Ariel Scharons Kabinett wird heute vereidigt.
Damit geht nicht nur die größte
Regierungsmannschaft in der Geschichte Israels
in die Startlöcher, sondern sicherlich auch die
am buntesten gemischte.
Die 26 Minister und 12 stellvertretenden
Minister passen gar nicht an den
Regierungstisch, Scharon ließ ihn für die erste
Sitzung vergrößern. Die Koalition besteht aus
sieben Parteien: Likud, Arbeitspartei, ShaS,
Nationale Einheit, Israel beAlijah, Eine Nation
und der Neue Weg. Scharon verfügt damit über
eine komfortable Mehrheit von 73 der 120 Stimmen
in der Knesseth.
Trotzdem ist Scharons Koalition kein stabiles
Gebilde. Vor allem die Forderungen der
ShaS-Partei könnte bereits im Vorfeld zu
Konflikten führen. Scharon könnte in arge
Bedrängnis kommen, wenn ShaS aus der Koalition
ausscheren will.
Er wird dann dieselben Probleme wie sein
Vorgänger Ehud Barak zu lösen haben.
Am heutigen Nachmittag wird Scharon sein
Kabinett in der Knesseth präsentieren. Nachdem
Scharon selbst, der scheidende Premierminister
Ehud Barak, sowie Vertreter aller Parteien zu
Wort gekommen sind, wird über die neue Regierung
abgestimmt. Im Anschluß daran werden der neue
Premier und seine Minister vereidigt, gesetzt
den Fall, sie können die Mehrheit der Stimmen
erlangen.
Das Kabinett, das Scharon zusammenstellen
konnte, setzt sich aus den unterschiedlichsten
Personen zusammen. Neben dem
ultra-orthodoxen Innenminister Eli Jischai von
der ShaS gehört auch der rechtsextreme Avigdor
Lieberman von der russischen Einwandererpartei
„Unsere Heimat Israel“ dazu. Er wird Minister
für Infrastruktur und hat damit das Sagen über
den Siedlungsausbau in den besetzten Gebieten.
Mit am Tisch sitzt aber auch der erste
nicht-jüdische Minister in der Geschichte
Israels, der Druse Salah Tarif, der sich durch
die Ernennung Liebermans bereits "beleidigt"
fühlt.
Auch Shimon Peres, den Lieberman mit einem
französischen Nazi-Kollaborateur verglichen hat,
wird sich an diesen Tisch setzten, als neuer
Außenminister. Er kündigte aber bereits an, daß
er gehen werden, wenn ihm Scharons Politik nicht
passe. Überraschenderweise erklärte sich auch
Dalia Rabin-Pelosoff, die Tochter des ermordeten
Jitzhak Rabins, dazu bereit, an Scharons
Kabinett mitzuwirken. Obwohl sie sich in den
letzten Wochen vehement gegen die Pläne Baraks,
eine große Koalition mit dem Likud einzugehen,
zu Wort gemeldet hatte, wird sie nun
stellvertretende Verteidigungsministerin. Die
Arbeitspartei warf ihr daraufhin vor, daß sie
das Erbe ihres Vaters verrate.
Scharon steht also keine einfache Zeit bevor. Es
wird sich bald zeigen, ob ein Kabinett mit
derart unterschiedlichen politischen
Einstellungen überhaupt arbeitsfähig ist und
eine mehr oder weniger einheitliche Linie finden
wird.
Unterdessen kündigte die palästinensische
Untergrundorganisation Hamas Terroranschläge zum
Regierungsantritt von Scharon an. Man werde den
neuen Premierminister mit zehn
Selbstmordanschlägen "begrüßen". Der Anschlag in
Netanja am vergangenen Sonntag sei der erste
gewesen.
haGalil onLine
07-03-2001
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