Ein Verleger zieht die Notbremse:
Herbert Fleissner distanziert sich von dem braunen Blatt "Zur
Zeit"
Max Brym
In Wien erscheint die Zeitung "Zur Zeit". Das Blatt ist
das Pendant zu der in Potsdam erstellten "Jungen Freiheit". Kürzlich wurde
bekannt, dass der Großverleger Herbert Fleissner mit 10% an dem
rechtsradikalen und antisemitischen Presserzeugnis aus Wien beteiligt ist.
Dies löste eine gewisse Unruhe aus und brachte den Präsidenten der
israelitischen Kultusgemeinde Wien, Ariel Muzicant, zu folgender Aussage:
"Die Wochenzeitung Zur Zeit ist ein entsetzliches Machwerk" und weiter "es
ist mir nicht klar, warum die CSU nicht gegen einen Verleger eines
rechtsextremen Blattes vorgeht". Denn Kultusministerin Hohlmeier, CSU
Vorsitzende in München, erklärte gegenüber der SZ am 3. Dezember 03, der
Fall "Zur Zeit" sei eine verlegerische Angelegenheit von Herrn Fleissner und
keine Angelegenheit des CSU Bezirksverbandes.
Herr Fleissner brauchte also keinerlei Befürchtungen zu
hegen aus der CSU, deren Mitglied er im Ortsverband Thalkirchen ist,
ausgeschlossen zu werden. Für Frau Hohlmeier sind formale Gründe
ausreichend, um unterstützende Tätigkeit für offenen Antisemitismus zu
tolerieren.
In der Zeitschrift "Zur Zeit" konnte am 14. November 03 gelesen werden: "Mit
der Globalisierung verwirklichen die Juden ihren alttestamentarischen
Auftrag". Seit Jahren ist die ganze Bandbreite des Antisemitismus in der
Zeitschrift im Angebot. Von diesen Vorgängen will Herr Fleissner nichts
gewußt haben und distanzierte sich in einem Brief an die israelitische
Kultusgemeinde in München von "jeglichem Antisemitismus und Rassismus". In
der Erklärung deutet er an, die Beteiligung abstoßen zu wollen (SZ 6.12.03).
Ist Herr Fleissner ein liberal aufgeschlossenes unschuldiges Hascherl, das
verführt und mißbraucht wurde? Ihm die Erklärung gegen den Antisemitismus
abzunehmen, ist eine Glaubensfrage. Keine Glaubensfrage ist es, den Beschluß
des Landgerichtes München (AZ-NR 9023431/92) zu akzeptiere, in dem das
Gericht den Antrag der Verlagsgruppe des Herrn Fleissner gegen die HBV
zurückwies. Der Langen Müller Verlag wollte 1992 die Feststellung, er
unterstützte und fördere rechtsradikale Blätter, gerichtlich unterdrückt
wissen. Das Gericht erklärte im Dezember 1992 die Behauptung für zulässig
und akzeptierte wichtige Beweisstücke. Es gab viele Werbeanzeigen in den
Zeitschriften "Deutsche Rundschau", dem "Republikaner" und ähnlichen
Organen.
Gegenwärtig sind Anzeigen der Fleissner Verlage in der rechtsradikalen
"Jungen Freiheit" zu finden. Am 1. Januar 1997 kam in Fleissners Herbig
Verlagsgesellschaft erstmals das zweimonatlich erscheinende Blatt "Deutsch
Russische Zeitung" heraus. Die Autoren sind vor allem Schreiber in der
"Jungen Freiheit".
Dennoch will Herr Fleissner kein Antisemit sein, wer will das schon,
bekanntlich legen die wenigsten Antisemiten Wert darauf, als solche zu
gelten. Was Herrn Fleissners Innerstes bewegt, soll hier auch garnicht nicht
untersucht und beurteilt werden. Es bleibt aber festzuhalten: Herr Fleissner
hat objektiv über seine Verlagsgruppe eine wichtige Schanierfunktion, um die
bürgerliche Mitte mit dem Rechtsradikalismus zu verbinden. Das belegt das
politische und publizistische Wirken von Herrn Fleissner. Niemals verteidigt
er offene Antisemiten direkt, sondern stets ist er mit ihnen in "kritischer
Solidarität" verbunden. Diese Rolle erfordert ein liberales Mäntelchen.
Fleissner und Martin Hohmann
Nach Angaben von Fritz Schenk (ehem. Moderator des ZDF-Magazins) hat die
Aktion "Kritische Solidarität mit Martin Hohmann" bereits 4000 Unterstützter
aus den Reihen der CDU/CSU Mitglieder gefunden. Der Prominenteste unter den
Unterzeichnern ist der Großverleger Herbert Fleissner aus München. Herr
Fleissner übt nicht zum ersten Mal "kritische Solidarität" mit
Rechtsextremisten und Antisemiten.
Im Jahr 1965 wagte Gerhard Frey es, die massenhafte Ermordung von Juden in
Auschwitz zu leugnen. Damals war das noch kein Straftatbestand, dennoch
protestierten 57 Personen des öffentlichen Lebens gegen die
Ungeheuerlichkeiten des Herausgebers der "Nationalzeitung". Nicht so Herr
Fleissner, der sich stattdessen gegen Maßnahmen zuungunsten des
Nazipropagandisten Frey aussprach. Auch damals sprach er sich nur für die
Freiheit des (antisemitischen) Wortes aus, ohne sich direkt mit der
antisemitischen Barbarei zu identifizieren.
In seinem Verlagsimperium legt Fleissner Wert darauf, auch progressive
Menschen wie Nahum Goldmann oder Simon Wiesentahl zu publizieren. Daneben
verlegt sein Verlagsimperium aber Nazischriftsteller wie Hans Grimm, Wilhelm
Pleyer, Paul Ettighofer, Heinrich Zillich und ähnlich obskure Gestalten. In
dem Buch Rechte Geschäfte von Herbert Sarkowicz (Frankfurt 1994) ist zu
lesen: "Bis heute ist Herbert Fleissner der einzige Großverleger in
Deutschland geblieben, der Bücher von ehemaligen NS-Autoren in nennenswerten
Umfang herausbringt".
Seine "kritische Solidarisierung" mit Frey im Jahr 1965 kam übrigens nicht
von ungefähr, bevor Fleissner richtig ins Verlagsgeschäft einstieg, gab er
mehrere "Vertriebenenblätter" heraus, die Frey in den sechziger Jahren von
Fleissner erwarb (Quelle Antifaschistische Nachrichten 1998 GNN-Verlag).
Wer ist Herbert Fleissner
Herbert Fleissner ist 1928 in Eger geboren. Er ist Besitzer eines
Verlagsimperiums mit insgesamt 28 Einzelverlagen, darunter Langen-Müller,
Herbig, Amalthea, Universitas, Nymphenburger. Die rechtsextremistische
Kaderschmiede der Sudetendeutschen Landsmannschaft, der Witiko Bund, hat
Fleissner als Funktionär und Mitglied. Ebenso die Burschenschaft Suevia
Innsbruck. Im Jahr 1952 beginnt Herbert Fleissner mit dem Aufbau seines
Verlagsimperiums. Er gründet den Bogen Verlag in Stuttgart und eröffnet eine
Versandbuchhandlung. 1958 tritt er als Hauptgesellschafter in den Klinger-
Verlag ein. Im Jahr 1962 kauft er den Amalthea Verlag auf, 1967 Langen-
Müller und 1972 kam der Universitas Verlag hinzu. Im Jahr 1984 wurde der
Molden Seewald Verlag erworben. Im selben Jahr wird Fleissner in den
Vorstand der Sudetendeutschen Landsmannschaft gewählt. Im Jahr 1985 gelingt
Fleissner ein großer Coup, die Verlage Ullstein/Propyläen und Langen-Müller
schließen sich zusammen. An dem neuen Großverlag halten Springer und
Fleissner je 50% der Anteile. Im Jahr 1992 wird Rainer Zitelmann Cheflektor
beim Ullstein Verlag. Der spätere Spiritus Rector der faschistischen "Jungen
Freiheit" läßt im Ullstein Verlag eine sogenannte "Nationalpolitische Reihe"
vom Stapel, in der gefragte Autoren des bundesdeutschen
"Rechtskonservatismus" und Gralshüter der profaschistischen "Konservativen
Revolution", wie Armin Mohler verlegt wurden.
Methode Fleissner
Herbert Fleissner hat an keiner Stelle seiner Laufbahn die nazistische
Schoah geleugnet. Stets gibt er sich als liberaler Verleger. Sein enges
Beziehungsgeflecht zu faschistischen und rechtsextremen Gruppen fällt erst
auf den zweiten Blick ins Auge.
Er hat als Großverleger eine wichtige Funktion, diese Funktion benützt er,
um rechte Autoren, wie den in Südafrika lebenden Nazi und
Geschichtsrevisionisten Claus Nordbruch, zu drucken. Dies geschah im Jahr
1998 mit dem Buch "Sind die Gedanken noch frei?". In einer Stellungnahme der
Verlagsgruppe wird das Buch verharmlost, "weil der Autor auch über das KPD
Verbot und die Spiegel Affäre schreibt". Die Methode Fleissner ist: Den
Faschismus und Antisemitismus nicht als Verbrechen sondern als Meinung zu
behandeln, die gedruckt gehört. Dabei wird auf eine scheinbare Distanz
geachtet um bürgerlich respektabel zu erscheinen. Wenn es Kritik an einem
faschistischen Autor gibt oder ein Martin Hohmann Unannehmlichkeiten hat,
dann ist Fleissner "kritisch solidarisch".
hagalil.com
07-12-2003 |