, sondern zu einer symbolischen Übergabe. Syberberg, ewig unverstandener Therapeut deutschen Seelenlebens, gibt den Auftrag, den deutschen Hitler zu zeigen, weiter. Hitler, sagt Syberberg altersmilde, ist "nicht mehr mein Thema". "Der Untergang" zeige, dass "wir es heute ertragen können, Hitler mit Empathie anzuschauen". Trotz dieses glücklichen Historisierungsfortschritts kommt keine Hitler-Debatte ohne Beteuerung des Risikos aus. So sagt Eichinger, dass er die Nazis faszinierend fand. Er hält dies für ein gewagtes Geständnis. "Der Untergang" mute dem Publikum die Identifikation mit Hitler zu. Eichinger, so seine Botschaft, begegnet der Gefahr mit Detailtreue. Er hat 250 Bücher zum Thema gelesen, der Führerbunker wurde nachgebaut, der Originalschreibtisch von Eva Braun besorgt. Er kontert jede Kritik mit rhetorischen Blitzkriegen. Er redet schleppend und zugleich atemlos. Er wirkt etwas besessen - nicht von Hitler, von sich selbst.

Syberberg war von Hitler besessen. Er hat diese Obsession nicht abgelegt, aber im Laufe der Zeit gedämpft. Er sagt immer noch bizarre Sätze, etwa dass "Hitler nicht durch einen Gewaltakt an die macht" kam, was ihn als Historiker von sehr geringem Verstand ausweist. Aber seine Verbissenheit scheint verflogen.

Die These, dass die Deutschen Hitler verdrängt haben, ist zwar gängig - aber sie steht im Gegensatz zu dem hartnäckigen Interesse an Hitlers Hund, Hitlers Frauen, Hitlers Privatleben. Bringen es die Deutschen fertig, einen unstillbaren Bedarf nach Hitler zu haben und ihn gleichzeitig zu verdrängen? Kaum. Hitler ist nicht mehr das unsagbare. Dass Hitler-Filmproduzenten dies insinuieren, ist Marketing.

Syberberg und Eichinger zeigen, wie das reden über die NS-Zeit nach der Ära der Aufklärung klingt. Keine Moral - da ist man sich einig, denn Moral ist nur eine Distanzierungsgeste, das Übel, das die echte Beschäftigung mit Hitler verhindert hat. Keine Moral - das ist die neue Moral. "Es ist gut, dass in dem Film Auschwitz nicht vorkommt", sagt Syberberg folgerichtig. Mannhafter Kampf gegen imaginäre Moralwächter, etwas Koketterie mit verbotenem, viel "so war es" - so sieht der postaufklärerische NS-Diskurs aus.

Nach der Debatte steht man auf dem dach der Dresdner Bank am Pariser Platz. Die Herren graumeliert, die Damen im Sommerkleid. Man nippt am Prosecco und plaudert über den Urlaub. Zur Rechten macht das Brandenburger Tor einen freundlichen Eindruck. Ein paar hundert Meter weiter, unter einem Parkplatz, liegen die Reste des Führerbunkers. Geradeaus kann man die Stelen des Holocaust-Mahnmales sehen. Niemand schaut hin.

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haGalil onLine 13-08-2004

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