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Wenn Sozialisten 'aufklären':
Am Linken Wesen soll Nahost genesen

Von Ingolf Seidel

Nichts Neues findet sich in der Regel, wenn man vom linken Antizionismus, dieser speziellen Spielart des antijüdischen Ressentiments, spricht. In der DDR fungierte der Antizionismus innerhalb eines manichäischen antiimperialistischen Weltbildes, das die Welt in Gut und Böse aufteilt. Als Böse gilt in dieser bipolaren Weltsicht 'der Imperialismus', personifiziert in den USA und in Israel, während 'Völker' in der Regel als unterdrückt, ergo als gut gelten.

In dieser simplifizierenden Weltsicht wurde das östliche Deutschland qua Dekret der Staatsführung zum "besseren", weil antifaschistischen Deutschland ernannt und von jeglicher Verantwortung für Nationalsozialismus, Holocaust und Vernichtungskrieg freigesprochen.  Dabei fungierte im Linksautoritarismus deutscher Prägung der Antizionismus als Teil der aggressiven Erinnerungsabwehr gegenüber dem Holocaust.

Auch innerhalb der "Neuen Linken" in der BRD nimmt der Antizionismus als "ehrbarer Antisemitismus" (Jean Améry) seit dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 eine zentrale Stellung ein. Erinnert sei hier nur an die linksradikale Parole, welche sowohl an der Wand der Hamburger Hafenstrasse, als auch auf Transparenten an einem Göttinger Jugendzentrum zu lesen waren: "Boykottiert Israel! Waren, Kibbuzim + Strände!". Solches klingt nicht von ungefähr wie das Nazistische "Kauft nicht beim Juden!". Ist, vor allen unter Linken, die bruchlose Bezugnahme auf einen deutschen Nationalismus noch immer halbwegs verpönt, so dienen 'die Palästinenser' denn als identitäres Ersatzkollektiv. So kann mit dem Berliner Politologen Lars Rensmann festgehalten werden, dass der Antizionismus "als besondere Projektionsfläche antisemitischer Stereotypen in besonderer Weise ein diskursiv und psychologisch rationalisiertes politisches Ventil bietet" (1).

Seit der sogenannten Al-Aksa-Intifada und den islamistischen Anschlägen vom 11. September 2001 reüssiert der militante Antizionismus innerhalb der Linken, nicht nur in Deutschland, nachdem dessen antisemitischer Gehalt in den 90er Jahren wenigstens im Ansatz reflektiert wurde.

Vor diesem Hintergrund bewirbt der PDS-nahe Bildungsverein 'Helle Panke' derzeit einen Workshop, der gemeinsam mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung, unter dem Titel "Der Nahostkonflikt – eine Herausforderung für die europäische Linke" am 29. Mai angeboten wird (2). Stellt sich schon beim Lesen dieses Titels die bange Frage wozu sich die 'europäische Linke' denn herausgefordert fühlen soll, so mehren sich die Fragen, liest man die personelle Besetzung dieses Workshops. Die Provenienz der geladenen Experten zum Thema Nahost legt den Verdacht nahe, dass es ganz so helle an der Panke nicht sei, vielmehr dass dort finstere Barbarei herrsche.

Geladen ist zu dieser Veranstaltung der europäische PLO-Vertreter Abdallah Frangi, der erst jüngst in einem Interview mit SPIEGEL-ONLINE darüber fabulierte, dass ausgerechnet Hamas das Potential habe, "sich in eine politische Organisation zu wandeln". Nur durch die "israelische Politik" und die "Ohnmacht" gegenüber dieser würde Hamas davon abgehalten (3). So bleibt, folgt man Frangi, auch zu rätseln, ob folgende Sichtweise der Hamas, die sich als palästinensischer Zweig der strikt antisemitischen ägyptischen Muslimbrüderschaft begreift, ebenfalls von der "israelischen Politik" diktiert wurde: "Der Weltzionismus und die imperialistischen Kräfte haben mit klugen Schritten und bewusster Planung versucht, die arabischen Länder aus der Kampfarena gegen den Zionismus wegzustoßen, um letztendlich das palästinensische Volk zu isolieren.(...) Heute ist es Palästina und morgen könnten es andere Länder sein. Zionistische Machenschaften setzen sich nämlich endlos fort und werden sich nach Palästina gierig vom Nil bis zum Euphrat ausdehnen. Erst dann, wenn sie komplett die Gegend verdaut haben, auf die sie ihre Finger gelegt haben, werden sie zu noch mehr Expansion voranschreiten und so weiter. Ihr Komplott wurde in den Protokollen der Weisen von Zion niedergelegt: Ihre derzeitiges Verhalten ist der bester Beweis für das, was dort gesagt wurde."
Soweit reicht die Ohnmacht der Hamas dass sie sich in diesem Artikel 32 ihrer Gründungscharta auf stereotype Weltverschwörungsmodelle und den Schlager aller Antisemiten von Henry Ford über Hitler bedienen muss: das Falsifikat mit Namen ‚Die Protokolle der Weisen von Zion’. Liest man solche verschwörungstheoretischen Veröffentlichungen, so wird offenbar wie die "Erklärung, in welcher der eigene Wunsch als objektive Macht auftritt" (4) die eigenen Macht- und Herrschaftswünsche an die Oberfläche bringt. Das Stereotyp der jüdischen Allmacht zeigt den infantilen Narzissmus derer, die es verbreiten. Wie gerade die islam-faschistischen Terrornetzwerke zeigen, neigt niemand mehr zu Verschwörung und Konspiration, als diejenigen, die von der 'jüdischen Weltverschwörung' fabulieren.

Doch als notorischer Verniedlicher des islam-faschistischen Terrors wird Frangi von den Veranstaltern nicht allein gelassen. Ihm zur Seite gestellt wird Udo Steinbach, seines Zeichens Leiter des Deutschen Orient Instituts in Hamburg. Professor Steinbach, dessen Orientinstitut zu großen Teilen mit Mitteln des Auswärtigen Amtes finanziert wird, verglich während einer Veranstaltung am 6. Januar 2003 in Salzgitter-Bad die palästinensischen Selbstmordattentäter mit den jüdischen Kämpfern des Warschauer Ghettos. Konkret führte Steinbach aus: "Wenn wir sehen wie israelische Panzer durch palästinensische Dörfer fahren und sich die verzweifelten Menschen mit Steinen wehren, dann müssen wir im Blick auf Warschau und im Blick auf den Aufstand der Juden im Warschauer Ghetto auch fragen dürfen, war das dann nicht auch Terror?" (5) Wie bei Frangi findet sich auch bei Steinbach das Modell der Hilflosigkeit der Palästinenser gegenüber der israelischen Armee. Verschwiegen wird nicht nur, dass die scheinbar im Zustand der Inferiorität Verharrenden sehr wohl über leichte und schwere Waffen verfügen und eben als lebende Bomben blindlings Juden ermorden. Verschwiegen wird auch der real existierende Antisemitismus als deren Antriebsquelle. Stattdessen wird in wahnhafter Verdrehung impliziert, die Israelis würden wie die Deutschen handeln: in Vernichtungsabsicht. Das Motiv der Gleichsetzung von Israel mit dem NS-Staat ist bedeutsam im antisemitischen Antizionismus, egal ob dieser von links oder rechts stammt. Es entlastet die Deutschen von Schuld oder Verantwortung und verharmlost ihre Verbrechen in der Vergangenheit.

Zugleich wird der Irrsinn des palästinensischen Jihadismus, dem es nie nur um einen eigenen Staat ging, als vielmehr um die Zerschlagung Israels, legitimiert. Steinbach bewegt sich hier in der Logik des Antizionismus, der von "Formen pathischer, vielfach manifest antisemitischer Projektion geprägt" (6) ist. Daher auch die Ambivalenz solcher Äußerungen:  "Entweder verteidigen die Palästinenser ihre Existenz oder aber die Juden waren gar nicht von Vernichtung bedroht, sondern haben vielleicht – Stichwort Terror – manchmal gar übertrieben. Beide Bedeutungen schließen sich nicht aus, im Gegenteil, in der einen wie in der anderen Richtung bedienen sie das antisemitische Ressentiment." (7) Nicht nur diesen Mann als Referenten zu laden ist skandalös, bereits sein Verbleib auf dem Posten eines Institutsleiters ist es, zumal Steinbach seinen Vergleich mehrfach wiederholt und bekräftigt hat. Im Fall von Steinbach  wäre denn auch dem deutschen Außenminister, als Kuratoriumsmitglied des Orient Instituts, die Möglichkeit gegeben seinen blumigen Worten auf der OSZE-Konferenz wenigstens einmal Taten folgen zu lassen.

Ein weiterer geladener Referent dieser Veranstaltung zur Herausforderung der europäischen Linken ist der Völkerrechtler und emeritierte Hochschullehrer Norman Paech aus Hamburg. Auch Paech stellt nicht wirklich einen Kontrapunkt zu den Positionen der oben genannten Referenten dar. So sei daran erinnert, dass dieser Hamburger Professor in einem offenen Brief an Micha Brumlik, Leiter des Frankfurter Fritz Bauer Instituts, diesen fragte: "Ist Ihnen einmal der Gedanke gekommen, dass eine derart exekutivistische Gedankenzensur dem Antisemitismus, der in unserer Gesellschaft ja unleugbar besteht, neuen Auftrieb geben könnte?" (8) Vorausgegangen war dieser rhetorischen Frage eine Intervention Micha Brumliks gegen die Veröffentlichung des Bandes "Nach dem Terror. Ein Traktat" von Ted Honderich beim Suhrkamp Verlag. Brumlik hatte mit einem Brief an den Verlag darauf hingewiesen, dass Suhrkamp mit Honderichs Buch "einen politisch-philosophischen Traktat, der antisemitischen Antizionismus verbreitet, dabei die Ermordung jüdischer Zivilisten in Israel rechtfertigt und (...) eben dies Tun auch zur Nachahmung empfiehlt" (9) veröffentlichen will. Da in Folge von Professor Brumliks Argumentation der Suhrkamp-Verlag von einer Veröffentlichung des inkriminierten Textes absah, fühlte sich Völkerrechtler Paech berufen die oben zitierte Frage an Brumlik zu stellen. Im Namen einer "demokratische(n) Wissenschaftskultur" geißelt Paech Brumlik als "zutiefst antiaufklärerisch" (10). Es ist eine klassische Figur aus dem antisemitischen Repertoire Juden, noch dazu wenn sie sich gegen Antisemitismus wehren, für eben jenen als selbst verantwortlich zu verurteilen. Im Sinne eines 'man wird doch wohl noch' trägt eine derartige Haltung zur Legitimierung antisemitischer Diskurse bei.

Ergänzt wird dieses Referententrio noch durch Wolfgang Gehrke, Mitglied des PDS-Bundesvorstandes und außenpolitischer Sprecher der PDS, dessen Partei die radikale pro-palästinensische Demonstration durch Berlin-Mitte im April 2002 unterstützt hatte und in deren Verlauf nicht nur israelische Fahnen verbrannt wurden, sondern auch "Juden raus" skandiert wurde (11). Gehrke sprach bei dieser Demonstration auf dem Alexanderplatz zu der jubelnden Hamas- und Hizbollah-Fahnen schwenkenden Menge (12).  Schließlich soll noch Gregor Gysi assistieren, der zwar in keiner Form als Nahost-Experte fungieren kann, dem jedoch, so lässt die Dramaturgie des Referentenpools vermuten, die Rolle des Alibi-Juden zugedacht ist. Dies bei einer Veranstaltung deren Tenor wohl klar im antisemitischen Antizionismus, mit all seinen Widerlichkeiten und ideologischen Wahnhaftigkeiten, liegen wird.

Für die Mehrzahl der Protagonisten dieser anvisierten Veranstaltung ist die Herausforderung im Nahostkonflikt klar. Sie heißt ihnen Israel, sprich die Juden. Sollte der Bildungsträger 'Helle Panke e.V.' gemeinsam mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung an der Durchführung dieses Workshops festhalten, so sind sie, auch wenn das Ganze nicht justiziabel sein dürfte, als Kooperationspartner in der Bildungsarbeit, wie in Gänze desavouiert.

Anmerkungen:
(1)
Lars Rensmann: Demokratie und Judenbild. Antisemitismus in der politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland, Wiesbaden (Verlag für Sozialwissenschaften) 2004, S. 310.
(2)
Die Ankündigung findet sich auch auf der Internetpräsentation des Vereins:
www.helle-panke.de
(3)
Vgl. Interview mit PLO-Vertreter Abdallah Frangi, SPIEGEL-ONLINE, 19. April 2004,
http://www.spiegel.de/ausland/0,1518,295929,00.html
(4)
Max Horkheimer / Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente, Frankfurt a. M. (Fischer) 1969, S. 205.
(5)
zit. nach: gruppe offene rechnungen / Berliner Bündnis gegen IG Farben: Einladung zur Gedenkveranstaltung in: April 1943\Kwiecien 1943. Dokumentation einer Berliner Veranstaltung zum 60. Jahrstag des Aufstands im Warschauer Ghetto, Berlin/Warschau (Verbrecher Verlag / Verlag Jaworski) 2004, S. 5.
(6)
Rensmann, a.a.O., S. 312.
(7)
gruppe offene rechnungen / Berliner Bündnis gegen IG Farben: ebda., S. 5.
(8)
Norman Paech zit. nach: 
http://www.steinbergrecherche.com/frpaech.htm
(9)
S.a. http://www.klick-nach-rechts.de/gegen-rechts/2003/08/honderich.htm
(10)
Paech, zit. nach ebda.
(11)
Vgl. Rensmann, a.a.O., S. 320.
(12)
Vgl. Jan Süsselbeck: Intifada in Mitte, Jungle World 17 (2002)

hagalil.com 04-05-2004

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