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Holocaust Mahnmal Berlin:
Degussa und das deutsche Gemüt

Von Max Brym

Länger als ein Jahrzehnt wurde debattiert. Im Juni 1999 beschloss der Bundestag mit Mehrheit die Errichtung des Mahnmals für die ermordeten Juden in Berlin. Die Debatte war lang und hart. Der Antisemitismus aus der Mitte der Gesellschaft meldete sich deutlich zu Wort. Der Literat vom Bodensee, Martin Walser, wandte sich im Jahr 1998 "gegen die Dauerrepräsentation unserer Schande". Das versammelte Publikum in der Paulskirche spendete ihm frenetischen Beifall, nur der Jude Ignatz Bubis entzog sich dem "nationalen Erwachen".

Resigniert bemerkte Ignatz Bubis kurz vor seinem Tod: "Ich habe nichts, fast nichts erreicht". Er registrierte, dass antisemitische Tendenzen in der bundesdeutschen Gesellschaft nicht nur zunehmen, sondern von der flexibilisierten Elite entweder geteilt werden oder das Gedenken zur Heuchelei verkommt. Es gab bei vielen Befürworter des Denkmals keinen Trennungsstrich zu Walser, Kanzler Schröder lud ihn am 8. Mai 2002, zu einer Diskussion über die "nationale Frage" ins Kanzleramt ein.

Die CDU zog keinen Trennungsstrich zu ihrem Abgeordneten Hohmann, der im Jahr 1999 gegen das Mahnmal stimmte. Kürzlich am 3. Oktober 2003 nannte Hohmann die Juden ein "Tätervolk". Der Nolte-Anhänger Hohmann wirft den Juden "Bolschewismus" vor. Dass ein MdB mit dieser Gesinnung gegen das Mahnmal stimmte verwundert nicht, interessant ist hingegen der politische Liberalismus der CDU gegenüber solchen Gestalten, nicht nur aktuell, sondern auch in der Vergangenheit. Man kann sich schon fragen, ob alle Befürworter des Mahnmals dies wirklich aus ehrlichem Herzen tun, wenn sie verbunden sind mit Figuren wie Hohmann und Walser. Der jetzige Streit um die Firma Degussa und den Weiterbau des Mahnmals zeigt die politische Kaste in ihrer nackten Gestalt.

Herr Thierse opfert sich

In diesem Sommer wurde auf dem 19000 Quadratmeter großen Areal unweit des Brandenburger Tores mit dem Bau des wellenförmigen Stelenfeldes begonnen, das der amerikanische Architekt Peter Eisenmann entworfen hat. Zum Bauprojekt gehört die Imprägnierung der Stelen mit einem Anti-Graffiti-Schutzmittel.
Ausgerechnet die Firma Degussa wurde damit beauftragt. Ihre Tochter-Firma Degesch lieferte an die Nazis das Giftgas Zyklon B, womit Millionen Juden ermordet wurden. Die Degussa sammelte und veredelte in dieser Zeit das Zahngold der ermordeten Juden.

Am 23. Oktober 2003 forderte die Mehrheit des Kuratoriums, dass der Degussa der Vertrag für das Mahnmal gekündigt wird. Alexander Brenner, der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Berlin, sah in der Auftragsvergabe an Degussa "einen eklatanten Mangel an Fingerspitzengefühl". Der Vorsitzende des Kuratoriums, Bundestagspräsident Thierse, kam dem Vorschlag des Kuratoriums mit einer aussagekräftigen Begründung nach: "Wir mussten auf die Verletzlichkeit der Gefühle Rücksicht nehmen". Ergo aus "Rücksichtnahme" kam Herr Thierse der Auftragsrücknahme für Degussa nach. Nicht aus eigener Einsicht und Verantwortung handelt Herr Thierse, sondern weil er "muss" und nicht anders kann. Es gibt halt noch Opfer, die man nicht ignorieren darf. Dies bewegt den braven deutschen "Michel", Wolfgang Thierse, jeder weiss, dass er gern am Vertrag mit Degussa festgehalten hätte, aber für die "Gefühle" der Überlebenden opfert sich Wolfgang Thierse. Auf ein solches "Opfer" kann in Zukunft getrost verzichtet werden, denn das "Problem" mit Überlebenden wird sich in absehbarer Zeit von selbst erledigen. Was dann mit der deutschen "Erinnerungskultur" passieren wird, liegt auf der Hand.

"Die Macht der Gefühle"

Mit dieser Überschrift versah Lothar Müller seinen Kommentar zur Auseinandersetzung um das Mahnmal und die Firma Degussa in der SZ vom 31. Oktober 2003. Diese "Macht der Gefühle" setzt dem SZ Kommentator sichtlich zu. Er sieht eine "angeworfene Diskursmaschine" am Werk. Dass er für Gefühle und Realitäten nichts übrig hat, belegt er mit dem hämischen Hinweis auf die Tatsache, dass die "Konfliktlinien quer, durch die Mahnmalbefürworter verlaufen". Er hofft, dass die Mahnmalgegner wieder Auftrieb erhalten. Was er besonders bedauert: "Wieder einmal steht ein Konzern im Rampenlicht, aber hat nicht die jüngste NS-Forschung in der Volksgemeinschaft, die anonymen Profiteure der Vernichtung entdeckt?"

Mit diesem Taschenspielertrick wird versucht, die Konzerne in Schutz zu nehmen. Natürlich hat die neuere NS-Forschung ergeben, dass die Massenverankerung des Hitlerfaschismus weiter ging als es vulgärmarxistische Theorien darstellten. Dennoch ist auf die besondere Verantwortung der Konzerne und der deutschen Eliten hinzuweisen. Ohne das geschlossene Eintreten der Großindustrie ab November 1932 für eine Kanzlerschaft Hitlers wäre der Faschismus nicht an die Macht gekommen.
Auch der feine Adel lief wegen des "Osthilfeskandals" gegen Ende der Weimarer Republik auf die Seite der braunen Banden über. Ohne das künstlich hergestellte Benzin durch die IG-Farben hätte Hitler keine drei Wochen Krieg führen können. Im Konzentrationslager Auschwitz schuf die IG-Farben Produktionsanlagen in Monowitz. Die Lebenserwartung der dort schuftenden Häftlinge lag im Schnitt bei drei Monaten, anschließend lieferte die SS "Nachschub", der "unbrauchbare" Rest wurde durch Gas vernichtet.

Geliefert wurde das Gas von der Degussa Tochter, die wie die Mutterfirma selbst mit der IG-Farben verflochten war. Es war kein Zufall, dass im Jahr 1944 die höchsten Gewinne in der deutschen Industriegeschichte durch Sklavenarbeit erzielt wurden. Die Creme der deutschen Industrie bildete den "Freundeskreis Reichsführer SS Heinrich Himmler". Ein Blick in die Akten des Nürnberger Prozesses genügt, um die besondere Schuld der kapitalistischen Banken und Konzerne festzustellen. Nicht umsonst prägte Max Horkheimer den Satz: "Wer vom Faschismus spricht, aber nicht vom Kapitalismus, der sollte besser schweigen."

Die Schuld der kapitalistischen Gesellschaftsordnung am Nazifaschismus veranlasste selbst die CDU 1947 in ihrem Ahlener Programm festzuhalten: "Der Kapitalismus ist den sozialen und nationalen Interessen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden". Mit diesem halbwegs richtigen Satz der CDU von 1947 kann der Autor anscheinend wenig anfangen. Statt dessen benützt er die richtigen Erkenntnisse über die Massenbeteiligung an den Verbrechen des Faschismus, um jede Schuld zu tilgen. Denn wenn jeder unterschiedslos schuldig war, dann ist am Schluss keiner Schuld. Die Degussa war nach diesem SZ-Artikel genauso Schuld wie irgend ein Meier oder Müller. Deshalb ist für Lothar Müller Degussa unschuldig - und sollte den Auftrag bekommen.

hagalil.com 02-11-2003

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