Von Karl Pfeifer
Diese Tage sammeln im Heiligen Land engagierte Menschen beider Völker
Unterschriften für eine gemeinsame Erklärung, die für Koexistenz und Frieden
zwischen Israel und dem zu errichtenden Staat Palästina eintritt.
Der Friedensprozess, der 1993 so hoffnungsvoll begann, wurde 2000 durch
die "Intifada" unterbrochen. Seitdem gibt es in Wien jeden Herbst eine
Solidaritätsdemonstration mit der "Intifada". Heuer findet sie am 27.9.
unter dem Motto: "Gegen Besatzung" des Iraks und "Freiheit für Palästina"
statt. "Eine friedliche Welt ist möglich" heißt es in einem Aufruf des
Austrian Social Forum (ASF), der die "Anschläge gegen irakische
Persönlichkeiten, Zivilpersonen und internationale Institutionen"
verurteilt, aber die Terroranschläge gegen israelische Zivilisten nicht
einmal erwähnt.
Diese Liste unterstützen u.a. auch drei sozialdemokratische
Organisationen, darunter die Sozialistische Jugend und der VSSTÖ. Der Aufruf
der "Antiimperialistischen Koordination" (AIK) tritt für "bedingungslose
Solidarität mit der Intifada!" und gegen die "Terrorliste der EU" auf . Die
AIK, die schon mit einer Solidaritätserklärung für den jordanischen
Holocaustleugner und Mitarbeiter neonazistischer Medien Ibrahim Alloush von
sich reden gemacht hatte, forderte bereits vor ein paar Tagen "Solidarität
mit Hamas!" - deren Ziel die Zerschlagung Israels ist - und erklärte den
islamistischen Selbstmordterror zum "heldenhaften Widerstand".
In sattsam bekannter Manier führt sie die israelische Politik auf den
angeblichen "Auserwähltheitswahn" (so der Neonazi Horst Mahler) der Juden
zurück: "In Palästina zeigt der Zionismus, was das amerikanische Imperium
für die Völker der Welt wirklich bedeutet: Die vollständige Unterordnung
unter eine Ideologie von einem auserwählten Volk, das seinen Terror durch
seine 'göttliche Mission' rechtfertigt."
Der Vorsitzende der SPÖ-Fraktion im EU-Parlament Hannes Swoboda meinte
zuvor u.a., die EU-Entscheidung, die Hamas auf die Liste der
Terrororganisationen zu setzen sei "sinnlos", denn sie mache "Europa nur zum
potenziellen Ziel terroristischer Angriffe".
Diese Erklärungen haben nichts mit einer sachlichen Kritik der
israelischen Politik zu tun. Mit der Dämonisierung Israels auf solch einer
Demonstration wirkt man gegen den Dialog der Friedenskräfte. Hannes Swoboda
ist auf der Rednerliste dieser Demo, was uns nicht überraschen kann. Vor 21
Jahren schrieb der damalige Bundesvorsitzende der SPÖ-Unterorganisation
Junge Generation (JG), Fritz Edlinger, an die Israelitische Kultusgemeinde
Wien (IKG) und stellte dem Vorstand der IKG die Frage, "ob es überhaupt noch
für Sie erträglich ist, von offiziellen Stellen eines Landes finanzielle
Unterstützung anzunehmen, dessen Bundeskanzler Sie immer wieder als Feind
des Staates Israel diffamieren.
Anstatt sich stets durch billige und oberflächliche Appelle an das
schlechte Gewissen bzw. die Verpflichtung zur Wiedergutmachung an die
österreichische (...) Bevölkerung zu wenden, sollten Sie besser einmal
genauer und kritischer die politische Entwicklung in dem von Ihnen mit
unkritischer Verbissenheit verteidigten israelischen Staat ansehen. (...)
Solange Sie dazu nicht bereit sind", so der sozialistische Funktionär
Edlinger, "spreche ich Ihnen schlichtweg die moralische Berechtigung ab,
über öffentliche Erklärungen und Aktivitäten von österreichischen
Organisationen ein Urteil abgeben zu können." (Die Gemeinde, 8.9.1982)
Das schrieb kein Rechtsextremer, kein Neonazi, sondern ein bis heute
wichtiger sozialdemokratischer Funktionär. Die Forderung für eine
Entschädigung - die ja bis heute nicht richtig geleistet wurde übergoss
dieser Mann mit Spott und er grenzte die jüdischen Österreicher wieder
einmal aus der österreichischen Gesellschaft aus. Fritz Edlinger aber machte
Karriere und wurde Generalsekretär der "Gesellschaft für
Österreichisch-Arabische Beziehungen". Die SPÖ aber sandte letzte Woche
Herrn Fritz Edlinger, als ihren Vertreter zur Sitzung des Nahostkomitees der
Sozialistischen Internationale nach Ramallah und Tel Aviv. Da zeigt sich
wieder einmal, was die SPÖ unter Ausgewogenheit versteht, wenn es um den
Konflikt Israel/Palästinenser geht.
Die Grüne Wiener Landtagsabgeordnete Susanne Jerusalem wird auch bei der
Abschluß-Kundgebung dieser Demonstration eine Rede halten. Einen
antisemitischen Brief schreiben an die IKG kann in Österreich nur
karrierefördernd sein dachte sich auch sie, als sie einen offenen Brief an
ein Organ der jüdischen Gemeinde Wien (5.12.01) unterzeichnete. Der Brief
gipfelt in der altbekannten Behauptung, wonach Juden selbst am
Antisemitismus schuld seien: "Es ist zu befürchten, dass die Vorgangsweise
Ihrer Publikation, anstatt Antisemitismus zu verhindern, im Gegenteil dazu
beiträgt, die Herausbildung eines unbefangenen und vorurteilslosen Umgangs
der österreichischen Bevölkerung mit dem Judentum und den jüdischen
Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu erschweren, und zwar sowohl was das
erstrebte gleichberechtigte und friedvolle Zusammenleben in der Gegenwart
als auch was die Aufarbeitung der so schrecklichen Vergangenheit betrifft."
Solange sich die Juden weigern, "zwischen dem Judentum als Religions- und
Kulturgemeinschaft einerseits und dem mehrheitlich von Menschen jüdischen
Glaubens bewohnten Staat Israel andererseits" zu differenzieren, werde es
nicht möglich sein, "ihrer Diskriminierung, dem Antisemitismus, den Boden zu
entziehen". Das Schreiben gipfelt in einer Drohung: "Das bedeutet letztlich,
dass die uneingeschränkte Identifikation der Kultusgemeinde mit den
Interessen des Staates Israel den Interessen der Menschen jüdischer Herkunft
in Österreich schadet, anstatt ihnen zu nützen."
"Unterstützt" wurde der "offene Brief" an die IKG nicht nur von Susanne
Jerusalem, sondern von der AIK und u.a. auch vom Arabischen Palästinaklub,
von der Bewegung für soziale Befreiung (RKL-Vorfeldorganisation), der
Palästinensischen Gemeinde in Österreich, die auch am 26.9. mitdemonstrieren
und dem Internationalen Palästinakomitee. Im Aufruf dieser Organisation zu
einer Demonstration in Wien im Dezember 2001 wurde auch auf den Rassismus in
Österreich positiv Bezug genommen: "Wie in Österreich müssen auch [in
Palästina K.P.] die Einheimischen entscheiden, wer von den Zuwanderern und
Eindringlingen in ihrem Land bleiben darf und wer es verlassen und dorthin
zurückkehren muß, woher er gekommen ist."
Daneben kam dort eine Broschüre dieses Palästinakomitees zur Verteilung,
in der offen der Holocaust relativiert und Sympathie gegenüber
neonazistischen Geschichtsfälschern gezeigt wurde: "Um die Politik Israels
gegenüber den Palästinensern zu rechtfertigen, wird im Westen, vor allem in
den deutschsprachigen Ländern, medial immer wieder der 'Holocaust'
aufgewärmt und die Verfolgung der Juden vor mehr als 50 Jahren beschworen
und aufgebauscht. [...] Auch die wissenschaftliche Untersuchung des
Holocaust' wird unter Strafe gestellt [d.h. die Gesetze gegen neonazistische
Geschichtsfälscher und Volksverhetzer K.P.], und internationale Konferenzen
von Historikern, welche Mythenbildungen der Geschichtsschreibung seit dem
Zweiten Weltkrieg kritisch überprüfen und revidieren, werden auf Druck
Israels und seiner Helfershelfer verhindert. [D.h die für Anfang April 2001
geplante Neonazi-Konferenz in Beirut, welche von der libanesischen Regierung
verboten wurde, K.P.]
Denn es besteht die Gefahr, dass mit der unvoreingenommenen
wissenschaftlichen Überprüfung der 'Holocaust' als eine wichtige Säule der
Legitimierung Israels zusammenbricht." An der Demonstration am 27.9. nimmt
auch der "Verein arabischer Frauen", dieser hatte im Oktober 2000 ein
Flugblatt verteilt, in dem die "Zerschlagung des illegalen
rassistisch-imperialistischen Gebildes ‚Israel’" gefordert wurde. In diese
Gesellschaft begeben sich die Politiker Hannes Swoboda (SPÖ) und Susanne
Jerusalem (Grüne) sowie eine Reihe von Teilnehmerorganisationen, die immer
wieder bekräftigen, sie würden für Frieden zwischen Israelis und
Palästinensern eintreten.
In Wirklichkeit aber legitimieren sie durch ihre Teilnahme die ärgsten
Feinde des Friedens und der Koexistenz zwischen den Völkern, die sich zum
Teil nicht scheuen antisemitische Stehsätze aufzuwärmen und sie tun dies in
einem Land, in dem eine kurze Meldung über die Finanzprobleme der IKG die
liberale Tageszeitung Standard online Ende Mai 2003 zwang, "aufgrund der
Anzahl an antisemitischen Postings" die Diskussion einzustellen.
Übrigens gehört es zu den Absurditäten, dass bei einer Demonstration
gegen die Besatzung Iraks keine irakischen bzw. kurdischen Organisationen
teilnehmen.