"Zur Zeit"
antikapitalistisch:
Wo das Geld regiert
Von Karl
Pfeifer
Wer hätte das
gedacht, Helmut Müller, der designierte "Schriftleiter" der
rechtsextremistischen Monatszeitschrift "Aula" enthüllt in der Wiener
Wochenzeitschrift "Zur Zeit" (Nr. 9/ 04, 27.2.2004), was wir schon seit
Jahren in österreichischen Wirtshäusern am Stammtisch hören, nämlich dass in
Amerika das Geld regiert. Und damit die Leser auch wissen, warum das so ist,
wird sein "antikapitalistischer" Artikel mit einem Bild von Präsident George
W. Bush und "Notenbankchef Allan Greenspan" illustriert, mit dem sinnigen
Bildtext: "Vielleicht gar ein Scheck?"
So nebenbei
erfahren wir auch: "Die Schnapsfirma Joseph E. Seagram & Sons stand mit
620.000 Dollar an der Spitze jener Unternehmen, die sich für die Demokraten
begeistern konnten." Und nachdem er die großzügigsten Spender der
Republikaner nennt, kehrt er zurück zur "Schnapsfirma", denn wer verkaufte
den armen Leuten Schnaps? Dreimal darf man raten. "Von Seagram (Familie
Bronfman) kamen immerhin – sicher ist sicher auch 471.600 Dollar." Jetzt ist
die Katze aus dem Sack. Der Name des damaligen Präsidenten des Jüdischen
Weltkongress Bronfman sorgt, seit dem der vergessliche Kurt Waldheim zum
Präsident Österreichs gewählt wurde, für entsprechende Reaktionen der
österreichischen Antisemiten am Stammtisch: "Geld regiert die Welt".
Nicht so bei uns
im schönen Alpenland. Bei uns gibt es nur ehrliches schaffendes Kapital, das
zum Teil aus dem großen Raubzug der "Arisierung" stammt. Nie würden die
Rechtsextremen den Kapitalismus als solchen kritisieren, aber die
Ressentiments auf Amerika lenken, warum nicht. Sie rechnen mit dem kurzen
Gedächtnis ihrer Leser. Jörg Haider, der faktische Anführer der FPÖ, war
doch fleißiger Schüler an der Universität Harvard und beglückte uns mit der
glorreichen, ach so sozialen Idee der "flat tax" und der Multimilliardär
Thomas Prinzhorn konnte in der FPÖ eine Blitzkarriere machen.
Unter dem
überraschenden Titel "Sozialdemokraten für Gleichheit" erschien in der
gleichen Ausgabe von "Zur Zeit" ein Artikelchen von Rudolf Tillian, seines
Zeichens "SPÖ Mitglied und Kärntner Landtagspräsident i.R.". Tillian
erwartet – so wie seine völkischen Freunde von der FPÖ – "besonders von den
sozialdemokratischen Fraktionen den Antrag" im EU Parlament, "dass sie die
unmenschlichen Gesetze aufheben und den Vertriebenen ihren enteigneten
Besitz und ihr Geld zurückerstatten." Er meint die von der FPÖ häufig
thematisierten Benes und Avnoj Dekrete. Und der ehemalige
sozialdemokratische Politiker begründet dies, mit Vorwurf in der Stimme:
"Schließlich haben sie dieselben Rechte wie jüdische Angehörige die nach 60
Jahren noch immer Forderungen aller Art an Deutschland und Österreich
stellen – obwohl schon Milliarden Schillinge und DM ausgezahlt wurden."
Von hier ist es
kein großer Schritt zum Nahen Osten und zur Schelte an die Adresse der
"Sozialdemokraten Englands", die alte sozialdemokratische Grundsätze, wie
"Nie wieder Krieg" missachten, weil sie "im Auftrag Amerikas ohne echten
Grund gegen den Irak Krieg führen." Und damit der dümmste Leser versteht,
warum dieser Krieg geführt wurde, erklärt uns der Genosse Landtagspräsident
i.R.: "Die verbrecherischen Anschläge der Terroristen vom 11. September 2001
in Nordamerika sind auf Terroristen zurückzuführen, die aus Nachbarstaaten
Israels stammen."
Wie glücklich
waren die guten alten Zeiten, als aus manchem Proletarier Arier wurde, und
als man noch in die Welt hinausschreien konnte, an allem ist der Jud'
schuld. Heute ist Israel der Jude der Nationen. Dass die
deutsch-österreichische Volksgemeinschaft des Herrn Tillian sechs Millionen
Juden ermordet hat, muss vergessen gemacht werden: "Palästina wurde nach
1900 Jahren Diaspora dem jüdischen Volk von Politikern der Vereinten
Nationen zugewiesen. Palästina wurde geteilt. 55% des Landes wurde den
jüdischen Einwanderern zugewiesen. Die Bewohner Palästinas wurden nicht
gefragt."
Nein, ich werde
nicht diesen Stehsatz der "Antizionisten" widerlegen. Was da aus tiefster
sozialdemokratischer Seele kommt, ist das hier tief verwurzelte
antisemitische Ressentiment. Sie sehen sich noch als arme Opfer, diese
illustren Mitglieder der österreichischen Volksgemeinschaft. In "Zur Zeit"
Nr 8/ 04, vom 20. Februar 2004 erschien eine Karikatur, die diese schäbige
Gesinnung mit folgenden Sprechblasen auf den Punkt bringt: "Jetzt wissen
wir's also: "Für das Töten eines Menschen und Verspeisen von seinen
Leichenteilen...
...bekommt man in deutschen Landen 8 Jahre aufgebrummt. Das heißt in 5
Jahren darf man, nachdem man seine Memoiren teuer verkauft hat wieder unter
die Menschheit.
Und man wird nichtmal in eine Klapsmühle gesperrt...
...es sei denn, man hätte öffentlich "Heil ......" – eh schon wissen –
geschrien! Dafür gibt's in deutschen Landen mindestens bis in alle
Ewigkeit!"
Die Armen, die
so gerne "öffentlich Heil ..... – eh schon wissen" geschrieen hätten, sind
ja so unterdrückt in "deutschen Landen". Aber dank "Zur Zeit" wissen wir
auch wer schuld daran ist.
Es lohnt auch
den Veranstaltungskalender von "Zur Zeit" anzuschauen, da wurde der Vortrag
"Apartheid in Israel" von Dr. Georg Nicola, Vizepräsident der
palästinensischen Gemeinde in Wien, im Kaffee Zuckergoscherl, Landstraßer
Hauptstraße 41, Wien 3 im Club 3 (IFF) angesagt.
Wer meint, dass
die völkische Zuhörerschaft des Dr. Nicola über "Apartheid" empört ist, der
kennt diese nicht. Erst unlängst erhielt Gertraud Schuller von Frau
Außenministerin Benita Ferrero-Waldner das Bundesehrenzeichen "in
Anerkennung ihres vorbildlichen und selbstlosen Wirken" verliehen. Dabei ist
Schuller nicht nur Vorstandsmitglied der rechtsextremen österreichischen
Landsmannschaft, sondern auch für den Österreichisch-Südafrikanischen Club
aktiv. Der Club förderte jahrelang die Kollaboration mit dem damaligen
rassistischen Apartheidregime.
Für die
tatsächliche Apartheid in Südafrika hatte man in breiten Kreisen der
österreichischen Gesellschaft viel Verständnis aufgebracht. Dafür aber
verurteilt man den jüdischen Staat, der palästinensischen Propaganda
folgend, ohne jeden Grund als "Apartheid"-Staat.
Und weil
Österreich solche Leistungen auch belohnt, erhielt die rechtsextreme
Wochenzeitung "Zur Zeit" von der Bundesregierung folgende Subvention:
1. 861.364 Schilling (rund 62.600 Euro)
2. 75.550 Euro
3. 64.174 Euro
hagalil.com
04-03-2004 |