Arbeitskreis „Toleranz“
Senftenberg-Spremberg
Tel: 035602-21342
E-mail: christianwe@t-online.de
http://christianwe.bei.t-online.de
PRESSEERKLÄRUNG - „Greifenhainer Gespräche“
(Schirmherrschaft: Almuth Berger, Ausländerbeauftragte des Landes Brandenburg)
Hoffnungszeichen aus
der Lausitz und Brandenburg!
Initiativen für Toleranz und gegen Gewalt im Dialog
am Dienstag, den 31. Juli, um 19:00 Uhr
in der Dorfkirche zu Greifenhain
Zwei Jahre nach den beleidigenden und den Holocaust
verharmlosenden
Aussagen gegenüber israelischen Journalisten im Juli 1999 in Greifenhain
lädt der Arbeitskreis „Toleranz“ und die Evangelische Jugendarbeit im
Kirchenkreis Senftenberg-Spremberg ein zum 7. Greifenhainer Gespräch.
Wir werden wie im letzten Jahr 10 israelische Journalisten zu
Gast haben. Mit Initiativen, Politikern, Bürgermeistern und engagierten Bürgern
wollen wir unter dem Titel "Hoffnungszeichen aus der Lausitz und Brandenburg!
Initiativen für Toleranz und gegen Gewalt im Dialog" am Dienstag, den 31. Juli,
um 19:00 Uhr in der Dorfkirche zu Greifenhain gemeinsam ins Gespräch kommen.
Bei unserer Diskussion geht es um den Notwendigen Austausch
zwischen Politikern, sowie politisch Verantwortlichen und den Initiativen vor
Ort. Die israelischen Journalisten verstehen sich hierbei mehr als Beobachter,
denn als Gesprächspartner. Trotzdem ist es natürlich geplant und wird es möglich
sein, unsere Gäste über das Thema zu befragen. Dabei ist die Sicht von
Außenstehenden interessant und die Frage, wie diese Vorgänge in Israel bewertet
werden. Im Anschluss an die Veranstaltung wird es wie im letzten Jahr möglich
sein mit unseren Gästen auch persönlich ins Gespräch zu kommen.
Wir bedanken uns bei: Internationales Komitee - Journalisten
helfen e.V. für die Mitarbeit und freundliche Unterstützung der Veranstaltung.
Neben unseren Gästen aus Israel konnten wir folgende
Gesprächspartner für unsere Diskussion gewinnen:
- Piraten e.V. Spremberg, Stephan Neidert
- Opferinitiative, Cottbus, hilft Opfern rechter Gewalt
- Chillout, Lauchhammer, Susann Pachtmann, Betreuung
von Asylbewerbern
- Klaus Zacharias, leitender Polizeidirektor,
Polizeipräsidium Cottbus
- EXIT Berlin mit Bernd Wagner (angefragt) und einem
Aussteiger
- Joachim Dönitz, Gerichtspräsident, Richter im
„Gubenprozess“
- „Naziline“ Berlin, Aussteigerprojekt des Regisseurs
Christoph Schlingensief
- Burkhard Schröder, Journalist Berlin (angefragt)
- Rudi Pahnke, Berlin, Deutsch-israelischer
Jugendaustausch
- Eva Nickel, Jüdische Gemeinde Berlin
- Ulrich Freese, MdL, Gewerkschafter
- Prof. Horst Seidel, WEQUA, Lauchhammer
Presseschau:
© Berliner Morgenpost 2000
Dienstag, 29. August 2000
Die überraschende Wandlung des Randy B.
Vor einem Jahr reisten israelische Journalisten durch
Brandenburg. Von Skins in Greifenhain mussten sie sich sagen lassen, dass der
Holocaust eine Lüge sei. Nun besuchten sie den Ort ein zweites Mal und trafen
einen dieser jungen Männer wieder
Von Simone Wendler
Die vergoldete Wetterfahne auf dem Kirchturm von Greifenhain, einem kleinen Ort
südlich von Cottbus, glänzt im Abendlicht. Schräg gegenüber sitzt ein älteres
Ehepaar vor seinem Haus im Garten, neben sich auf der Bank eine Katze.
Dörfliche Abendidylle, wären da nicht die zwei Polizeiautos hinter dem
Spritzenhaus der freiwilligen Feuerwehr, gleich hinter der Kirche.
Dort, im Gotteshaus, diskutierten am Sonntagabend Mitglieder von Initiativen und
Gruppen aus der Region, die sich um Flüchtlinge und Asylbewerber kümmern, über
Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland.
Zu Gast in der Runde sind zehn junge israelische Journalisten, die in diesen
Tagen durch Deutschland reisen, um sich ein Bild zu machen über jenes Land, wo
zur Zeit fast täglich, Ausländer tätlich angegriffen werden. Vor einem Jahr
waren schon einmal junge Israelis in der Greifenhainer Kirche zu Gast.
Jugendpfarrer C H R I S T I A N W E B E R hatte damals einen Gesprächskreis mit
linken und rechten Jugendlichen aufgebaut, die an diesem Abend über die Frage
«Wie braun ist Brandenburg» diskutieren sollten. Für C H R I S T I A N W E B E R
war der Abend vor einem Jahr ein bitteres Erlebnis. Er war schockiert über die
Dreistigkeit und Schamlosigkeit der Skins.
Vor dem Gotteshaus mussten er und die jungen Israelis damals erleben, wie
Rechtsradikale aus der Gegend ihnen gegenüber den Holocaust leugneten. Damals
fielen solche Sätze wie: «Was nehmen sich die Juden überhaupt raus, wo sie doch
den Palästinensern das Land geraubt haben», und über die sechs Millionen
ermordeten Juden sagten sie: «Das hat es nie gegeben. Das geht gar nicht, so
viele Menschen kann man gar nicht verbrennen, das ist alles bewiesen. Das haben
doch die Juden alles selbst erfunden, um hier in Deutschland abzukassieren.»
Ein anderer bekannte sich stolz dazu, Nationalsozialist zu sein und meinte, dass
es für ihn nur eine wählbare Partei gebe - die NSDAP. Er schwadronierte darüber,
dass Deutschland sofort aus Nato und EU austreten und in Europa wieder eine
führende Rolle übernehmen müsse. Den Führungsanspruch begründete er damit, dass
der genetisch bedingt sei. Und während sie dies den israelischen Journalisten
ins Gesicht sagten, ertönte aus dem Autoradio ein Stück aus einer Hitlerrede und
ein paar Takte vom Horst-Wessel-Lied.
Einer von den Skins, Randy B., ist am Sonntagabend wieder nach Greifenhain
gekommen. Er hat sich bei den Israelis für seine Tat entschuldigt, von Angesicht
zu Angesicht, vor allem bei Dana Shenhav. Sie ist die Einzige in der Gruppe, die
auch vor einem Jahr in Greifenhain war. Schwergefallen ist diese Begegnung
beiden.
Randy ist jetzt sechsundzwanzig Jahre alt, trägt sein blondes Haar noch immer
recht kurz, dazu ein schwarzes Shirt und Jeans. Er ist sichtlich verlegen,
unsicher, hält sich in der Kirche im Hintergrund. Um sich bei Dana zu
entschuldigen, ist er am Vormittag sogar nach Berlin gefahren, hat dann mit den
jüdischen Journalisten gemeinsam ein Asylbewerberheim in der Nähe von
Senftenberg besucht. Vor einem Jahr noch ein für ihn unvorstellbarer Vorgang.
Es fällt ihm schwer, zu erklären, warum er sich bei Dana und den anderen jungen
Juden entschuldigt hat. Bücher habe er inzwischen gelesen, erzählt er, über die
Judenvernichtung in Nazi-Deutschland, andere als vorher. «Es sind schon eine
Menge Juden vergast worden», sagt er leise. Er will noch mehr darüber lesen,
sich informieren. Warum das so ist, auch dies kann er kaum erklären. Mit seinen
früheren Freunden habe er kaum noch Kontakt.
Dana Shenhav wollte Randy B. zuerst nicht sehen, dann willigte sie doch ein. «Er
war damals einer der Schlimmsten», erinnert sie sich. Vergessen kann sie das
Geschehen vor einem Jahr nicht. «Ich glaube, er hat noch nicht begriffen, was er
damals eigentlich getan hat», sagt Dana, die Randy gern glauben will, aber auch
Zweifel hat. Dennoch: Er habe sich verändert, stellt sie fest, er sehe anders
aus, habe auch eine andere Ausstrahlung. «Seine Entschuldigung ist ein Anfang
für ihn», sagt Dana, «doch er muss bestimmt noch einen weiten Weg gehen.»
Randy ist froh, dass Dana mit ihm gesprochen, ihm die Hand gegeben hat. Mehr hat
er nicht erwartet. Seit einem Jahr arbeitet der Maler in Bayern. «Da gibt es
viel mehr Ausländer», beschreibt er eine seiner neuen Erfahrungen. «Die sieht
man da auf der Straße.» In manchen Gegenden fühle er sich dort fast fremd, weil
es so viele seien, sagt er, doch schlechte Erfahrungen, nein, die habe er nicht
gemacht, mit den vielen Ausländern in Bayern.
Für die Leugnung des Holocaust vor einem Jahr hatte ihn das Amtsgericht Cottbus
zu neuen Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, doch die sind noch nicht
rechtskräftig. Ebenso wenig wie ein Jahr Haft ohne Bewährung wegen
Landfriedensbruchs, zu dem Randy B. kurz nach dem schockierenden Zwischenfall in
Greifenhain verurteilt worden war. Bei einer Auseinandersetzung mit Linken hatte
er vor zwei Jahren einen Polizisten und sogar dessen Hund tätlich angegriffen,
doch auch gegen dieses Urteil ging er in Berufung. Dass er da zu einer
Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt wurde, hat ihn beeindruckt.
«Ich war doch nicht vorbestraft», sagt er. Nun wartet er auf eine neue
Verhandlung am Landgericht, und er hat Angst, dass er doch vielleicht noch ins
Gefängnis muss. Doch deshalb, so versichert er, habe er sich nicht bei den
Israelis entschuldigt.
Die, so versichert Dana Shenhav, nehmen diesmal aus Greifenhain einen anderen
Eindruck mit, als vor einem Jahr, nicht nur wegen Randy B. Die Diskussion von
verschiedenen Initiativen und Gruppen gegen rechte Gewalt und
Fremdenfeindlichkeit, habe ihnen gezeigt, dass sich doch eine ganze Menge Leute
in Deutschland inzwischen bewusst sind, was sie da für ein Problem haben.
Erstaunt waren sie jedoch, dass die Auseinandersetzung mit der Judenvernichtung
in Deutschland noch immer nicht in jeder Schule ein wichtiger Unterrichtsstoff
ist, dass es Schüler gibt, die ihr Abschlusszeugnis bekommen, ohne sich damit
gründlich auseinandergesetzt zu haben.
Rolf Wischnath, Cottbuser Generalsuperintendent und Vorsitzender des
Brandenburger Aktionsbündnisses gegen Rechtsextremismus, versicherte, dass Ost
und West, sich da nicht viel vorzuwerfen hätten. Auch er habe in dreizehn Jahren
Schulbildung in den alten Bundesländern nicht allzu viel über das Thema
erfahren. Vermutlich wolle man immer noch der Frage nach der eigenen Schuld und
Verantwortung ausweichen.
Den Rechtsradikalen heute hielt er nur eines zugute, auch sie könnten sich
ändern. Vielleicht ist Randy B. ein solcher Fall.
© Berliner Morgenpost 1999
Donnerstag, 08. Juli 1999
Zum Abschied das Horst-Wessel-Lied
Zehn Israelis kamen nach Brandenburg, um zu erfahren, was an den Nachrichten
über Rechtsradikalismus wahr ist. Sie erlebten einen bitteren Abend
Von Simone Wendler
Am Dienstag abend vor der Kirche im brandenburgischen Greifenhain. Linke und
rechte Jugendliche sind zusammengekommen, um mit Israelis über Fremdenhaß zu
diskutieren.
Von Greifenhain sieht man von weitem zuerst die Kirchturmspitze. Während sich
das Dorf selbst noch hinter Bäumen verbirgt, ragt der Turm des Gotteshauses weit
darüber hinaus. An diesem Abend sind in der Dorfkirche ein Dutzend junge
israelische Journalisten zu Gast. Sie wollen mit Jugendlichen aus der Gegend
reden, mit linken, aber ausdrücklich auch mit rechten, über den «braunen Alltag
in Brandenburg», ob es ihn gibt oder nicht. Sie werden ihn an diesem Abend
kennenlernen.
Der ungewöhnliche Gesprächskreis mit Anhängern der rechten und linken Szene auf
dem flachen Land zwischen Cottbus, Spremberg und Senftenberg existiert seit drei
Jahren. Dreh- und Angelpunkt der Runde ist der Jugendpfarrer C H R I S T I A N W
E B E R. Der 33jährige stammt aus Berlin. Mit seinen Schnürschuhen, lässigen
Baumwollhosen und kragenlosen Hemden fällt er in der ländlichen Region auf.
Beide Seiten - rechts wie links - respektieren ihn, obwohl er nie mit seiner
Meinung hinter dem Berg hält. Sein Prinzip - Aufklärung durch Konfrontation mit
dem, was die rechten Jugendlichen eigentlich hassen: Ausländer, Linke, Juden.
In die Kirche von Greifenhain traut sich an diesem Abend zunächst jedoch nur
einer der Rechten : Thomas*. Ein ruhiger Bursche von Anfang Zwanzig mit eher
unauffälligem Äußeren. Der seit eineinhalb Jahren arbeitslose Maler und
NPD-Sympathisant aus einem Nachbardorf versucht rechte Gewalttaten von rechter
Gesinnung zu trennen. Seine «national denkenden Kumpels» in Cottbus seien alle
friedlich, versichert er. Die Schläger, das seien eben Kriminelle, die
eigentlich nicht dazu gehören.
Zwei seiner Freunde aus einer rechten Clique aus dem benachbarten Neupetershain
leisten ihm kurz in der Diskussionsrunde Gesellschaft, sagen jedoch kein Wort
und nutzen die erst beste Gelegenheit, sich schnell wieder nach draußen zu
schleichen. In der Kirche reden an diesem Abend andere Jugendliche über den
braunen Alltag in der Niederlausitz. Stefan aus Spremberg erzählt von linken
Jugendlichen, denen vor dem Schultor von Rechten aufgelauert wird. Er selbst so
versichert er, sei schon am hellichten Tag mit einer Eisenkette gewürgt worden.
Andere Schüler seien von Lehrern nach Hause gefahren worden, aus
Sicherheitsgründen. Zwischenfälle, die nie öffentlich gemacht wurden. «Bei uns
auf dem Gymnasium gibt es viel versteckten Rechtsradikalismus», fügt David aus
Klettwitz hinzu, «da sehen manche ganz normal aus und grüßen sich dann mit 88
auf dem Schulhof.» Die Zahl ist bei Rechten ein Synonym für die Buchstaben HH -
«Heil Hitler».
Auch aus Guben, der Stadt in der im Februar ein algerischer Asylbewerber in den
Tod gehetzt wurde, wissen die linken Jugendlichen wenig Gutes zu erzählen. «Die
Rechten sagen in Guben, wir sind hier die Polizei», versichert einer, «die
fahren da nachts richtig Streife, das ist organisiert.»
Die jungen Israelis hören aufmerksam und geduldig zu, alles muß erst ins
Englische übersetzt werden. Irgendwann fragt dann einer der jüdischen
Journalisten, ob so etwas wie der Holocaust in Deutschland wieder möglich wäre.
Ein paar Jugendliche sagen zögernd ja, niemand widerspricht ihnen, auch nicht
die wenigen älteren Leute, die in den Kirchenbänken sitzen. Einen Moment
herrscht betretene Stille.
Auf der Wiese vor der Kirche haben sich derweil die Ultrarechten aus der Gegend
versammelt. Aus einem offenen Kofferraum wird Flaschenbier gereicht. Abwartend
steht das halbe Dutzend Kahlgeschorener da, einer hält mühsam seinen Dobermann
an der Kette zurück, und dann kommt es doch noch zu dem Gespräch, das in der
Kirche nicht stattfand: Rechtsradikale und Juden stehen sich gegenüber,
Jugendpfarrer C H R I S T I A N W E B E R in der Mitte übersetzt. Ronny, einer
der Kleinsten in der Gruppe, dessen Frisur deutlich an Adolf Hitler erinnert,
versucht sich besonders provokant hervorzutun. «Was nehmen sich die Juden
überhaupt raus, wo sie doch den Palästinensern das Land geraubt haben», pöbelt
er die Israelis an. Andy, einen Kopf größer, legt nach: Wenn ich an das
Holocaust-Mahnmal in Berlin denke, da kann ich doch nur lachen. Den
Palästinensern müßte man ein Denkmal setzen.»
Andy ist verheiratet, hat zwei Kinder und arbeitet auf dem Bau. Der Frage der
Israelis, vor wem sie denn eigentlich so viel Angst hätten, wer ihnen ihrer
Meinung nach ihr Land wegnehmen wolle, weichen die jungen Männer aus. Was sie
über die sechs Millionen umgebrachten Juden denken, sagen sie hingegen deutlich.
«Das hat es nie gegeben», eifert Andy, «das geht gar nicht, so viele Menschen
kann man gar nicht verbrennen, das ist alles bewiesen.» Sein Freund Ronny
ergänzt: «Das haben doch die Juden alles selbst erfunden, um hier in Deutschland
abzukassieren.»
Als Joshe, einer der Israelis, gefaßt erwidert, sein Großvater sei aber im
Konzentrationslager umgebracht worden und andere ihre Familienmitglieder
aufzählen, die in Nazideutschland getötet wurden, ernten sie von den jungen
Männern nur höhnisches Grinsen und eine abweisende Geste mit der halbvollen
Bierflasche. Pfarrer C H R I S T I A N W E B E R steht immer noch, um
Beherrschung bemüht, in der Mitte und übersetzt. «Vielleicht kommen sie ja aus
schwierigen Verhältnissen», hält Shira aus Tel Aviv den Rechtsradikalen zugute,
bevor sie mit ihren Landsleuten wieder ins Auto steigt und abreist. Schockiert
ist sie schon, doch nicht völlig überrascht von dem, was sie hier zu hören
bekam. «Wir haben gewußt», sagt sie ruhig, «daß es Leute gibt in Deutschland,
die so denken.»
Pfarrer C H R I S T I A N W E B E R ist schockiert über die Dreistigkeit und
Schamlosigkeit der Skinheads. «Wie kann man Juden so etwas ins Gesicht sagen.»
Er schüttelt fassungslos den Kopf.
Noch während die Israelis abreisen, lassen die jungen Rechten Nazi-Rock aus
einem ihrer Autoradios dröhnen, dann ein Stück einer Hitlerrede und ein paar
Takte vom Horst-Wessel-Lied. Dazu gibt es weiter kräftig Flaschenbier aus dem
Kofferraum. Jugendpfarrer C H R I S T I A N W E B E R wird noch bis tief in die
Nacht auf der Wiese stehen und mit ihnen diskutieren. Illusionen über die
Wirkung solcher Diskussionen hat er sich nie gemacht. Er glaubt nicht, auch nur
einen der Rechten von seinem Denken kurzfristig abzubringen. Durch die Gespräche
werde aber manches öffentlich, was sonst verdrängt würde.
Andy, der Familienvater mit Tarnhose und kahlem Kopf, bekennt derweil stolz auf
der Kirchenwiese: «Ich bin Nationalsozialist.» Für ihn gebe es nur eine wählbare
Partei - die NSDAP. Deutschland müsse sofort aus Nato und EU austreten,
schwadroniert er und endlich wieder eine entscheidende Rolle spielen in Europa.
Die Frage nach dem Grund für diesen Führungsanspruch beantwortet er knapp: «Das
ist genetisch bedingt.»
Maik, mit 16 der jüngste in der Runde, kann dem selbsternannten
Deutschlandretter nicht länger zuhören. Er muß nach Hause, seine Eltern sind da
streng. Mit wem er so unterwegs ist, interessiert sie scheinbar weniger als die
Pünktlichkeit. Warum er zu der rechten Truppe gehört, ist für ihn ganz einfach:
«Ich will Spaß haben, mit Kumpels abhängen und saufen - sonst nichts.»
(* Namen zum Teil geändert.)
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