Bis zum nächsten Fehler:
Warum muss immer alles uns passieren?
In Rafiach wurden am Mittwoch unbewaffnete
palästinensische Demonstranten durch einen Fehler der IDF getötet und
verletzt, als aus einem Hubschrauber eine Granate abgefeuert
wurde. Es gibt unterschiedliche Angaben zur genauen Zahl der Toten, die
zwischen sechs und zehn variiert.
Die Armee hat den Fehler eingestanden, die Aktion wird jedoch wie geplant
fortgesetzt. Verteidigungsminister Mofas: „Ich möchte hiermit mein Bedauern
darüber äußern, dass Zivilisten zu Schaden gekommen sind. Aber man darf
nicht vergessen, dass der Raum Rafiach das Sauerstoffrohr für die
Infiltration von Kampfmitteln ist, die eine Bedrohung für die Bürger und
Soldaten Israels darstellen.“ Justizminister Lapid sagte: „Über diese
Katastrophe kann man nur sagen: so kann es nicht weitergehen. Obwohl es sich
um einen Fehler handelt, ist es auch eine menschliche und eine politische
Tragödie, die aus unserer anhaltenden Präsenz in Gaza resultiert.“
In Jedioth achronoth meint der Sicherheitsexperte Alex
Fischmann, die Sanduhr der Legitimität der Aktion in Rafiach laufe aus: "Um
die Legitimität zu wahren, war den Soldaten eingeschärft worden, langsam und
mit äußerster Vorsicht vorzugehen. Das klappte 48 Stunden lang. Dann kam der
erste Fehler, ein Fehler, der zu erwarten war. Und je länger die Armee vor
Ort bleiben wird, desto mehr Fehler wird es geben.
Bei dem Vorfall wurden 50 Palästinenser getroffen, acht davon wurden
getötet. Einer war bewaffnet, der Rest nicht. Auch zwei Kinder waren unter
den Toten. Die IDF entschuldigte sich offiziell. Aber vor Ort fragen sich
die Offiziere, was sie hätten anders machen sollen. Die Demonstranten hatten
sich ja „der roten Linie“ genähert. Sie waren einige Mal gewarnt worden,
blieben jedoch nicht stehen.
Je klarer das Bild wird, desto deutlicher lässt sich feststellen, dass es
sich hier nicht um eine Katastrophe wie bei „Früchte des Zorns“ im Jahre
1996 handelte. Der Verteidigungsminister und der Generalstabschef sind nach
wie vor entschlossen, die Aktion planmäßig fortzusetzen: Wenn die Aktion
wegen dieser Demonstration nun gestoppt würde – so die Armee- dann würde
morgen ganz Gaza auf sie zumarschieren".
Die Kämpfe in Tel Sultan und anderen Abschnitten werden also fortgesetzt und
sogar verstärkt. Bis zum nächsten Fehler. Bis internationaler Druck die IDF
zum Abzug zwingen wird. Die Sanduhr läuft tatsächlich aus.
Auch in M'ariw bezieht sich der Kommentator Ben Caspit auf die Ereignisse im
Jahre 1996: "Was gestern Mittag noch wie eine Rekonstruktion von Kfar Kana
aussah, stellte sich später immer deutlicher als eine Neuauflage der
Schauermärchen aus Jenin heraus. Die Palästinenser wollten die Realität
vergewaltigen und ein weiteres Massaker in der Serie ihrer
Fantasiegeschichten produzieren.
Wenn sie klug gewesen wären, hätten sie sich mit dem genügt, was wirklich
passiert ist. Das hätte durchaus gereicht. Drei tote Kinder, drei tote
Erwachsene, zahlreiche Verletzte. Das sieht nicht gut aus, das riecht nicht
gut und das ist nicht gut.
Stattdessen versuchten die Palästinenser, die schwere und peinliche
militärische Panne als einen Völkermord zu verkaufen. Taleb A-Sana zeichnete
sich dabei in der Knesset besonders aus, als er sagte, es habe sich gezeigt,
dass man kein Deutscher sein müsse, um ein Nazi zu sein. Es zeigt sich also
auch, dass man nicht klug, gebildet oder einfach nur verantwortungsbewusst
sein muss, um MdK zu sein. A-Sana kann sich beruhigen - wir sind keine
Nazis.
Andererseits haben wir jedoch keinen Grund, uns zu beruhigen, denn wir sind
auch nicht besonders gescheit. Wer mit Panzern zu einer Demo zieht, der
braucht sich über sechs Tote nicht zu wundern.
Zum Glück gibt es die Amerikaner, die alles machen, was wir machen, nur mit
noch mehr Sprengstoff (40 Tote bei der blutigen Hochzeit in Irak). Aber die
können sich das erlauben. Wir nicht... Es gibt absolut keinen Grund, vier
Granaten auf ein verlassenes Gebäude abzuschießen, nur einige Meter von
einer Massendemonstration entfernt".
Ja, das Leben ist kompliziert: "Warum muss immer alles uns passieren",
fragte gestern ein hoher Offizier. Die IDF muss jetzt auf allen Seiten
vorsichtig sein: nicht getötet werden (denn es sind schon genügend getötet
worden), keine Zivilisten töten (denn es sind schon genügend getötet
worden), keine Fehler machen und dennoch alle Tunnels finden, alle
Kampfmittel sicherstellen und alle gesuchten Terroristen beseitigen.
Ben-Kaspit meint jeder von uns könne sich in dieser Lage eine Begründung für
seine Sicht der Dinge zusammensuchen: den Grund, warum wir in Gaza nichts zu
suchen haben, oder dafür, warum wir es nicht verlassen dürfen.
Amir Rappaport zieht in M'ariw das Fazit: "Diese Aktion muss so schnell wie
möglich abgeschlossen werden, denn wenn wir in weitere Schwierigkeiten
geraten, könnte dies dazu führen, dass die IDF letzten Endes mit
eingezogenem Schwanz aus Gaza abzieht. Wenn so viele Soldaten in eine derart
eng besiedelte Stadt geschickt werden, dann sind Komplikationen ein fester
Bestandteil der Aktion".
Untersuchungen des schweren Zwischenfalls dauern an:
Zahlreiche Tote und
Verletzte bei Armeeeinsatz in Rafah
Mindestens 10 Palästinenser wurden getötet und Dutzende
verletzt, als sich eine Gruppe von rund 3.000 Demonstranten aus dem
Stadtzentrum von Rafah auf die Kampfzone Tel Sultan zu bewegte...
Gespräche über internationale Truppen im Gazastreifen:
Neuauflage des
Abkoppelungsplans in zwei Wochen
Aus Regierungsquellen verlautete am Mittwoch, dass der
abgeänderte Plan die stufenweise Räumung der Siedlungen im Gazastreifen
vorsieht, beginnend mit Kfar Darom und Netzarim, danach die Räumung
weiterer Siedlungen von Süd nach Nord...
Alle Nachteile und kein einziger Vorteil:
Das Programm zum Festhalten an Gaza
Premier Sharon will der Regierung eine korrigierte Version
seines Loslösungsprogramms vorzulegen, jedoch, die Korrekturen machen es
von einem Loslösungs- zu einem „Dableibprogramm“, und das für viele
Jahre, denn das neue Programm verteilt die Räumung der Siedlungen auf
eine lange Zeitspanne...
Einsatz in Rafah / Gazastreifen:
Erste
Stellungnahme des Außenministeriums
Rafah ist das palästinensische "Tor des Terrors" im
Gazastreifen. Das Ziel der israelischen Militäraktionen im Gazastreifen
ist es, dem Schmuggel von Kampfmitteln durch die Tunnel aus Ägypten in
den Gazastreifen ein Ende zu setzen...
hagalil.com
21-05-2004 |