Wiederentdeckung der fast vergessenen jüdischen Autorin Josefa Metz:
"Dichterin der Kinderseele"
Ausstellung und Lesung im Museum für
Westfälische Literatur – Haus Nottbeck
Kultur/Minden/Bielefeld/Oelde. "Dichterin der Kinderseele"
- so wurde die 1871 im westfälischen Minden geborene und in Bielefeld
aufgewachsene Schriftstellerin Josefa Metz in einer Buchbesprechung treffend
genannt. Von ihr stammen nicht nur Bilderbücher und Märchen, Verse und
Textsammlungen für Kinder, sondern auch zahlreiche Theaterstücke, Gedichte
und Episoden, in deren Mittelpunkt Kinder und ihre unbefangene Sicht auf die
Welt stehen.
Mit Augenzwinkern schildert die Autorin um die Wende zum 20.
Jahrhundert z. B. einen erster Kirchgang, einen Zoo- und einen Kirmesbesuch,
ebenso eine erste Begegnung mit dem Theater beim Weihnachtsmärchen. In einer
Sonderausstellung erinnert das Museum für Westfälische Literatur an die fast
vergessene Josefa Metz. Zur Eröffnung am 6. Mai um 19.30 Uhr liest die
Rezitatorin Julia Neumann auf dem Kulturgut Haus Nottbeck in Oelde aus den
Werken der Dichterin.
Josefa
Metz, Tochter aus gutbürgerlichem Haus (der Vater war Rechtsanwalt) und
unverheiratete Tante zahlreicher Nichten und Neffen, verband eine genaue
Beobachtungsgabe mit sprachlicher Präzision, Einfühlungsvermögen und
humorvoller Wärme. Diese Kombination und die Tatsache, dass Kinder heute
zwar in einer veränderten Welt leben, sich aber im Kern nicht grundsätzlich
anders verhalten als vor 100 Jahren, tragen dazu bei, dass ihre Texte
bemerkenswert modern wirken, auch wenn die Zeit der wilhelminischen
Matrosenanzüge längst vergangen ist.
Dass sie selbst bereits in jungen Jahren nach Berlin zog und
dort – als Frau! – an der Schwelle zum 20. Jahrhundert die Risiken einer
mehr als unsicheren freien Schriftstellerexistenz nicht scheut (der Vater
starb bereits in ihrem 16. Lebensjahr und hinterließ drei weitere noch
unversorgte Kinder), zeugt darüber hinaus von einer beeindruckend
unkonventionellen Einstellung, von einer ganz privaten Revolte gegen die
gesellschaftlichen Zwänge ihrer Zeit.
Auf Kaiserreich und Republik (die ihrem Naturell wohl am
ehesten entsprochen hat) folgt schließlich die Nazi-Diktatur, die für Josefa
Metz, Spross einer alten, seit langer Zeit in Westfalen ansässigen jüdischen
Familie, zunächst Berufsverbot und Diskriminierung zur Folge hat, weiterhin
das Verbot, ihre Bücher zu verbreiten, zuletzt aber ihren qualvollen Tod im
KZ Theresienstadt.
Die Ausstellung zu Leben und Werk dieser erstaunlich modern
wirkenden Autorin soll ihr literarisches und künstlerisches Umfeld erkennbar
werden lassen, vor allem aber Interesse für die heute fast ganz vergessenen
Texte wecken. Zur Ausstellung erscheint ein
Josefa Metz-Lesebuch im Bielefelder Aisthesis Verlag.
Die Ausstellung "Josefa Metz - Dichterin der Kinderseele" ist
vom 6. Mai bis zum 20. Juni im Museum für Westfälische Literatur – Haus
Nottbeck, Landrat-Predeick-Allee 1, 59302 Oelde-Stromberg, zu sehen. Die
Lesung zur Eröffnung am 6. Mai beginnt um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Infos unter:
www.kulturgut-nottbeck.de
hagalil.com 04-05-2004 |