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ZDF-Dokumentation:
Iris im Wunderland

Von Henryk M. Broder
Quelle: www.spiegel.de, 08.04.04

Mit ihrer ZDF-Dokumentation "Und jetzt, Israel?" will die Schauspielerin Iris Berben den Deutschen ein anderes, positives Nahost-Bild vermitteln. Doch leider dient Israel in dem 90-minütigen Home-Video nur als Klischee und Kulisse für die Selbstinszenierung einer Möchtegern-Reporterin.

Mehr als 150 Länder haben in der Bundesrepublik einen Botschafter. Nur das kleine Israel hat gleich deren drei. Shimon Stein vertritt die Regierung in Jerusalem, sein Vorgänger Avi Primor das alternative, das bessere Israel. Und für alles Übrige ist Iris Berben zuständig. Es vergeht kaum eine Woche, in der sie dem Fernsehpublikum nicht erzählen würde, wie sie vor 35 Jahren als 18-Jährige zum ersten Mal nach Israel kam und sofort "fasziniert" war. Wie sie seitdem immer wieder hinfährt, wie Israel ihr zur "zweiten Heimat" wurde und wie viele liebe Freunde sie dort gefunden hat. Sogar als Kommissarin "Rosa Roth" hat sie schon zweimal in Israel schwierige Fälle gelöst.

Das alles kommt sicher von Herzen, ist lieb gemeint und in Zeiten, da Israel am Pranger der Weltöffentlichkeit steht und als größte Gefahr für den Weltfrieden gesehen wird, kein einfacher Job. Normalerweise kann man damit keinen Blumentopf gewinnen, nur bei Iris Berben macht es sich doch bezahlt. Vom Zentralrat der Juden wurde sie mit dem Leo-Baeck-Preis ausgezeichnet, vom Burda Verlag mit dem eigens für sie geschaffenen "Bambi für Zivilcourage". Und nun tritt sie in die Fußstapfen großer Kollegen wie Peter von Zahn, Gerd Ruge und Georg Stefan Troller. Iris Berben, die sich als Expertin fürs ewige Jungbleiben ("Älter werde ich später") einen Namen gemacht hat, wird Reporterin.

Der beste Reporter bleibt unsichtbar

Fürs ZDF hat sie ein Gesellenstück abgeliefert, einen Zweiteiler unter dem Titel: "Iris Berben: Und jetzt, Israel?" Eigentlich müsste das Stück aber "Israel: Und jetzt Iris Berben!" heißen oder einfach "Iris im Wunderland", denn Israel ist nur die Kulisse, vor der Iris Berben sich selbst inszeniert. Noch nie hat ein Reporter oder eine Reporterin, nicht einmal Antonia Rados, die Regel dermaßen konsequent und radikal missachtet, dass ein Reporter hinter den Gegenstand seiner Arbeit zurückzutreten hat. Der beste Reporter bleibt unsichtbar und unhörbar.

Ganz anders Frau Berben. Von den knapp 90 Minuten ihrer "Dokumentation" ist sie etwa die halbe Zeit selbst im Bild, wobei die Kamera zwei Einstellungen bevorzugt: "close up" und "very close up". Man kennt diese Art der Kameraführung aus Werbespots für Gesichtscremes, Zahnpasta und Shampoo. Iris Berben lacht, ist betroffen, verliert ein paar Tränen, sie freut sich, sie ist traurig, sie umarmt Menschen, sie flirtet, sie tanzt. Kurzum: Iris Berben spielt Iris Berben.

Dabei sieht es nur so aus, als würde sie Israel besuchen. In Wirklichkeit besucht sie eine Wanderausstellung, die "Israel" heißt, spaziert von einer Station zur nächsten und erzählt dabei, worauf es ankommt, also wie sie sich fühlt.

"In Israel kennt jeder jeden"

Los geht es um Mitternacht in einem Restaurant in Jaffo bei Tel Aviv, denn "in Israel isst man spät zu Abend", sie sitzt mit "Hafenarbeitern, Prostituierten, Künstlern" an einem Tisch und erklärt, wie das Land funktioniert, nämlich wie eine große Familie: "In Israel kennt jeder jeden." Zwar hat im "Hafen" von Jaffo außer ein paar privaten Booten lange kein richtiges Schiff mehr fest gemacht, aber die Triole "Hafenarbeiter, Prostituierte, Künstler" ist eine hübsche Metapher für Urigkeit, Sex und klassenlose Gesellschaft.

Nächste Station: Iris Berben besucht zwei Invaliden. Der eine hat bei einer Bombenexplosion beide Arme verloren, der andere wurde blind. "Was sind die schwierigsten Momente in ihrem Alltag?", will sie wissen, "woher nehmen Sie die Kraft für Ihren schwierigen Alltag?" Die beiden gehen abends nicht nach Jaffo zum Essen, aber sonst kommen sie mit ihrem Leben prima zurecht. Auf die Frage "Wie haben Sie Ihre Frau kennen gelernt?" antwortet der Blinde: "Es war ein blind date." Da atmet Frau Berben erleichtert auf: "Ich hatte Angst vor der Begegnung mit ihnen, aber als ich ging war ich voller Freude und Optimismus." Ja, die beiden Invaliden haben ihr gut getan.


Berben mit Shimon Peres (l.) und Sohn Oliver: Alles gute Freunde

Schnitt: Iris Berben sitzt mit Shimon Peres in einem Strandcafe. Der ist schon über 80, aber er tut ihr auch gut, denn er sagt Sätze wie "Nur Verlierer geben auf, wer aufgibt, hat verloren." Der Mann, der in Israel "Shimon the loser" genannt wird, ist "mein Freund Shimon Peres", sagt Iris Berben, "mit ihm zu reden, ist wie ein gutes Buch lesen. Hinterher fühlt man sich beseelt und klüger."

Familienunternehmen mit VW

Die Freunde sind überall. Der Bademeister im Hilton-Hotel ist "mein Freund Itzig", er weiß alles und macht sie gleich auf "den weltberühmten Arzt in der Halle" aufmerksam, der Stammzellen isoliert hat. Die Brüder Rafi und Teddy, die das Lokal "Giacometti" betreiben, sind "zwei besondere Freunde von mir", Colli, der beste Friseur von Tel Aviv, immerhin auch ein "Freund", er gibt Frau Berben die geheime Telefonnummer eines weltberühmten Computer-Hackers ("The Analyzer"), der die Codes von Regierungen und Geheimdiensten geknackt hat. Aber der ist eigentlich ein ganz Lieber und war als Kind Legastheniker.


Berben mit Computer-Spezialist Ehud Tannenbaum alias "The Analyzer": Eigentlich ein ganz Lieber

Eine Künstlerin, die ziemlich gruselige Skulpturen herstellt, ist dagegen eine "unruhige, unbehauste Seele", wie Künstler eben so sind. "Fühlt sie sich in ihrem Körper zu Hause?" fragt Frau Berben. "Ich habe mich an ihn gewöhnt", antwortet die Künstlerin. Super Frage, Klasse Antwort. So arbeitet sich Iris Berben von einem Klischee zum nächsten und zeigt dabei ein großes Talent, auch gute Momente zu vergeigen. Da ist Jossi, der bei der Bus-Kooperative Egged arbeitet. Er inspiziert die Busse, die bei Anschlägen zerstört wurden. "Warum sind Busse das Ziel von Terroranschlägen?" fragt Iris Berben, wie ein Kind, das wissen möchte, woher das Böse in der Welt kommt, und: "Wie wird Deine Seele damit fertig?" Auch in dieser Situation klebt die Kamera an der Reporterin, denn Jossi und die ausgebrannten Busse sehen etwas kaputt aus.

Der ganze Film ist wie ein extra langer Videoclip montiert, die Kamera wackelt und zappelt, und wenn ein schräger Typ wie der Sänger Aviv Geffen interviewt wird, dann steht auch die Kamera schräg. Es gibt nur wenige ruhige Einstellungen, vor allem dann, wenn der Wagen gezeigt wird, mit dem Iris Berben und ihr Team unterwegs sind; was erstaunlich oft geschieht, ein VW "Touareg" von vorne, von hinten, von der Seite und von oben aus der Vogelperspektive, in der Wüste. Das sieht nicht nur wie ein Werbespot aus, sondern ist vermutlich einer. Es wäre nicht das erste Mal, dass das ZDF "product placement" duldet.

Man kennt sich, man schätzt sich, man arbeitet zusammen. Produziert hat den Film Oliver Berben, als "Creative Producer" wird im Nachspann Carlo Rola genannt, Berbens Hausregisseur. Buch und Regie, was immer dies in diesem Fall bedeuten mag, hatte Andreas Lebert, der Chefredakteur von "Brigitte", deswegen wird der "Redaktion Brigitte" auch "Dank für die Unterstützung" ausgesprochen. Und ein "besonderer Dank" gilt Gabriel Lewy, Berbens Mann. Im Großen und Ganzen also ein Familienunternehmen im öffentlich-rechtlichen Raum.

"Ich bin als Privatperson nach Israel gefahren", hat Frau Berben einer Zeitung gesagt. Dagegen ist nichts zu sagen. Nur: Muss sie ihr Home-Video gleich allen zeigen?

Iris Berben: Und jetzt, Israel?, am 9. April, 19.30 Uhr und 13. April, 22.15 Uhr im ZDF

© SPIEGEL ONLINE 2004

hagalil.com 09-04-2004

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