Zum palästinensischen
Medienterror
Seit dem Beginn der gewalttätigen Unruhen herrscht in Israel das
Gefühl, dass die Berichterstattung über Israel unfair ist. Der
Frust wuchs vor allem gegenüber den ausländischen
Fernsehstationen. Besonders eine übertraf sich selbst, als sie
zwei Journalistinnen, palästinensischer und libanesischer
Herkunft, nach Ramallah und Gaza schickte. Von dort aus traten
sie als Sprecherinnen der Palästinensischen Behörde (PB) auf und
nicht als objektive Nachrichtenquellen.
Das Problem war jedoch
weitaus ernster und betraf das Verhältnis der PB zu den
ausländischen Journalisten und die Schweigespirale über dieses
Thema. Sie ergab sich aus dem Wunsch der ausländischen
Journalisten, die Ereignisse ausschließlich aus der
palästinensischen Sicht zu berichten.
Ein erster Riss in der
Mauer des Schweigens wurde sichtbar in der Reportage von Jean
Pierre Martin, dem Reporter des belgischen Fernsehsenders
RTL-TVI, der den Zuschauern am 4. Oktober 2000 erklärte, warum
sie die von ihm gemachten Photos in der Reportage nicht sehen
könnten. „Wir wurden mit Gewalt zur palästinensischen
Polizeistation gebracht, dort stellten wir uns vor, woraufhin
wir gezwungen wurden, die bei ihnen unbeliebten Photos zu
vernichten.“
Auf eine Anfrage hin, die
der Korrespondent bei seinen Kollegen im American Colony Hotel
machte, stellte sich heraus, dass auch sie ein ähnliches
Erlebnis über sich ergehen lassen mußten, aber vorzogen, darüber
nichts zu berichten...
Einige Tage später beging
der palästinensische Mob in Ramallah an zwei israelischen
Soldaten einen furchtbaren Lynchmord. Sie waren von einer
palästinensischen Polizeistation in Schutzhaft genommen wurden.
Währenddessen standen vor dem Gebäude einige ausländische
Fernsehteams, die das Geschehen dokumentierten. Palästinenser,
die die Tragweite ihres Imageverlustes begriffen, hatten die
Fernsehberichterstatter angegriffen, deren Kameras demoliert und
die Filme konfisziert. Ein polnischer Korrespondent des
staatlichen Fernsehens hat von diesem Geschehen berichtet. Ein
italienisches Team des Privatfernsehens im Besitz von Berlusconi
ist es gelungen, aus dem Ort mit dem gedrehten Film zu
entkommen. Die Chefredaktion erkannte sofort den
Nachrichtengehalt einer solchen Dokumentation und hat die
schlimmen Bilder vom Lynch weltweit in den Medien verbreitet.
Am 16. Oktober 2000 wurde
in der palästinensischen Zeitung: „Al Chayat al-Dschadida“ der
Brief von Ricardo Christiano, Vertreter des staatlichen
italienischen Fernsehens RAI, an seine palästinensischen Brüder
veröffentlicht. Darin erklärte er, dass er sich an die Regeln
halte, die die PB den Presseleuten vorschreibt. Er betonte, daß
er nichts unternehmen würde, was ein schlechtes Licht auf die
Palästinenser werfen könnte.
Dieser Brief ist
besonders schwerwiegend, da zum ersten Mal ein ausländischer
Journalist zugab, daß er sich zur PB anders als zur israelischen
Seite verhält. Dieses Bekennnis ist unvereinbar mit den
ethischen Grundsätzen journalistischer Arbeit.
Bedrohungen von
ausländischen Journalisten gehören leider zur Tagesordnung. So
war es auch mit dem Journalisten von USA Today Mathew Kelman in
Folge eines Berichts, den er Anfang Dezember sendete. Darin
erwähnte er den Protest einer Frauenorganisation aus der Stadt
Tulkarem gegen die Führung der PB aufgrund des zynischen
Missbrauchs palästinensischer Kinder, um politische Zwecke zu
erreichen. Wegen der Bedrohung mußte Kelman seinen Aktionsradius
in der PB wesentlich einschränken. Bedrohungen galten auch
anderen ausländischen Journalisten, die es aber nicht zugeben
wollten, da sie weiter in der Westbank und dem Gazastreifen
arbeiten wollten.
Die nächste Phase waren
Morddrohungen gegenüber israelischen Journalisten. Im Januar
2001 drohte ein Flugblatt der Fatah-Führung in Bethlehem, jeden
israelischen Journalisten, der die Stadt betritt, zu ermorden.
Der Anlaß zu solchen Drohungen war ein Bericht des israelischen
Militärsenders über einen hochrangigen Fatah-Führer in
Bethlehem, der der Korruption bezichtigt wurde. Weitere
Bedrohungen folgten im März 2001 im Anschluß an den Bericht
eines Korrespondenten des israelischen Fernsehens, Raid Daher,
der es wagte, über ein Geheimtreffen zwischen dem Leiter des
israelischen Sicherheitsdienstes, dem Leiter der
palästinensischen Abwehr Dschibril Radschub und einem der
Fatah-Führer der Westbank Marwan Bargouti zu berichten.
Im Ergebnis solcher
Bedrohungen wagen weitere israelische Journalisten aus Angst um
ihr Leben nicht mehr, die palästinensischen Gebiete zu betreten.
Seitdem beherrschen palästinensische Journalisten, auch wenn sie
für ausländische Medien arbeiten, das Monopol der
Berichterstattung über die Unruhen.
Bedauerlicherweise wird
über die Bedrohungen von Journalisten kaum in den
internationalen Medien berichtet. Es ist nicht von der Hand zu
weisen, dass die Berichterstattung über die Unruhen mit
zweierlei Maßstab gemessen wird. Dagegen führte jede zufällige
Verletzung von palästinensischen Journalisten zu besonders
heftigen Medienreaktionen.
Ende März 2001 schloss
die PB unter Bedrohungen und Polizeigewalt die Büros der
katarischen Fernsehstation: „Al Dschazira“. Der Grund für die
Schließung war ein Werbespot, worin Arafats Kopf mit ein Paar
Schuhen abgebildet ist. Muhmad Dachlan machte dem
Korrespondenten von AP deutlich, dass „Al-Dschazira nicht die
Regeln achtet, die wir den Journalisten in den palästinensischen
Gebieten vorschreiben“. Auch die arabischen Journalisten sind
verpflichtet, linientreu mit der PB zu bleiben.
Abstrus war die von der
extremen islamischen Terrororganisation Hamas inszenierte
Pressekonferenz am 6. Mai 2001 zu Ehren der 140 Journalisten,
ausländische und palästinensische, die aus dem Gaza-Streifen
berichteten. Allein ihre Teilnahme an dieser Pressekonferenz
demonstriert die Legitimation des Hamas-Terror gegen Israel.
Diese Legitimation wird von Journalisten erteilt, die über die
Unruhen eigentlich objektiv berichten sollten.
Bei dieser
Pressekonferenz dankte Faid Abu Schamla, ein BBC-Korrespondent,
der Hamas für die Veranstaltung, die im Namen der beiwohnenden
Journalisten, „die den Feldzug Schulter an Schulter mit dem
palästinensischen Volk führen“. Die Hamas hat diese Nachricht
später auf ihrer Homepage gestrichen. Der BBC weigerte sich,
diese Aussage in offizieller Form zu dementieren, da befürchtet
wurde, dass seine Reporter innerhalb des Territoriums der PB
nicht weiterarbeiten dürften.
Mögen die Aussagen nun
stimmen oder nicht, der Grundtenor der Aussagen hat eine
Bestätigung bekommen. In dem Artikel von Monir Abu Risak in der
Zeitung: „Al Chayat al Dschadida“ (24. Mai 2001) werden die
Erfolge der palästinensischen Öffentlichkeitsarbeit gelobt und
den verbesserten Qualifikationen der lokalen palästinensischen
Journalisten zugeschrieben. Diese arbeiten natürlich für die
ausländischen Fernsehsender und Nachrichtenagenturen, die
dadurch zu den Bemühungen der palästinensischen
Öffentlichkeitsarbeit beitragen.
Der bisherige Höhepunkt
in dem verwerflichen Muster der Beziehungen zwischen den
Palästinensern und den ausländischen Medien ereignete sich am
29. Mai 2001, als zwei Journalisten, ein Amerikaner und ein
Brite, von der Wochenzeitung: „Newsweek“ in der Stadt Rafah
durch Fatah-Falken entführt wurden. In ihrer Bekanntgabe an die
Medien schrieben die Fatah-Falken wie folgt: „Diese Entführung
ist eine Botschaft an die britische und amerikanische Regierung,
ihre Politik zu überdenken. Dabei sollten sie wahrnehmen, dass
ihre Staatsbürger in Palästina und in den arabischen Ländern
Entführungen und Tötungen ausgesetzt seien, sollten ihre
Regierungen weiterhin die blutrünstige Sharon-Regierung ihre
volle Unterstützung gewähren.“
Die Medien haben über
diese Entführung kaum berichtet. Es scheint, dass die
Schweigespirale sich weiterdreht.
Presse- und
Informationsabteilung der
Botschaft des Staates Israel in der Bundesrepublik Deutschland
Jerusalem, 4.
Juni 2001 / haGalil onLine
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