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Wir, Schieders Enkel
Reflexionen anläßlich des Buchs von Ingo Haar über die Historiker im Nationalsozialismus

Von Karl Heinz Roth

Junge Welt, 22.01.2001

Unterwegs

Ferien - Fitness - Wellness
Wer geht heute noch gern in große Vorlesungen - und dann auch noch in einem fremden Fach? Vor 34 Jahren war es durchaus noch üblich, sich in den Hörsälen anderer Fakultäten herumzutreiben. Dennoch hatte ich triftige Gründe, als ich mir damals ein paarmal eine Vorlesung Theodor Schieders anhörte. 

Ich war Medizinstudent und Mitglied der Kölner Hochschulgruppe des Sozialistischen Studentenbunds (SDS). Ein paar Genossinnen und Genossen studierten Geschichte. Wenn es Zeit war, die Hausarbeit für die Lehramtsprüfung zu schreiben oder die Dissertation, das erste Nadelöhr der akademischen Karriere, in Angriff zu nehmen, dann gingen sie zu Schieder. "Keiner ist so tolerant und offen für unsere Themen wie Schieder", sagten sie, "allerdings verlangt er viel." Nachdem ich ihn ein paarmal gehört hatte, konnte ich mir aus dieser Begeisterung für Schieder keinen rechten Reim machen. Die Vorlesung war langweilig, irgend ein Typenproblem der vergleichenden Nationalstaatsgeschichte. Auch pflegte Schieder seinen Vorträgen ein merkwürdiges Ritual vorausgehen zu lassen: Er betrat den Hörsaal als Anführer eines Gänsemarschs. Hinter ihm kam sein Erster Assistent Hans-Ulrich Wehler, dann ein Hilfsassistent, und schließlich eine Sekretärin oder Schreibkraft. Angesichts dieser streng festgelegten Hackfolge waren mir die hemdsärmelig-amerikanischen Methoden meiner Medizinerausbildung doch lieber. Mit dem Zweitstudium der Geschichte begann ich erst viel später, und auch nicht in Köln. Trotzdem bin ich noch ein Schieder-Enkel geworden, denn ich habe bei Hans-Josef Steinberg, einem Schüler Schieders, promoviert.

Um Theodor Schieder und die von ihm repräsentierte deutsche Historikergeneration ist es inzwischen schlecht bestellt. Über ihre wissenschaftliche und persönliche Integrität wird erbittert gestritten, und zwar seit dem Frankfurter Historikertag vom September 1998 in aller Öffentlichkeit. Zusammen mit Hans Rothfels und Werner Conze war Schieder bis Ende der sechziger Jahre Galions- und Integrationsfigur der westdeutschen Geschichtswissenschaft.

Ausgerechnet diese Troika hatte seit Beginn der dreißiger Jahre an der Grenzlanduniversität Königsberg die prekär gewordene deutsche Machtstaatsgeschichte durch die Einbeziehung des Volkstumskampfs in den historischen Diskurs wieder flott gemacht und der aggressiven Bevölkerungs- und Umsiedlungspolitik der Nazis vorgearbeitet. Als ob nichts gewesen wäre, saß sie seit den fünfziger Jahren an den Schalthebeln der bundesdeutschen Geschichtspolitik, betrieb eine gemäßigt konservative Geschichtstypologie und hielt sich aus allen Affären heraus, aus deren Anlaß - wie beispielsweise der Fischer- Kontroverse - die Leichen im Keller ins Rampenlicht hätten gezogen werden können. Ansonsten kümmerte sie sich intensiv um die Karrieren ihrer Assistenten. Wenn man vom Sonderfall der Hamburger Fischer-Schule absieht, sind die tonangebenden bundesdeutschen Historiker der siebziger und achtziger Jahre aus den Historischen Seminaren von Schieder, Rothfels und Conze hervorgegangen. Als Exponenten einer sozialliberal gefärbten Zeitgeschichtsforschung und der Historischen Sozialwissenschaft prägten sie die damalige Forschungslandschaft. Ihre geschichtspolitische Deutungsmacht war unumstritten. Während diese Söhne nun ihrerseits von den Lehrstühlen abtreten, werden sie von der noch nicht saturierten Gruppe der Enkel recht nachdrücklich gefragt, warum sie seinerzeit mit ihren in den NS-Völkermord verstrickt gewesenen Vätern so generös umgingen. Das ist kein guter Abgang, und der Streit um Schieder, Conze und Co. macht immer deutlicher die Subtexte eines bislang vertuschten Generationenkonflikts unter den bundesdeutschen Historikerinnen und Historikern sichtbar.

Die Stunde der Urenkel

Wenn Historiker miteinander über die Vergangenheit ihres eigenen Fachs polemisieren, lassen sie nicht selten die handwerkliche Sorgfalt und den abwägenden Habitus vermissen, der für die geschichtswissenschaftliche Analyse sonst selbstverständlich ist. Diese Beobachtung gilt für die Kritiker und Kritisierten gleichermaßen, und auch der gegenwärtige Disput zwischen den Söhnen und Enkeln der Volkstumshistoriker macht da keine Ausnahme. Die Kritiker neigen zu methodisch fragwürdigen Zitatcollagen und vorschnellen Verallgemeinerungen, und die Angegriffenen machen sich mit Ausflüchten und Erklärungsversuchen, wie sie sie in ihren Oberseminaren im Kontext anderer historischer Fragestellungen niemals hatten durchgehen lassen, unglaubwürdig.

Deshalb schlägt jetzt die Stunde der Urenkel. Während sich die Alterskohorten der Söhne (60 bis 70 Jahre) und der Enkel (von den Endvierzigern an aufwärts) zanken, können die Doktoranden von heute Punkte sammeln, indem sie den Streitfall in aller Ruhe nach den Regeln der kritischen historischen Analyse bearbeiten. Sie haben in den letzten drei Jahren erstaunliche Arbeitsergebnisse vorgelegt und unser Wissen über die Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften und ihre Publikationsstellen, die Landesstellen für Nachkriegsgeschichte, die Kriegs- und Nachkriegskarrieren der SS-Historiker, die Ost-, West- und Südostforschung sowie den Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften erheblich verbreitert. Nur selten ist eine Etappe der Historie derart schnell und umfassend untersucht worden wie die Volkstumsgeschichtsschreibung des Dritten Reichs.

In diesem Kontext nimmt die gerade bei Vandenhoeck & Ruprecht erschienene Studie von Ingo Haar eine Sonderstellung ein. Im Zentrum ihrer Analyse steht der Aufstieg der Königsberger Troika und ihres Umfelds im Rahmen der historischen Ostforschung. Damit leistet Haar einen entscheidenden Beitrag zur Klärung der derzeit so heftig umstrittenen Frage, was die Conze- und Schieder-Generation zu Beginn ihrer akademischen Karrieren veranlaßte, die Historie in eine kämpfende Wissenschaft zu verwandeln und ausgerechnet der mörderischen Bevölkerungspolitik der NS- Diktatur zuzuarbeiten. Bei seinen ausgedehnten Archivrecherchen förderte Haar Tatsachen zutage, die unser bislang sehr fragmentarisches Wissen erheblich erweitern.

Sein Buch ist jedoch weitaus mehr als ein Steinbruch. Haar hat den Weg seiner Erkenntnisproduktion genau durchdacht und durch die Verschränkung von Quellenevidenz und Methodik im Hinblick auf die Erforschung der Paradigmen und Aktivitäten der nazistischen Volkstumshistoriker neue Maßstäbe gesetzt. Er löst endlich ein, was für eine umfassende und ausgewogene Beurteilung des Problems entscheidend ist: Er verortet die Königsberger Seilschaft mitsamt ihrem Umfeld im wechselhaften Spannungsfeld von Wissenschaft und politischer Macht und analysiert ihre wichtigsten Entwicklungsetappen. Erst in diesem Kontext können die einzelnen Historikerbiographien handlungs- wie prozeßgeschichtlich rekonstruiert und kritisch hinterfragt werden.

Die Lektüre ist aufregend. Aus Platzgründen kann ich nur einige Erkenntnisse hervorheben, die in der bisherigen Forschung kaum thematisiert oder umstritten waren. Als Teil der völkisch-intellektuellen Nachkriegsgeneration sozialisierte sich die Königsberger Historikergruppe in akademischen Männerbünden, die eng mit den Untergrund- und Propagandaorganisationen der Konservativen Revolution liiert waren (Deutsch-Akademische Gildenschaft, S. 71 ff.). Ihre volkswissenschaftlichen Paradigmen entnahm sie einer Theorieproduktion, die völkisch-faschistische Vordenker einer restaurierten deutschen Vorherrschaft über Mitteleuropa seit Beginn der zwanziger Jahre in Gang hielten - und dabei nicht selten gegen die gemäßigte Revisionsstrategie ihrer behördlichen Auftraggeber Front machten ( S. 25 ff., 37 ff. 50 ff.). Ihre Hinwendung zur Ostforschung hing mit der Entscheidung der agrarischen Eliten und der Präsidialkabinette zusammen, den Kampf gegen Versailles in ein Programm zur Gewinnung von Lebensraum im Osten einzubinden, und infolgedessen agierten die jungkonservativen Historiker beim Übergang von Papen zu Hitler als elitär-akademische Variante der nationalen Erhebung (S. 87 ff.). 1934 schlug schließlich ihre große Stunde, als Albert Brackmann und Hermann Aubin, die Hauptakteure der Selbstgleichschaltung der deutschen Geschichtswissenschaft, die Königsberger Nachwuchshistoriker in das Netzwerk einer kämpfenden Geschichtswissenschaft einspannten. Aus diesem Arrangement der Großforschung zogen alle Beteiligten große Vorteile. Im Geflecht der Nord- und Ostdeutschen Forschungsgemeinschaft, der Publikationsstelle Dahlem und der Landesstellen für Nachkriegsgeschichte waren die preußischen Nachwuchshistoriker an der Operationalisierung des Volkstumsbegriffs genauso beteiligt wie an ersten Feldforschungen in den polnischen Westprovinzen und den baltischen Staaten, in denen sie Verfahren der bevölkerungsstatistischen Erfassung mit agrarpolitischen Neuordnungsmodellen kombinierten und in ihre Habilitationsschriften einbrachten (S. 225 ff., 251 ff.). Das Resultat war eine stufenweise vollzogene Integration der Nachwuchshistoriker in die volkstumspolitische Praxis der NS- Diktatur, so daß sie 1937 bei der institutionellen Indienstnahme für die bevorstehenden Grenzrevisionen geräuschlos übernommen und auf feste Planstellen gesetzt werden konnten.

Die Folgen waren absehbar, und Ingo Haar hat den sich seit dem Münchener Abkommen und insbesondere dem Überfall auf Polen intensivierenden Beitrag der Volkstumshistoriker zu den ost- und südosteuropäischen Bevölkerungsverschiebungen detailliert nachgezeichnet. Schon seit 1936/37 waren die jüdischen und zigeunerischen Bevölkerungsgruppen als nicht bodenständige Rassen aus den Bevölkerungsplanungen herausgenommen und für die Deportation zur Disposition gestellt. Ende September 1939 übergab die Publikationsstelle Dahlem dem SD-Hauptamt, dem Auswärtigen Amt und dem Oberkommando der Wehrmacht eine Aufstellung über die Zahl der Bevölkerung mosaischen Bekenntnisses in Polen (S. 323). Im Dezember 1939 nahm Theodor Schieder an den Archivraubzügen des Sicherheitsdiensts der SS teil, bei denen unter anderem die Matrikel und Mitgliederverzeichnisse der Synagogen konfisziert wurden (S. 342 f.). Im November 1941 vereinnahmte die Publikationsstelle Dahlem die inzwischen erarbeitete Deutsche Volksliste und avancierte zur zentralen Auskunftsbehörde in allen Fragen der individuellen Sortierung für die Ziele der ethnischen Flurbereinigung in Ost- und Südosteuropa (S. 350). Währenddessen erfaßten die Landesstellen für Nachkriegsgeschichte die volksfremden Minderheiten der annektierten Gebiete, wobei sie mit den Sortierungs- und Siebungsstäben der SS eng zusammenarbeiteten. Im März 1942 bedankte sich der ostpreußische Gauleiter Erich Koch bei Schieder für die selbstlose und erfolgreiche Tätigkeit seiner Landesstelle, da nur mit seiner Hilfe die Neugestaltung des Regierungsbezirks Bialystok so rasch umgesetzt werden konnte (S. 358). Ein paar Monate später erhielt Schieder den Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Geschichte am Historischen Seminar der Universität Königsberg.

Selbstgerechter Habitus

Haars Befunde sind eindeutig. Zu Beginn ihrer akademischen Karrieren hatten die späteren Galionsfiguren der bundesdeutschen Geschichtswissenschaft mit Forschungshypothesen gearbeitet, deren Denkfiguren den Aussonderungs- und Neuordnungsvisionen der nazistischen Volkstumspolitik angehörten. Indem sie die daraus hervorgegangenen handwerklichen Instrumente den Institutionen des NS-Völkermords zur Verfügung stellten, hatten sie zu einer beispiellosen Regression des wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritts beigetragen. Selbst auf der handwerklichen Ebene hatten sie elementare Grundsätze außer Kraft gesetzt und waren vor der Fälschung von Bevölkerungskatastern und Kartenwerken nicht zurückgeschreckt, wofür die Fernhaltung konkurrierender wissenschaftlicher Ansätze von den Archivquellen, Kolloquien und Publikationsmöglichkeiten die selbstverständliche Voraussetzung darstellte.

Für dieses niederschmetternde Fazit liefert Haars Buch Beleg um Beleg. Die Zusammenfassung wird diesem Ergebnis jedoch nicht vollständig gerecht (S. 363-375). In ihr finden sich auch Feststellungen, die mit den Fragestellungen des Buchs nichts zu tun haben, so etwa die Behauptung, die Historische Sozialwissenschaft der siebziger Jahre hätte an den Forschungsprojekten der von den Nazis in die Emigration getriebenen demokratischen Historiker (Eckart Kehr, Georg Hallgarten, Hedwig Hintze und Hans Rosenberg) wieder angeknüpft. Das ist nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte der Historischen Sozialwissenschaft verdankt sich den Typenlehren, die sich Conze und Schieder in einem mehrjährigen Transformationsprozeß vom radikal- imperialistischen Volkstum zur gemäßigt-imperialistischen Machtstaatsrationalität Max Webers angeeignet hatten. Diese geräuschlose Paradigmenverschiebung war von entscheidender Bedeutung, denn erst jetzt konnte das in den dreißiger Jahren erlernte wissenschaftliche Handwerk mit den neuen Geltungsansprüchen des bundesrepublikanischen politischen Systems verknüpft werden.

Damit wären wir wieder beim Ausgangspunkt unserer Überlegungen angelangt. Ingo Haar gehört einer nachgewachsenen Historikergeneration an, die erfolgreich begonnen hat, die von uns Enkeln seit längerem geforderte Ausleuchtung der Abgründe, die sich hinter den Gründervätern der BRD-Historie auftun, zu bewerkstelligen. Dabei sollten wir sie auch weiterhin unterstützen und darauf achten, daß sie sich, da ihnen ja noch das zweite Nadelöhr der akademischen Karriere, die heiß ersehnte Habilitation, bevorsteht, nicht zu sehr verbiegen müssen.

Im Clinch mit den jetzt von den Lehrstühlen abtretenden Söhnen sollten wir uns dagegen zurücknehmen und den manchmal allzu selbstgerechten moralischen Habitus im Umgang mit Wehler, Kocka, Schieder junior und den Mommsens mäßigen. Dafür sprechen triftige Gründe.

Erstens. Die kritische Geschichtswissenschaft ist weder eine Hilfswissenschaft für Staatsanwälte noch eine kämpfende Wissenschaft im Dienst einer selbsternannten wie fragwürdigen political correctness. Selbst in dem hier zur Diskussion stehenden Extremfall kann es inzwischen nur noch um kritische Analyse gehen, nicht aber um moralische Verdikte, weil nämlich die mentalen, fachimmanenten und institutionellen Barrieren einer uneingeschränkten Aufarbeitung weggeräumt und damit die Legitimationsgrundlagen für die bisherige Konfrontationsstrategie entfallen sind.

Zweitens. Wir sollten uns daran erinnern, daß wir den derzeitigen Konflikt mit dem Bündnis der Lehrer und Schüler schon einmal durchlebt haben, nämlich vor etwas mehr als 30 Jahren, und darauf bedacht sein, daß unsere eigene Geschichte nicht zur Farce wird. Denn in den Jahren 1967 bis 1970 waren die Fronten offener. Zwar hielt sich Schieder weiterhin bedeckt und war linken wie rechten historischen Fragestellungen gleichermaßen zugänglich, wenn sie nur einigermaßen durchdacht waren. Conze regierte dagegen zu dieser Zeit als Heidelberger Rektor mit eiserner Faust gegen die new left im allgemeinen und ihre historiographischen Bestrebungen im besonderen, und bekam dafür von meinen SDS-Genossen zu recht eine preußische Pickelhaube übergestülpt. Es war aber nicht die Schuld Conzes oder Schieders, daß die kaum begonnene Konfrontation mit ihrer NS-Vergangenheit wieder abebbte, und daß sich ihre Assistenten wieder aus den universitär-sicherheitspolizeilichen Krisenstäben zurückziehen konnten, in denen sie ihre verehrten ordinarialen Karriereförderer gegen uns verteidigten: Wir waren es selber, die 1970 das Terrain wechselten und den Hochschulen den Rücken kehrten.

Imperiale Machtstaatshistorie

Drittens und letztens sollten wir einmal darüber nachdenken, was unsere Attacken gegen die ungeliebten Honoratioren der Historischen Sozialwissenschaft im Ensemble der derzeitigen Geschichtspolitik eigentlich bewirken. Schon nach einem kurzen orientierenden Rundblick müssen wir feststellen, daß wir keineswegs die einzigen sind, die gegenwärtig mit den Errungenschaften wie Defiziten der einstmals so machtbewußten Bielefelder kurzen Prozeß machen. Eine neudeutsch-imperiale Machtstaatshistorie feiert Urständ und nistet sich unter der Regie der Herren Lothar Gall, Klaus Hildebrand, Horst Möller und Hans-Peter Schwarz in den Deutschen Historischen Instituten ein, die seit einiger Zeit weltweit wie Pilze aus dem Boden schießen. Ihr gesellt sich inzwischen eine schicke neue Volkstumsgeschichte zur Seite, die sich, da vor allem von der SPD/Grünen Regierung gefördert, hinter so humanitär klingenden Institutionen und Programmen wie Europäisches Zentrum für Minderheitenfragen oder Europäische Sprachencharta versteckt hält. Nur hin und wieder treiben die Wortführer dieser zur Zeit noch getrennt marschierenden neudeutschen Geschichtspolitik die Sau in aller Offenheit durchs Dorf und proklamieren gemeinsam ein neues Volksgruppenrecht. Wer nicht weiß, was damit gemeint ist, kann das jetzt in aller Ausführlichkeit bei Ingo Haar nachlesen (S. 309 f.).

Mit diesen Trends haben die abtretenden Conze-, Schieder- und Rothfels-Schüler aber nichts mehr zu tun, und sie haben sich auch nicht an ihrer Hervorbringung beteiligt. Deshalb sollten wir ihren wohlverdienten Ruhestand nicht länger stören und das Terrain wechseln. Die neuen Machtstaats- und Minderheitenhistoriker wundern sich ohnehin schon seit längerem darüber, daß und warum sie so ungestört im Trüben fischen können.

Ingo Haar: Historiker im Nationalsozialismus. Die deutsche Geschichtswissenschaft und der "Volkstumskampf" im Osten
(Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, Hg. Helmut Berding/Jürgen Kocka/Peter Ullmann/Hans-Ulrich Wehler, Bd. 143), Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2000

Karl Heinz Roth ist Arzt und Historiker, Mitbegründer der Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts und Redaktionsmitglied der Zeitschrift 1999. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Weltwirtschaftskrise, der Nazidiktatur und des Kalten Krieges.

haGalil onLine 22-12-2000

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