Neues Jüdisches Zentrum in München:
Feierliche Grundsteinlegung am 9. November
Was viele Jahre nur eine Vision war, wird endlich Realität:
Die Wiedererrichtung der Münchner Hauptsynagoge, der Bau des Neuen Jüdischen
Gemeinde- und Kulturzentrums sowie des Jüdischen Museums München am
St.-Jakobs-Platz. Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen findet die
Grundsteinlegung am 9. November 2003 im Rahmen eines feierlichen Festakts,
zu dem 600 geladene Gäste erwartet werden, statt. Der weltbekannte
Klarinettist Giora Feidman wird im Rahmen der Veranstaltung gemeinsam mit
der Sopranistin Gabriele Schmid zwei extra für diesen Anlass komponierte
Musikstücke uraufführen.
München, 31. Oktober 2003 – Sie war der Stolz der
Münchner jüdischen Gemeinde: die 1887 eingeweihte alte Hauptsynagoge an der
Herzog-Max-Straße. In unmittelbarer Nachbarschaft zur Frauenkirche gelegen,
stand sie für die religiöse Akzeptanz und die gesellschaftliche Bedeutung
der jüdischen Gemeinschaft. Auf persönlichen Befehl Adolf Hitlers am 7. Juni
1938 wurde die Synagoge abgerissen, Monate vor der Reichspogromnacht am 9.
November 1938. Nichts sollte an jüdisches Leben in der "Hauptstadt der
Bewegung" erinnern.
Die neue Münchner Hauptsynagoge und das Jüdische Museum,
Entwürfe des Architektenbüros Wandel Hoefer Lorch |
Nach Jahrzehnten des Provisoriums in der Reichenbachstraße
erhält die jüdische Gemeinschaft in München jetzt wieder ein Zentrum, das
den Anschluss an die große Geschichte und Bedeutung der jüdischen
Gemeinschaft in München ermöglichen wird. Endlich kehrt jüdisches Leben
dorthin zurück, von wo es der NS-Terror vertrieben hat: in das Herz der
Landeshauptstadt und in die Mitte der Gesellschaft. Die zentrale Lage an
einem der ältesten Plätze Münchens und die Dimensionen des Projekts – es
handelt sich um das derzeit größte jüdische Bauvorhaben Europas und um das
bedeutendste nicht-kommerzielle Projekt Süddeutschlands – unterstreichen auf
beeindruckende Weise den Wunsch der Gemeinde, jüdisches Leben wieder zu
einem integralen Bestandteil des öffentlichen und kulturellen Lebens der
Stadt werden zu lassen. "Offen zugänglich wird dieser Ort jedem, der es
möchte, die Möglichkeit bieten, jüdischem Leben zu begegnen", betont
Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München
und Oberbayern und Vizepräsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland.
Johannes Rau, Dr. Edmund Stoiber und Paul Spiegel unter
den Festrednern
Die Grundsteinlegung am 9. November 2003 findet am
St.-Jakobs-Platz in einem der Bedeutung des Anlasses angemessenen festlichen
Rahmen statt. Charlotte Knobloch, Oberbürgermeister Christian Ude, der
Vorsitzende des Kuratoriums Harald Strötgen, Bundespräsident Johannes Rau,
der Bayerische Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber, der Präsident des
Zentralrats der Juden in Deutschland Paul Spiegel und Alt-Oberbürgermeister
Dr. Hans-Jochen Vogel sind die Redner der Festveranstaltung, an der
zahlreiche Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Kultur, Politik und Gesellschaft
teilnehmen werden. Dass die höchsten Repräsentanten der Bundesrepublik
Deutschland, des Freistaats Bayern und der jüdischen Gemeinschaft in
Deutschland diesen Festakt gemeinsam begehen werden, unterstreicht die
herausgehobene, historische Bedeutung des Anlasses. Der Festakt selbst wird
ab 11 Uhr in einem eigens zu diesem Anlass auf dem St.-Jakobs-Platz
errichteten Zelt stattfinden.
Der Grundstein selbst ist bereits etwas Besonderes. Drei
Grundsteinbüchsen werden in den Stein eingebracht. Die Grundsteinbüchse des
Jüdischen Museums ist ein "Musée en miniature" und enthält 18 Gegenstände
zur Gegenwart jüdischen Lebens in München. Die zweite Grundsteinbüchse
enthält Listen mit Namen von Münchner Bürgern, die bis 1945 aufgrund ihres
jüdischen Glaubens deportiert, ermordet oder in den Suizid getrieben wurden.
Die dritte Büchse verfügt über den traditionellen Inhalt, den eine
Grundsteinbüchse kommenden Generationen überliefert, wie die Baupläne,
Honoratiorenlisten, Photos und Zeitungen. Zur Grundsteinlegung selbst wird
sich eine kleine Gruppe der Ehrengäste unter Führung von Charlotte Knobloch
über einen Steg auf eine Plattform begeben. Diese Plattform steht exakt über
jenem Punkt, an dem sich in Zukunft in der Hauptsynagoge die Bima befinden
wird. Dort werden die Büchsen in den Grundstein gelegt und versenkt.
Weiträumige Absperrung des Jakobplatzes und Überprüfung
aller Gäste
Erst wenige Wochen sind vergangen, seit die Münchner
Polizei im September 2003 mit der Verhaftung mehrerer Rechtsradikaler einen
geplanten Bombenanschlag auf die Teilnehmer der Grundsteinlegung
verhinderte. Unzählige Tote und Verletzte hätte das Attentat fordern können,
wäre der Sprengsatz während der Feierlichkeiten explodiert. Die entsetzten
Reaktionen nach Bekanntwerden der Anschlagspläne machen deutlich: Die
Bedrohung durch Rechtsterroristen hat eine neue Qualität erreicht.
"Wir werden uns durch die Planungen der Täter nicht im
Geringsten einschüchtern lassen", hatte Münchens Oberbürgermeister Christian
Ude damals angekündigt. Deshalb wird der Festakt von massiven
Sicherheitsvorbereitungen begleitet, die stufenweise eskaliert werden, von
umfassenden Kontrollen aller Gäste und Mitarbeiter im Vorfeld der
Veranstaltung bis hin zur Einrichtung einer Hochsicherheitszone rund um den
St.-Jakobs-Platz.
Fernseh- und Hörfunksender berichten Live
Der Festakt wird unter anderem im Bayerischen Fernsehen
live von 11:00 Uhr bis 13:00 Uhr übertragen, ebenso sind der Bayerische
Hörfunk (BR 2), das Deutschlandradio und viele andere führende Medien
Deutschlands live dabei. Auf Phoenix wird die gesamte Veranstaltung nochmals
zeitversetzt gesendet werden.
Ab 15 Uhr stellt sich das Neue Jüdische Gemeinde- und
Kulturzentrum im Festzelt auf dem Jakobsplatz der Öffentlichkeit vor. Den
Auftakt bildet eine Podiumsdiskussion zum Thema "Perspektiven und Zukunft
der jüdischen Gemeinschaft in München". An dem von dem bekannten
Fernsehjournalisten Peter Dudzik moderierten Gespräch werden Christian Ude,
Charlotte Knobloch, Prof. Lydia Hartl, Kulturreferentin der Landeshauptstadt
München, sowie Prof. Michael Brenner, Inhaber des Lehrstuhls für Jüdische
Geschichte und Kultur an der Ludwig-Maximilians-Universität, teilnehmen.
Daneben stellen sich Jugend- und Kulturzentrum und
Gemeinde den Bürgerinnen und Bürgern mit Informationsständen, Projekten und
interaktivem Programm in einer begleitenden Ausstellung vor. Auch das
Baureferat, die Architekten Wandel-Hoefer Lorch, das Stadtarchiv, das
Memorbuch des Stadtarchivs oder die Literaturhandlung sind mit eigenen
Ständen vertreten und lassen erahnen, welche Vielfalt und Bereicherung das
Jüdische Zentrum am St.-Jakobs-Platz für das öffentliche, urbane Leben im
Herzen von München bieten wird. An diesem Nachmittag bietet sich auch die
besondere und gleichsam letzte Möglichkeit zur Besichtigung des Grundsteins.
Das vollständige Programm sowie weitere Informationen
unter:
http://www.jakobsplatz.de/
http://www.juedischeszentrumjakobsplatz.de/
hagalil.com
02-11-2003 |