Roma, Müll und die Gefährdung der öffentlichen Ordnung:
Wie konnte das passieren?
European Roma Information Office, Brüssel
10. April 2004: Die Sächsische Zeitung aus Dresden
schreibt, dass sich eine Gruppe von "Sinti und Roma" mit ihren Wohnwagen auf
dem Festplatz in Zittau-Ost aufhält. Die Zeitung erklärt, dass die Stadt den
Aufenthalt der Roma "duldet", und lässt den Leiter des Ordnungsamtes zu Wort
kommen. Dieser erklärt, dass die Roma die öffentliche Ordnung nicht störten,
dass sie für ihren Strom- und Wasserverbrauch genau so zahlen müssten "wie
andere Gäste", und die Stadt ihren Abfall entsorgen werde.
21. April: Unter der Überschrift "Müllhinterlassenschaften
auf dem Festplatz" schreibt die Sächsische Zeitung, dass der von den Roma
zurückgelassene Müll den Unmut der Nachbarn errege. Daneben veröffentlicht
die Zeitung ein Photo des Festplatzgeländes, wo sich im Vordergrund ein
Haufen Müll sammelt. Am Ende zitiert die Zeitung erneut den
Ordnungsamtsleiter, der erklärt, dass die Stadt den Müll entsorgt habe,
wofür die Roma bereits im Voraus bezahlt hätten.
23. April: Die Sächsische Zeitung schreibt, dass mehr als 200
Roma ihr Lager am Friedensplatz in Freital aufgeschlagen haben. Die Zeitung
zitiert einen Rom mit den Worten, seine Gruppe käme aus Indien (!!!) und
würde jedes Jahr einige Monate in Europa verbringen. Er erklärt außerdem,
dass die Roma nach Freital gekommen seien, da sie Dresden besuchen wollten,
und fügt hinzu, dass seine Gruppe keine Probleme verursachen wolle und bald
wieder abreisen werde. Wie bereits in den vorherigen Artikeln lässt die
Zeitung auch diesmal den Leiter des Ordnungsamtes zu Wort kommen. Dieser
erklärt, die Stadt habe sich entschieden, das Lager zu zu lassen, nachdem
sie die Sicherheitslage sorgfältig abgewägt habe, und dass Politessen
tagtäglich nach dem Rechten schauen würden.
24. April: Die Sächsische Zeitung schreibt, dass eine Gruppe
Jugendlicher eine Gruppe französischer Roma angegriffen haben, die ihr Lager
in Grossröhrsdorf aufgeschlagen hatten, und dass die Roma Grossröhrsdorf
hierauf wieder verlassen hätten.
27. April: Die Sächsische Zeitung schreibt erneut über die
Abreise der Roma. Diesmal wird der Leiter des Polizeireviers von Radeberg
zitiert. Er erklärt, die Roma hätten Grossröhrsdorf nach Pöbeleien und Akten
des Vandalismus verlassen. Im Einzelnen erzählt er, dass am Abend vor der
Abreise der Roma besoffene Jugendliche rechtsradikale Parolen gerufen und
die Stromkabel durchgetrennt des Lagers hätten, wofür sie nun gesetzlich
belangt würden.
29. April: Die Sächsische Zeitung schreibt über die Sitzung
des Grossröhrsdorfer Stadtrats, wo die Angriffe auf die Roma diskutiert
wurden. Die Zeitung zitiert den Bürgermeister, der erklärt, dass er von der
Ankunft der Roma überrascht worden sei. Er beklagt, dass die Roma abgezogen
seien, ohne die erforderliche Garantie hinterlegt zu haben, und dass die
Stromrechnung offen bliebe. Er äußerte sich allerdings zuversichtlich, dass
er das Geld wieder eintreiben werde.
Danach folgt eine Reihe von Erklärungsversuchen: Ein
CDU-Stadträtin erklärt, die Jugendlichen seien besorgt gewesen, dass die
Anwesenheit der Roma ihre "Hexenfeuer" gefährden könne. Der Bürgermeister
erklärt solche Ängste für unberechtigt. Ein SPD-Mitglied erklärt, die
Jugendlichen seien lediglich Knallköpfe, die die Anwesenheit der Wohnwagen
französischer "Zigeuner" nicht ertragen könnten.
Roma, Müll und die Gefährdung der öffentlichen Ordnung: Dies
ist die Gedankenkette, die die Sächsische Zeitung aufgebaut hat. Im
Vergleich mit den unfähigen Reportern der Zeitung zogen die Jugendlichen
wenigstens die richtige Schlussfolgerung, indem sie den Zusammenhang
zwischen dem Licht und den Stromkabeln erkannten, die sie kurz entschlossen
kapten.
Am Ende mussten die Roma, wie schon so oft in ihrer
tausendjährigen Geschichte der Verfolgung gehen. Sicherlich kehrten sie
nicht nach Indien zurück, ein Ort, den sie vor mehr als 1200 Jahren
verlassen haben. Dass sich am Ende keine der gegen sie vorgebrachten
Unterstellungen als berechtigt erwies, ist in diesem Zusammenhang vollkommen
unerheblich.
European Roma Information Office -
www.erionet.org
hagalil.com 05-05-2004 |