Deutsche Vermittlung zwischen Israel und Hisb-Allah:
Leichen für einen Besuch in Gefangenschaft
Ende letzter Woche übergab Israel die
Leichen von zwei Hisbollah-Kämpfern an den Libanon. Wenige Stunden später
stellte sich der Grund heraus: Der deutsche Vermittler Ernst Uhrlau besuchte
am Wochenende den gefangenen israelischen Zivilisten Elchanan Tannenbaum.
Nach seiner Rückkehr berichtete er dem israelischen Koordinator Ilan Biran:
"Er ist am Leben und gesund".
In Jerusalem hofft man nun, dass in Bälde ein
Austauschgeschäft stattfinden wird. Scheich Nassrallah, Generalsekretär der
HisbAllah, sagte gestern: "Die Rückführung der beiden Leichen ist das
Ergebnis deutscher Vermittlung. Ich hoffe, dass diese Vermittlung die
erwünschten Ergebnisse bringen wird". Israelische Sicherheitsstellen sagten
lat M'ariw, als Gegenleistung für die Rückführung der beiden Leichen gäbe es
im Moment keine weiteren Schritte. Die Atmosphäre habe sich jedoch
verbessert, und die Verhandlungen sähen heute sehr viel ernsthafter aus.
Ernst Uhrlau, der deutsche Vermittler zwischen Israel und Hisb-Allah wird in
haArez als hoher Beamter im Amt von Bundeskanzler Schröder bezeichnet.
Uhrlau sei ein Profi mit guten politischen Kontakten. Eigentlich ist er eine
Art politischer "Kommissar", dessen Aufgabe es ist, die deutschen
Geheimdienste zu kontrollieren und zwischen ihnen und dem Kanzleramt zu
koordinieren. Uhrlau stammt aus dem Bezirk Hamburg, wo er eine Reihe von
Ämtern auf den Bereichen Polizei und Verfassungsschutz innehatte. Im Jahre
1996 wurde er zum Polizeipräsidenten von Hamburg ernannt, im Jahre 98 in
sein jetziges Amt. Er steht der SPD nahe. Sicher auch ein Grund dafür, dass
Kanzler Schröder gerade ihn in dieses heikle Amt berief.
In Jedioth betont auch Eldad Beck, die Erfahrungen des deutschen Vermittlers
im Sicherheitsbereich und dessen Nähe zum Bundeskanzler: "Im November 2000,
einen Monat nach der Entführung der drei IDF-Soldaten auf dem Har Dow,
begann Deutschland, zwischen Israel und der Hisbollah zu vermitteln. In der
derzeitigen Phase der Kontakte ist Ernst Uhrlau mit der Vermittlung betraut,
der als Koordinator zwischen den deutschen Sicherheitsdiensten und dem
Kanzleramt fungiert. Uhrlau wurde im Jahre 1998 in dieses Amt ernannt. Es
hatte sich dabei sowohl um eine politische als auch eine professionelle
Ernennung gehandelt: Uhrlau ist ein Sozialdemokrat, der Bundeskanzler
Schröder sehr nahe steht, seit den 80-er Jahren fungierte er jedoch in einer
Reihe von hohen Ämtern im Verfassungsschutz im Raum Hamburg. Uhrlau (56) ist
verheiratet und Vater von zwei Kindern. Er gilt als brillant und höchst
intelligent. In den letzten drei Jahren, als Vermittler zwischen Israel und
der Hisbollah, besuchte er einige Male Israel und Libanon, um die Kontakte
voranzutreiben".
Ronen Bergmann berichtet in Jedioth, von einer Welle des Optimismus, die die
Familien der Gefangenen und Vermissten in Israel zur Zeit überschwemmt:
"Sollte diese Gesprächsrunde tatsächlich mit einem Austauschgeschäft enden,
dann hätten die armen Familien dies nicht zuletzt ihren Schicksalsgenossen
auf der libanesischen Seite zu verdanken. Denn wenn die Hisbollah endlich
einem Geschäft zustimmen sollte, dann vor allem auch wegen des Drucks, den
die Familien der Gefangenen und der "Shahids" der Hisbollah auf Scheich
Nassrallah ausüben. Denn, so radikal der Scheich auch sein mag, er ist ein
pragmatischer Mann, der seit dem Rückzug Israels aus Libanon versucht, seine
Organisation als politisch-soziale Bewegung zu etablieren, nicht nur als
Guerilla-Organisation. Deshalb muss er auf die Wünsche der Öffentlichkeit
Rücksicht nehmen, und auch die Familien der libanesischen Gefangenen und
Toten wollen den Kreis endlich schließen.
Wie immer ist auch diesmal die deutsche Vermittlung dominierend und
entscheidend. Trotz Versuche des französischen Geheimdiensts, sich zu
engagieren, sind die Leute des BND aus verschiedenen Gründen die führenden:
die relativ guten Beziehungen zwischen Deutschland und Iran, einschließlich
umfangreicher Handelsbeziehungen; die historischen Schulden Deutschlands bei
Israel, die es dazu führen, sich mit humanitären Themen zu befassen, sowie
die, gelinde gesagt, engen geheimdienstlichen Beziehungen zwischen den
beiden Staaten. Israel vertraut den Deutschen voll und ganz, und diese
möchten ihrerseits politisch aus ihrem Engagement profitieren".
Profitieren wird vorerst auch Nassrallah, der sich laut Smadar Peri in
Jedioth bereits auf den "Tag danach" vorbereitet: "Wie immer auch das
Austauschgeschäft mit Israel enden wird, seine Ergebnisse sollen politische
Farbe auf die Wangen von Hassan Nassrallah bringen. Der Generalsekretär der
Hisbollah schreibt bereits seine Siegesrede. 'Wir haben die Israelis
bezwungen. Wir hatten recht mit unserer Weigerung, keine Informationen über
die israelischen Vermissten und Gefangenen herauszugeben', wird er
sicherlich behaupten. Gestern produzierte Nassrallah die Generalprobe vor
dem großen Festival: eine groß angelegte Zeremonie in Nakora, in deren
Verlauf der örtliche 'Sheriff', Nabil Kauk, die Leichen der Terroristen in
Empfang nahm.
Es ist wichtig zu betonen, dass kein Vertreter der libanesischen Regierung
oder der Armee zu dieser Zeremonie eingeladen wurde, die an einem Ort
stattfand, der sich völlig unter der Kontrolle der Hisbollah befindet. Hier
gibt Nassrallah den politischen, militärischen und wirtschaftlichen Ton an,
mit syrischer Unterstützung und klaren Anweisungen aus Teheran. Sheriff Kauk
wich gestern den Journalisten aus, die wissen wollten, welche Häftlinge aus
den israelischen Gefängnissen freigelassen werden. Kauk weiß, dass das
Geschäft bereits abgeschlossen ist, er ist jedoch nicht über die Liste
informiert, die zwischen Nassrallah und dem deutschen Vermittler vereinbart
wurde.
Nach den Feierlichkeiten anlässlich der Freilassung der Häftlinge wird
jedoch wieder die Frage nach der Zukunft Nassrallahs aufkommen. Der syrische
Präsident bewundert ihn zwar, der iranische Herrscher ist sein Patron, aber
gerade der Sieg Nassrallahs bei dem Austauschgeschäft könnte seinen Sturz
bewirken. Um seine Position zu bewahren, wird der Scheich dafür sorgen
müssen, dass die Hisbollah relevant bleibt: eine militante, kämpfende
Organisation, und nicht eine politische Partei, die sich mit grauer Arbeit
im libanesischen Parlament befasst. Nassrallah ist sich auch der Tatsache
bewusst, dass er auf der amerikanischen "Achse des Bösen" einen zentralen
Platz einnimmt, auch, dass er auf der Abschussliste Israels steht und mit
uns eine lange und bittere Rechnung offen stehen hat.
Weiterführende Links:
-
http://www.hagalil.com/israel/armee/vermisste.htm
-
http://jafi.jewish-life.de/paedagogik/actual/mia.html
hagalil.com
28-08-2003 |