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Die Geschichte Bikker beginnt bereits vor dem Krieg

Von Achim Scheve

Bereits vor der Besetzung der Niederlande durch Nazideutschland trat der niederländische Metallarbeiter Herbertus Bikker aus einer armen Bauernfamilie mit neun Kindern - aber nur drei Kühen - der niederländischen Nazibewegung bei. Bikker versteckte sich als die Wehrmacht 1940 das neutrale Holland überfiel um die französischen Festungen der Maginotlinie an der deutsch-französischen Grenze zu umgehen. Obwohl der Krieg nur fünf Tage dauerte, gelang es den niederländischen Behörden ihn vor der vollständigen Besetzung des Landes zu verhaften. Von deutschen Truppen wurde er dann aus dem Gefängnis befreit. Später meldete er sich als Freiwilliger zur Waffen-SS.

In ausländischen Einheiten der Waffen-SS dienten damals nicht nur Deutsche und Österreicher, sondern freiwillig u.a. auch Niederländer, Belgier, Franzosen, Norweger und Bürger anderer besetzter Länder. Bikker war dann am Krieg gegen die Sowjetunion beteiligt. An der Ostfront erhält er dann mit einer schweren Verwundung nach seinen eigenen Worten den "Heimatschuss". Nach der Genesung im Lazarett wird der jetzt "frontdienstuntaugliche" Bikker zum Polizisten umgeschult. Er wird dann Polizist bei der verhassten - in Konkurrenz zur normalen niederländischen Polizei stehenden - deutschgeführten Ordnungspolizei (Kontroll Kommando). Er dient als Wachmann im Lager Erika bei Ommen und erwirbt sich dort den Ruf als "Schinder von Ommen".

Im November 1944 wird er wieder zu Polizeistreifen außerhalb des Lagers eingeteilt. Bei einer Hausdurchsuchung in der Gemeinde Dahlfsen entdeckt er außen auf der Strasse zwei Fahrradfahrer mit Benzinkanistern. Als sie die Polizisten in der verhassten grünen Uniform entdecken, versucht einer der beiden zu Fuß zu fliehen. Bikker verfolgt ihn und leiht sich ein Fahrrad. Als er ihn erreicht, sagt der Flüchtende, er müsse sich noch seine Sachen auf einem nahegelegenen Bauerhof holen. Bikker und der Widerstandskämpfer und Besitzer einer Metallwarenfabrik Jan Houtman gehen auf den am Waldrand gelegenen Bauernhof zu. Die Bewohner auf dem Bauernhof reagieren panisch, da sie davon ausgehen, dass sie gerade Besuch von zwei Mitgliedern der "Grünen Polizei" erhalten.

Als Jan Houtman die Diele des Hofes betritt und sagt, er müsse seine Sachen holen, sagt die Hausfrau "Ich kenne Sie nicht". Jan Houtman flüchtet sofort durch die Diele in den Kuhstall mit einem Heuboden unter dem Dach. Er versuchte durch eine hintere Tür in den Wald zu entkommen. Doch die Tür ist leider fest verschlossen. Bikker schießt ihn mit einem Schuss in die Hüfte nieder. Als der verwundete Jan Houtman auf dem Bauch liegt, setzt er seine Waffe unterhalb des Schulterblattes auf und schießt ihm eine Salve in den Oberkörper und sagt dann "Nun bist Du richtig tot" auf niederländisch. Auf dem Heuboden hatten sich zwei untergetauchte niederländische Zwangsarbeiter versteckt, die alles beobachteten. Die Leiche blieb dann über Nacht im Stall des Wohnhauses liegen. Am nächsten Tag wurde die Leiche dann u.a. noch einem am nächsten Tag in der Nähe verhafteten 15-jährigen untergetauchten jüdischen Jungen gezeigt und später beerdigt.

Nach der Befreiung im Mai 1945 wurde Bikker von den niederländischen Behörden verhaftet und wegen zwei Tötungen - darunter Jan Houtman - diversen Mißhandlung und Militärdienst für den Feind im Jahre 1949 erst zum Tode und dann nur zu Lebenslänglich verurteilt. Am zweiten Weihnachtstag 1952 floh er dann zusammen mit weiteren Häftlingen - den "Sieben von Breda" - aus dem Kriegsverbrechergefängnis in Breda. Er überquerte die deutsch-holländische Grenze illegal ohne Papiere und suchte die nächste deutsche Polizeiwache auf. Der dortige Chef der Polizei war ein ehemaliges Mitglied der SS. So durften sie dort übernachten und erhielten jeweils eine Ordnungsstrafe von 10 DM (In Worten: zehn DM) wegen Grenzübertritt ohne Papiere. Eine der "Sieben von Breda" wurde von den Engländern in Deutschland verhaftet und an die niederländische Justiz übergeben. Bikker wurde am letzten Tag des Jahres 1952 auf dem Sozialamt in Hagen verhaftet, als er Sozialhilfe beantragen wollte. Danach verbrachte er etwa drei Jahre in Auslieferungshaft und später Untersuchungshaft.

Eine Auslieferung des Niederländers Bikker an die Niederlande scheiterte, da das Mitglied der Waffen-SS Bikker gemäß einem gesetzlichen Führerbefehl Hitlers während der Nazizeit durch den Kriegsdienst für Deutschland zum deutschen Staatsangehörigen geworden war. Dieser Führerbefehl mit Gesetzeskraft wurde nach dem 8. Mai 1945 von den Alliierten nicht aufgehoben und das Grundgesetz verbot in Artikel 16 GG die Auslieferung von Deutschen an das Ausland und den Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit. Ein späteres Verfahren wegen Mord wurde wegen nicht vorgelegten Beweisen aus den Niederlanden eingestellt. In den folgenden Jahrzehnten lebte und arbeitete Bikker in Hagen. In einem Schrebergarten züchtete er u.a. Tulpen auf die er stolz war.

Der holländische Gerichtsreporter Jack Kooistra entdeckte ihn in den neunziger Jahren im Telefonbuch. 1995 fuhr an einem Abend ein niederländischer Reisebus - begleitet vom niederländischen Fernsehen - nach Hagen. Auf der unangemeldeten Demonstration von niederländischen und deutschen Antifaschisten hieß es dann vor Bikkers Haus ganz deutlich "Bikker ist ein Mörder". Die deutsche Justiz reagiert selbstverständlich!! Einer der deutschen Demonstranten wurde wegen der unangemeldeten Demonstration zu einer geringen Geldstrafe verurteilt. Darüber empörte sich der örtliche Korrespondent der Illustrierten Stern. Zusammen mit seinem Kollegen für die Niederlanden sammelte er Materialien, insbesondere Fotos. Zusammen mit einem Sternfotographen traf man sich zu Viert in Bikkers Wohnzimmer. Der Vierte war der mit einer Niederländerin verheiratete ehemalige Bundeswehroffizier Kumpmann, der von der Hagener Polizei gebeten wurde den Bikker zu betreuen, "damit die Hagener Antifa ihn nicht einstampft". Nach dem Gespräch verabredete man sich zu einem gemeinsamen Anschauen eines Beitrages des niederländischen Fernsehen, den Bikker als Hagener noch nicht gesehen hatte. Bei diesem gemeinsamen Videogucken gestand Bikker dann den beiden Mitarbeitern des Stern "Dann hab ich ihm den Gnadenschuss gegeben".


Herbertus Bikker in seinem Schrebergarten, Mai 1997
© Foto: Jo Schwartz,
www.joschwartz.com

An einem dritten Termin lies sich Bikker dann mit seiner roten Tulpe im Schrebergarten fotographieren. Auch danach geschah viele Monate gar nichts, ein Mordgeständnis reicht einfach nicht für einen Artikel im Stern, wenn es dazu nicht genug starke Fotos gibt. Nachdem diese besorgt waren, wurde das Geständnis dann durch den Artikel im Stern 1997(Ausgabe 47) öffentlich. Die Staatsanwaltschaft begann zu ermitteln... Da inzwischen alle Straftaten außer Mord längst verjährt sind, musste die Staatsanwaltschaft nicht nur nachweisen, dass der niederländische Metallarbeiter Bikker als Polizist nicht nur den niederländischen Metallwarenfabrikanten und Widerstandskämpfer Jan Houtman erschossen hat - was längst verjährt ist - sondern dieses aus niederen Beweggründen getan hat. Dann hätte diese Tötung als strafbarer Mord gegolten und Bikker wäre wegen Mord verurteilt worden. Der Prozess fand vor der Schwurgerichtskammer beim Landgericht Hagen unter reger Beteiligung niederländischer Medien und Bürger statt. Ein beherrschendes Thema war die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten. Am letzten Verhandlungstag wurde festgestellt, dass der Angeklagte inzwischen nicht mehr geistig verstehe, was verhandelt würde. Damit ist nach so langer Zeit die Staatsanwaltschaft auf der Zielgraden um ein paar Monate oder nur Wochen gescheitert.

Schade. Der Traum von Gerechtigkeit war schon längst ausgeträumt, da der Angeklagte wegen seines Alters und der Anrechnung von 10 Jahren Haft keinen Tag hätte sitzen müssen. Außerdem brauchen 88-jährige in Deutschland eh keine polizeilichen Führungszeugnisse mehr.

Nur der Traum von Aufklärung ist am 2. Februar zerbrochen.

Bikker-Prozess:
Auf der Zielgraden gescheitert

hagalil.com 12-02-2004

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