"Deutsche Kollegen":
Die Drei von der Hetzstelle
Bericht von Klaus Parker, haGalil onLine
Seit Freitag den 6. Februar 2004 müssen sich die drei
Betreiber des neonazistischen "Deutschen Kollegs", Reinhold Oberlercher,
Horst Mahler und Uwe Meenen, vor einer Großen Strafkammer des
Landgerichtes Berlin wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung verantworten.
Sowohl der erste Prozesstag als auch der zweite am 11. Februar 2004
diente weitestgehend der Selbstdarstellung des Angeklagten Mahler.
Den drei Angeklagten wird vorgeworfen, im Rahmen eines
Pamphletes namens "Aufruf zum Aufstand der Anständigen" zu Gewalt und
Willkürmaßnahmen gegen Minderheiten aufgerufen zu haben. In diesem Papier
wird u.a. ein Arbeitsverbot und die Ausweisung aus Deutschland für
"Fremdvölkische" gefordert. Zudem sei, so die Behauptung der drei
Angeklagten, Haß auf Juden völlig normal und als Zeichen geistiger
"Volksgesundheit" zu werten.
Bereits im Vorfeld des Verfahrens hatte Mahler dem Gericht
mit der Verhängung der Todesstrafe durch das "Deutsche Reich" gedroht.
Dieser Verurteilung könnten die Richter nur entgehen, indem sie als Zeichen
"tätiger Reue" das Verfahren gegen die Angeklagten einstellen. Am Sonntag
den 8.Februar 2004 versandte der Angeklagte zumal eine e-mail an den
Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse, in welcher er alle Angehörigen
dieses Verfassungsorgans "schwerster Kriegsverbrechen gegen das deutsche
Volk" bezichtigte und auch hierfür wieder die Todesstrafe ankündigte.
Bereits am ersten Verhandlungstag kündigte Mahler die
Stellung eines Beweisantrages an. Es solle ein Sachverständiger bestellt
werden, der belegen würde, dass es die Bundesrepublik Deutschland als
Völkerrechtssubjekt nicht gäbe und dass deshalb auch keinerlei
Gerichtshoheit gegen ihn und seine Mitangeklagten von Seiten der Berliner
Justiz bestünde.
Auch der heutige Verhandlungstag war gekennzeichnet durch
die Dominanz des Angeklagten Mahler, der sich den Gerichtssaal zur Bühne
erkoren hatte. Die Verteidiger, unter ihnen der berüchtigte Rechtsextremist
Rieger für den Angeklagten Oberlercher, waren in ihrer Rolle als
Verfahrensbeteiligte weitestgehend zurückgedrängt, der Wortführer war
Mahler. Und dies ganz offensichtlich in Absprache mit den drei
Strafverteidigern, die sich, entsprechend ihres Bekanntheitsgrades und ihrer
Verquickung mit der rechtsextremistischen Szene, diesem Possenspiel nicht
widersetzten. Den Angeklagten, die sich den Gerichtssaal als Bühne für
weitere Straftaten ausgesucht haben und ihren Beihelfern in der mißbrauchten
Anwaltsrobe, war nun auch zu Beginn des heutigen Verhandlungstages um des
propagandistischen Effektes willen recht, eine Justizklamotte abzuziehen.
Was war der Hintergrund?
Bereits am vorangegangenen Verhandlungstag, dem 6. Februar
2004, hatten alle drei Angeklagten im Gerichtssaal massive Straftaten
begangen, indem sie u.a. den Völkermord an den Juden in Europa in Abrede
gestellt hatten, ihn hämisch leugneten. Der anwesende Sitzungsvertreter der
Staatsanwaltschaft war vor diesem Hintergrund aufgrund des
Legalitätsprinzips berechtigt und verpflichtet, neue
Ermittlungsverfahren gegen die Angeklagten einzuleiten. Dies tat er. Und,
wie es die Strafprozessordnung vorsieht, gab er den Neubeschuldigten vor
Abschluß der Ermittlungen die Möglichkeit des rechtlichen Gehörs. Genau so
ist es bei einem rechtsstaatlichen Verfahren vorgesehen und notwendig. Dies
hinderte aber sowohl die drei Angeklagten als auch ihre
Strafverteidiger, die zumindest mental unter ihren schwarzen Roben ein
Braunhemd tragen, nicht daran, einen Antrag an die Kammer zu stellen, diese
möge dem Staatsanwalt wegen dessen Verhalten eine Rüge aussprechen.
Der Antrag wurde lapidar von der
Strafkammer zurückgewiesen mit der zutreffenden Begründung, eine derartige
Möglichkeit bestände im Strafprozessrecht nicht.
Der Zuschauerraum war voll besetzt.
Überwiegend waren es Neonazis oder zumindest deren Sympathisanten. Sehr
viele junge Männer mit Springerstiefeln und kahl geschorenem Kopf hierunter.
Neben dem unsinnigen Prozessantrag der Angeklagten diente
dieser Verhandlungstag der Einlassung zur Sache des Angeklagten Mahler. Wer
noch niemals dem fortdauernden Sprechdurchfall dieses ehemaligen (?)
Terroristen und nunmehrigen Neonazis über Stunden hinweg folgen mußte, kann
sich schwerlich vorstellen, welchen Eindruck dies hinterlässt.
Vorab: Ein Gedankengebäude, eine
Ideologie oder ein Weltbild vermittelt Mahler nicht; er kann es nicht
vermitteln, weil ein solches nicht existiert. Seine sprachlichen Ausflüge zu
Hegel, Fichte und Marx sind nichts anderes als der Mörtel, der alles
zusammen halten soll: Gewalt!
Gewaltaufrufe und Legitimierung geschehener und künftiger
Gewalt gegen diejenigen, die er mehr als alle anderen hasst, nämlich Juden.
Es kommt ihm nicht auf philosophische Grundlagen an. Sie sind so etwas wie
ein B-Film im Privatfernsehen, der lediglich die Verbindung von einem zum
anderen Werbespot überbrückt.
Schauen wir also auf die plakativen Werbespots und jetzt
folgen – mit Abscheu und Widerwillen – einige dieser plakativen Aussagen
Mahlers in öffentlicher Gerichtsverhandlung am heutigen Tage.
...Es sei sein Anliegen, den Krieg offen zu machen.
Das Judentum habe über Deutschland ein "talmudisches
Terrorregime" errichtet.
Der Hass gegen Juden sei ganz natürlich. Die
Auschwitzlüge sei eine Erfindung des Judentums zur Knechtung des deutschen
Volkes.
Die jüdische Verstellungskunst sei begründet in
talmudischer Heuchelei.
Juden seien die "Auserwählten Satans", sie hätten das
Selbstverständnis eines Henkervolkes.
Es fände zur Zeit eine jüdisch-türkische Landnahme
dieser Fremdvölker in Deutschland statt.
Hätte denn das Deutsche Reich – was er, Mahler
selbstverständlich in Abrede stelle – tatsächlich versucht, die Juden
Europas physisch zu vernichten, so hätte doch dieses Deutsche Reich dann
quasi in höherem Auftrag gehandelt. Ihm stünde dann hierfür – auch wieder
lediglich theoretisch - eine angemessene Vergütung für diese
Bemühung und Sachwaltung gegen das Judentum zu.
Die Völker der Welt könnten sich keine andere Lösung
der "Judenfrage" vorstellen als die
physische Vernichtung der Angehörigen des jüdischen Volkes...
Hiermit soll es genug sein. Die Einschätzung, dass die
verquasten scheinphilosophischen Ausführungen Mahlers nichts anderes sind
als Bindekitt für seine verbale Gewalt, von der er mutmaßlich hofft, sie
würde in reale Gewalt transformiert, findet ihre Stütze auch in der massiven
Anwesenheit von klassischen Gewalttätern aus der rechtsextremistischen Szene
im Zuschauerraum, deren Outfit insoweit eindeutig war. Diese nämlich
quittierten jede Hass- und Gewaltäußerungen des Angeklagten Mahler mit
sichtlichem Vergnügen. Auf die verbal vergewaltigten Philosophen Hegel,
Fichte und Marx kam es diesen Claqueuren mit Sicherheit nicht an. So pflanzt
Mahler Gewalt und Legitimierung von Gewalt in die Köpfe von eher dumpfen
Gesellen.
Gerade nach diesem Verhandlungstag wird sich die
Rechtsprechung und die Legislative in unserem Lande folgende Frage stellen
müssen:
Welche Möglichkeiten hat eine liberale Justiz, die die
Rechtswahrnehmung der Beschuldigten möglichst nicht einschränken will und
darf, in derartigen Fällen? Klar und unmissverständlich festgelegt in
ständiger Rechtsprechung der Grundsatz, dass die Grenze einer legitimen
Verteidigung dann überschritten ist, wenn durch den Angeklagten oder seinen
Verteidiger selbst im Gerichtssaal Straftaten begangen werden, die
auch nicht durch die Notwendigkeit einer sachgerechten Verteidigung
möglicherweise ihre Rechtfertigung finden. Dies ermöglicht die Ahndung
derartiger Straftaten, nicht jedoch deren Unterbindung. Bei einem
Angeklagten wie Mahler, der offensichtlich bestrebt ist, in eine
"Märtyrerrolle" zu schlüpfen, nutzt die nachträgliche Verfolgung der im
Gerichtssaal begangenen Straftaten herzlich wenig.
Die Verhandlung wird fortgesetzt am 18.
Februar 2004, 13.00 Uhr im Kriminalgericht Moabit, Berlin, Saal 500.
hagalil.com
11-02-2004 |