Den Teufelskreis durchbrechen:
Gebt den Realisten eine Chance!
Es wäre sicher kein Wunder, wenn Israel nun endlich den
großen Vergeltungsschlag führen würde. Nicht nur Gesundheitsminister
Dahan (Shas) kündigte einen vernichtenden Schlag gegen die
palästinensische Autonomie an, die bis heute nicht in der Lage war, den
palästinensischen Terror effektiv zu behindern oder gar zu stoppen.
Die israelische Alternative, nun selbst die Verfolgung
und Ausschaltung der militantesten Fatah- und Hamasleute zu übernehmen,
war bisher aber ebenfalls erfolglos - und unter den gegebenen Umständen
wird sie wohl auch weiterhin erfolglos sein. Im Gegenteil, die
Eliminierung der militanten Islamisten stärkt deren Ansehen in der
palästinensischen Gesellschaft nur noch mehr. Die Hamas, die früher von
Israel selbst als erhofftes Gegengewicht zu Arafat und seiner Fatah,
unterstützt wurde, bedroht heute nicht nur Israel, sondern eben Arafath.
Sein derzeitiger Versuch, selbst die Radikalsten in eine
Konsensregierung einzubeziehen, kann nur als Verzweiflungssignal
verstanden werden. Selbst mit Barak ist es ihm nicht gelungen, ein
Verhandlungsergebnis zu erzielen, das einen breiten Konsens in der
palästinensischen Gesellschaft gefunden hätte. Das Gebiet seines
Palästinastaats wäre seinem Volk durch Korridore und Siedlungsblöcke zu
entstellt gewesen, als dass es diese Gebiete als den ersehnten Staat
anerkannt hätte.
Die Palästinenser fühlen sich den israelischen
Vergeltungsanschlägen hilflos ausgeliefert und sie lasten dieses
Ohnmachtsgefühl Arafath an. Das Ansehen seiner korrupten
"Palästinensischen Autorität" schwindet mit jeder Demonstration
israelischer Übermacht, gleichzeitig steigt das Ansehen der Islamisten,
die ihre Ohnmacht immerhin im Selbstmord überwinden.
Die Chancen Arafaths, die Terrorgruppierungen - selbst
innerhalb der Fatah - zu kontrollieren, werden immer geringer und die
Wut der Israelis über seine Unfähigkeit, die oft genug auch Unwilligkeit
sein mag, wächst ebenso wie die Macht der Hamas.
Die Gesprächsbereiten und Verhandlungswilligen werden
auf beiden Seiten immer weniger. Israelis wie Palästinenser sehen ihre
Aktionen immer nur als Reaktion auf Verbrechen des Gegners. Selbst
Angehörige der Arafath-Verwaltung sehen die derzeitige Massenhysterie
als ein Resultat israelischer Militäraktionen, Israel sieht diese aber
als Vergeltung für frühere Terrorakte.
Die Demonstration israelischer Übermacht stärkt das
Vertrauen in die Regierung Scharons, die Demütigung der
"Palästinensischen Autorität" stärkt aber die Islamisten, die einem
Friedensprozess noch nie eine Chance geben wollten. Der Kreis schließt
sich nicht, er dreht sich immer weiter.
Die einzige erfolgversprechende Perspektive liegt noch
immer in einer, z.B. von Jeschajahu Leibowitz oder Uri Avnery seit
Jahrzehnten immer wieder wiederholten, nie ernsthaft umgesetzten Vision.
Es wäre ein Wunder, wenn gerade Scharon die Verhandlungen wieder
aufnehmen würde und die Ergebnisse von Taba Gestalt annehmen könnten und
schließlich die Grenzen von 1967 zu Grenzen einer Nachbarschaft zweier
Staaten, mit einer gemeinsamen Hauptstadt - Iruschalajim / Al Kuds,
würden.
Von David Ben-Gurion, der am 14.Mai 1948 den Staat
Israel ausrief, stammt der Satz: "Wer nicht an Wunder glaubt, der ist
kein Realist!"
david gall / haGalil onLine 09-08-2001 |