Justiz-Konferenz in Den Haag:
Nicht nur in Israel macht man sich Gedanken zum Schweigerecht
Haag, Hollands Hauptstadt und "die internationale Hauptstadt
der Justiz" war letzten Monat Gastgeberin der jährlichen Konferenz der
"Internationalen Gesellschaft für Reform des Kriminalrechts". Wenn der
kriminalrechtliche Gerichtshof in Haag ordnungsgemäß zu arbeiten beginnt, werden
spezielle Gerichtshöfe der UNO nicht mehr nötig sein, wie etwa der Gerichtshof,
der zur Zeit gegen den ehemaligen jugoslawischen Präsidenten, Slobodan
Milosevics, verhandelt.
Nach Ze’ev Segal, haArez
Rechtliche Fragen, die mit der Arbeit des kriminalrechtlichen
Gerichtshofes zusammenhängen, standen im Mittelpunkt der Konferenz. Das Urteil
im kriminalrechtlichen Gerichtshof in Haag wird nicht durch Geschworene gefällt,
wie es in den USA üblich ist. Daher, meint Johnson (amerikanischer Jurist,
Kläger im Fall Milosevics, Anm. d. Ü.), ist größere Vorsicht geboten, um den
Angeklagten ein faires Gerichtsverfahren zu garantieren.
Während der Konferenz wurde massive Kritik an dem Milosevics Verfahren
insbesondere, und an dem internationalen kriminalrechtlichen Gerichtshof
überhaupt, geübt. Bei einer allgemeinen Besprechung zu den Rechten von
Angeklagten bei kriminalrechtlichen Verfahren, erhielt die Schweigepflicht einen
Ehrenplatz. Im Mittelpunkt der Diskussion stand eine Frage, die besonders für
den israelischen Justizapparat besonders zutreffend ist – ob das Schweigerecht
nur auf die Verweigerung des Verdächtigen, auf Fragen während des Verhörs zu
antworten, zutrifft, oder ob es auch auf die Verweigerung zutrifft, Dokumente
zur Verfügung zu stellen, die sich in den Händen des Verdächtigen befinden, und
die mit dem Inhalt der Ermittlungen verbunden sind.
Es stellte sich heraus, dass diese Frage auch in anderen
Justizapparaten auf der Welt umstritten ist. Professor Klaus Wolk, von der
Universität München, in Deutschland, erklärte die umfangreiche Schweigepflicht
im Deutschen Recht. Nach Professor Wolks Aussagen, setzt sich in letzter Zeit in
Deutschland die Einstellung durch, wonach das Schweigerecht ausschließlich auf
das Recht, Fragen nicht zu beantworten, beschränkt sein sollte. Das Recht,
Dokumente nicht auszuhändigen soll abgeschafft werden.
Im britischen Justizapparat, stellt sich heraus, verstärkt sich
die Einstellung, die zu einer Aufhebung des Schweigerechts im Allgemeinen
aufruft. Wenn diese Einstellung umgesetzt werden sollte, würde das Schweigen des
Verdächtigen als belastendes Element gewertet werden, die Indizien der Anklage
gegen ihn unterstützen und könnte sogar als Beweismaterial gegen den Angeklagten
gelten.
hagalil.com
14-09-2003 |