Neues aus "Zur Zeit":
Ein katholischer Theologe und die
"alttestamentarische Abstammung"
Von Karl Pfeifer
Antisemitismus ist in der Republik Österreich nicht nur
salonfähig, es wird auch gefördert. Die österreichische Bundesregierung
subventionierte die Wiener Wochenzeitung "Zur Zeit" 2001 mit 861.364
Schilling (rund 62.600 Euro), 2002 mit 75.550 Euro und 2003 mit 64.174 Euro.
In der von Andreas Mölzer (FPÖ), John Gudenus (FPÖ) und
Johann Josef Dengler (ÖVP) herausgegebenen "Zur Zeit" erscheinen seit den
ersten Nummern vor sieben Jahren immer wieder antisemitische Artikel.
Zum Beispiel in der Ausgabe 7/1997 (5.-11. Dezember 1997)
veröffentlichte Robert Prantner, Theologe und ehemaliger Studiendirektor der
politischen Akademie der ÖVP, einen Artikel, in dem es heißt: "Es wäre eine
Verfälschung der Geschichte, etwa bestimmte Ritualmorde zu mittelalterlicher
Zeit dem phantasiebestimmten 'Haß des Nationalsozialismus' zuzuschreiben.
Auch Verbrechen von jüdischen Menschen an Christen sind beklagenswerte
Geschichte, an Kindern, wie etwa dem seligen Märtyrerkind Anderl von Rinn,
wie an erwachsenen Menschen zu vorösterlicher Zeit."
Prantner machte in diesem Artikel die "Juden" auch für den
Tod Jesu verantwortlich und behauptete zudem eine Bringschuld der
"Weltjudenheit". Seiner Meinung nach weigere sich diese bis heute
beharrlich, sich für "durch jüdische Hand" begangene "Verbrechen" zu
entschuldigen. Unmittelbar nach Erscheinen des Artikels übermittelte das DÖW
eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft und den Presserat.
Während Letzterer Prantners antisemitische Ausfälle am 11. März 1998
verurteilte, sah die Staatsanwaltschaft Wien hierin keine ausreichenden
Gründe für die Aufnahme von Ermittlungen wegen des Verdachts der Verhetzung.
In der Ausgabe 23/1999 (4.-10. Juni 1999) erschien ein
Artikel, in dem die nationalsozialistischen Verbrechen grob verharmlost, die
Schuld Nazi-Deutschlands am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges geleugnet,
Adolf Hitler ein "großen Sozialrevolutionär" und dessen Stellvertreter
Rudolf Heß ein "kühner Idealist" genannt und der Holocaust, der sich
angeblich "nur mehr quasireligiös begründen" lasse, als angebliches "Dogma"
bzw. als "Mythos" in Zweifel gezogen wurde. Außerdem behauptete der Autor
die Unmöglichkeit der "Massenvergasungen mittels Zyklon-B" in den
nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagern.
Aufgrund einer Anzeige des DÖW wurde der Autor des Artikels
2001 wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt. Das gleichzeitig gegen Mölzer
eingeleitete Verfahren wegen Verdachts des Verstoßes gegen das Verbotsgesetz
wurde im Jahr 2000 nach dem Abschluss der Vorerhebungen eingestellt. Laut
einer parlamentarischen Anfragebeantwortung durch Justizminister Böhmdorfer
sei es nicht gesichert gewesen, dass Mölzer den inkriminierten Artikel vor
Drucklegung gelesen habe. Wenn man der österreichischen Justiz und den
österreichischen Behörden glaubt, so vollbrachte der Autor des
inkriminierten Artikels als freier Mitarbeiter ein wahres Wunder, es gelang
ihm in "Zur Zeit" einen Artikel zu publizieren, ohne dass irgendjemand in
der Redaktion seinen Artikel gelesen hat.
In der letzten Ausgabe von "Zur Zeit" wird der Erfolg des
"Zur Zeit" Herausgebers und Chefredakteurs Andreas Mölzer, der mit
Vorzugsstimmen zum einzigen Europaabgeordnetern der FPÖ gewählt wurde,
gehörig gefeiert. Und Robert Prantner hat wieder einen Text publiziert, der
tolle Gedankensprünge beinhaltet: "Vom permanenten Duft weiblicher
Tagespullis zum Trabanten Israels".
Robert Prantner lobt Israels "neue Historiker"
Die "neuen Historiker" Israels werden von Prantner, der sich
auf einen Artikel von Joseph Croiture [Croituru K.P.] beruft, so gewürdigt:
"Es geht um den Gründungsmythos und die fundamentalen Dogmen des Zionismus,
dem eine neue Denkrichtung den Begriff Post-Zionismus verpasst hatte. Die
Fahnenträger der Schule, Historiker wie Benny Morris, Tom Segev oder Ilan
Pappe, wurden von ihren Gegnern zu Verrätern gestempelt, [hier glaubt
Prantner von seinem eigenen Dunstkreis, in dem die "Vaterlandsverräter" und
"Nestbeschmutzer" angeprangert werden, auf Israel schließen zu können K.P.]
weil sie es gewagt hatten, die israelische Geschichte kritisch zu
durchleuchten. Benny Morris' Studien über den Ursprung des palästinensischen
Flüchtlingsproblems [das bereits 1991 vom größten Verlag Israels als
Taschenbuch herausgebracht wurde K.P.] enthüllten nämlich die Systematik
hinter der Vertreibungspolitik des Staates Israel im Jahre 1948!"
Gerade Benny Morris wies nach, dass es keine systematische
Vertreibungspolitik Israels gab. Schlussendlich blieben im Staat Israel
150.000 Araber, während in den von Arabern verwalteten Gebieten Palästinas
kein einziger Jude bleiben durfte. Prantner, der keine Ahnung von der
akademischen Freiheit in Israel hat, behauptet dann: "Morris' Kritik [sic!
K.P.] musste nun klein beigeben. Kürzlich spricht er vom Gegenteil, um seine
wissenschaftliche Haut in Israel nicht zu Marke tragen zu müssen."
Wer die letzten Bücher und Interviews von Benny Morris
gelesen hat, weiß, dass davon keine Rede sein kann. Doch im Gegensatz zu
anderen sogenannten neuen Historikern hält sich Morris an die Fakten und die
zeigen, dass der Konflikt zwischen beiden Nationalbewegungen nicht ein
Konflikt zwischen zionistischen Teufeln und unschuldigen palästinensischen
Engeln war und ist.
Prantner weiter: "Der allgemeine Rechtsruck des Tel Aviver
Staates [können wir nun also auch vom Wiener, Londoner oder Pariser Staat
sprechen? K.P.] drückt erbarmungslos auf "postzionistisches Denken. Tom
Segev, angesehener israelischer Historiker meint sogar, Postzionismus liege
nunmehr nicht einmal mehr im Eisschrank, er sei einen leisen Tod gestorben.
Schuld (?!) sei die über drei Jahre andauernde Al-Aqsa-Intifada."
Doch laut Prantner ist die Sache der neuen Historiker noch nicht verloren:
"Hingegen ist der Historiker Ilan Pappe, ein mutiger Knabe, der Ansicht, er
selbst sei ein Anti-Zionist.
Die meisten Universitätsdozenten, hätten sich aus Angst um ihre akademischen
Jobs in den letzten Jahren 'verkrochen'."
Prantners Behauptung "Auch die "Freiheit" wird nun in Israel
zu Grabe getragen" hat wieder nichts mit der israelischen Wirklichkeit zu
tun hat, da gibt es regierungskritische Aufrufe von über hundert solchen
Akademikern, die in ausländischen Zeitungen erscheinen und keiner von den
Unterzeichnern muss den Verlust seiner Position befürchten. Aber das passt
natürlich nicht in das Weltbild von Robert Prantner. Er spendet weiter Lob
für Ilan Pappe, der das kommende Aufleben des "Post-Zionismus"
prognostiziert, "weil die Menschen in Israel die politische Barbarei des
jetzigen Regimes irgendwann satt haben werden".
Die Weltbank in den Händen von Menschen
"alttestamentarischer Abstammung"
Doch damit nicht genug, Prantner tritt auch tapfer gegen die
Weltbank auf: "Ihr Selbstverständnis als Bank, in der exklusiv die Geldgeber
Bedingungen festlegen: in den Strukturen der Weltbank, einer Domäne der
"Insider" alttestamentarischer Abstammung, haben nur Reiche das Sagen. Ihre
wirtschaftlichen Eigeninteressen dominieren."
Kann man das so verstehen, dass in den Banken, die der
Vatikan besitzt, wirtschaftliche Eigeninteressen nicht dominieren?
Die Weltbank als Domäne der Juden, dass ist ganz im Sinne der
altbekannten Verschwörungstheorie, wonach hinter allen wirklichen oder
vorgeblichen negativen Erscheinungen die Juden stecken. Diese
Wahnvorstellung hat schon ein anderer katholischer Österreicher, nämlich
Adolf Hitler propagiert. Dass ausgerechnet Prantner, der vor nicht allzu
langer Zeit an einer katholischen Hochschule lehrte, die
"alttestamentarische Abstammung" pejorativ vermerkt ist erstaunlich, beginnt
doch schon das "Neue Testament" mit der Behauptung, "Dies ist das Buch von
der Geburt Jesu Christi, der da ist ein Sohn Davids, des Sohnes Abrahams".
Immerhin, muss man es dem jüdischen Apostel Mathäus lassen, er hat die
"alttestamentarische Abstammung" im Gegensatz zum österreichischen
Katholiken Prantner, noch positiv vermerkt.
Prantner, der vom "Duft weiblicher Tagespullis" zur Weltbank
kommt, die er "zum Trabanten Israels" macht, um dann seinen Senf zu den
"neuen Historikern" Israels dazuzugeben, kann bestätigt werden, dass er den
Gegenständen die er behandelt, nicht gewachsen, dass er völlig desorientiert
und um mehr als sechzig Jahre hinter der Zeit zurückgeblieben ist.
hagalil.com
24-06-2004 |