Supertex:
Eine Stunde im Paradies?
Filmkritik von Gudrun Wilhelmy
Ein Film ist kein Buch und daher an
dieser Stelle auch kein Bezug auf das gleichnamige Buch von Leon de Winter
als Filmvorlage.
"Supertex" erzählt die Geschichte aus der
Welt der Superreichen. Der Vater, ein Patriarch, hat seit Jahren eine
kostspielige Geliebte. Der ältere Sohn, studiert und ist Geschäftsmann, will
die Firma verändern, doch der Vater ist nicht bereit, seine Stellung auch
nur im Ansatz mit ihm zu teilen. Die Mutter ist eine feine Frau, die nicht
sieht, was sie nicht wissen will. Der jüngere Sohn traut sich selbst nichts
zu und ihm wird auch nichts zugetraut, was in der Welt der Reichen keine
Katastrophe ist
.
Es gibt die künftigen Ehefrauen der beiden.
Die eine interessiert sich nur für die Organisation der bevorstehenden
Hochzeitsfeier mit dem jüngeren, genannt Boy. Die andere will nach Israel
ziehen, was Max, der ältere Sohn, nicht verstehen kann.
Und hier sind wir schon mitten in der
Misere dieses Films. Warum die Protagonisten allesamt Juden sind, außer der
Geliebten des Vaters, ist nicht nachvollziehbar. Diese Geschichte hätte in
jeder Welt der Reichen spielen können. Mit dieser Vorgabe aus dem Buch ist
ein Film gelungen, der Vorurteile bedient, die nur noch langweilen: Juden
sind reich, Juden haben nicht-jüdische Geliebte, Juden sind Geschäftemacher,
Juden haben ihre Heimat in Israel, es gibt Juden mit Hut und ohne. Eine
Aneinanderreihung duzendfach in Fernsehfilmen gesehener Bilder tut sich auf.
Es ist auch keine Entwicklung der
Charaktere erkennbar. In der entscheidenden Situation, nämlich ein Erbe
anzutreten, werden in der Regel immer Entscheidungen gefällt, die zum
eigenen Vorteil gereichen. Wie heißt es so schön in einem Buch von Batya
Gur: "Die Schönen und die Reichen, die zerstören alles." Nur genau davon ist
in diesem Film nichts zu sehen. Hier ist die Welt der Schönen und Reichen
noch heil und was außerhalb dieser vorgeht, kommt in diesem Film nicht
einmal in Gestalt des armen Verwandten vor.
Auch der filmischen Gestaltung sind keine
Besonderheiten abzugewinnen. Der Rat von Hitchcock nur zweitklassige Bücher
zu verfilmen, ist in diesem Falle wert, in Betracht gezogen zu werden.
Auf der Berlinale 2004 wurde der Film auf
einer extra angesetzten Vorführung gezeigt, die schlecht besucht war.
"Supertex
– Eine Stunde im Paradies" (D, NL 2003)
Regie: Jan Schütte
Start: 11. März 2004
hagalil.com
11-03-2004 |