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Alter Kacyznes "Poyln":
Bildband über jüdisches Leben in Polen

Andrea Übelhack


Alter Kacyzne
Poyln. Eine untergegangene jüdische Welt
Aufbau-Verlag, Geb. Ausgabe (2000)
ISBN: 3351024975
Euro 39,00

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In einem neuen Bildband zeigt der Aufbau-Verlag Fotographien aus dem jüdischen Polen vor dem Holocaust. Die Bilder zeigen eine Welt, die nicht mehr existiert, die man aber trotzdem nicht mit melancholisch verklärten Augen ansehen sollte. Natürlich bietet der Band die Möglichkeit eines doppelten Andenkens. Nicht nur die Abgelichteten auf den Fotos wurden geschunden, vertrieben und ermodert, auch der Fotograph selbst wurde von den Nazis zu Tode geprügelt.

Die Fotographien zeigen jüdisches Alltagsleben, in der Schule, am Markt und bei der Arbeit. Der Fotograph ist kein anderer als Alter Kacyzne, der besser bekannt ist als jidischer Schriftsteller. Kacyzne war eine wichtige Person im kulturellen Leben der polnisch-jüdischen Intelligenz, er war Schriftsteller, Verleger, Vorsitzender des jiddischen PEN, Kolumnist, er arbeitete mit Theatergruppen und Pionieren des jiddische Films. Seine Verdienste für das jiddische Kulturleben sind vielfältig.

Zu Zeiten von Alter Kacyzne war Jiddisch sehr ausgeprägt in Polen. Bei einer Volkszählung im Jahr 1931 gaben 80% der jüdischen Bevölkerung Polens Jiddisch als ihre Muttersprache an. Auch Kacyzne stammte aus dieser jüdischen Welt, die gerade in den letzten Jahren als Welt der Shtetl verklärt wird. Mit der rauen Wirklichkeit hat dieses Bild wenig zu tun.

Alter-Scholem Kacyzne wurde am 31. Mai 1885 im damals russischen Wilna geboren, seine tatsächliche Heimat aber war Warschau. Seine Familie lebte vom Handwerk und war sehr arm. Nach der traditionellen Schulausbildung im Cheder besuchte Alter eine russische Grundschule. Doch er war vor allem ein guter Autodidakt und lernte neben jiddisch und hebräisch bald russisch, polnisch, deutsch und französisch. Als er 14 Jahre alt war, starb der Vater und Alter wurde in die Südukraine zu einem Fotografen in die Lehre geschickt, wo er elf Jahre lang arbeitete.

In dieser Zeit begann Kacyzne auch zu Schreiben. Er schickte seine Gedichte an S. Ansky, der sie in der russischen Zeitschrift "Yevreyskii mir" (Jüdische Welt) veröffentlichte und ihn zu weiterem Schreiben anspornte. Die entscheidende Wendung löste jedoch eine Erzählung von Isaac Leib Perez. Dessen Vision einer jüdischen Nationalliteratur lockte zahlreiche junge Intellektuelle in das Warschau der Jahrhundertwende, und auch Kacyzne zog mit seiner jungen Frau 1910 dorthin. Er wurde der eifrigste Schüler Peretz bis zu dessen Tod im Jahr 1915.

Ab 1918 erschienen dann selbständige Veröffentlichungen von Kacyzne, darunter Dichtung (Der gayst der meylekh), Romane (Shtarke und shvakhe, 1930), Dramen (Dukus, 1925; Dem yidn´s opere, 1937) und Prosatexte.

Während der ganzen Zeit in Warschau unterhielt Kacyzne weiter sein Fotoatelier. Er fertigte unzählige Portraits, nahm die Kamera überall mit hin und ging auch auf Pressereisen. Die Kamera war seine Leidenschaft und sein ständiger Begleitern. Dieser Nachlass wurde leider während der Nazi-Zeit vernichtet. Überlebt haben ca. 700 Abzüge, die er in die USA schickte und die einen wichtigen Teil seiner Arbeit markieren. Diese Schätze werden heute im Yivo-Institut New York gehütet.

Zunächst fotographierte Kacyzne im Auftrag der New Yorker Hilfsorganisation für jüdische Einwanderer (HIAS). Die Bilder sollten die Notlage der Juden im Osten zeigen. Später wurde er "Fotokorrespondent" der jiddischen Tageszeitung "Forverts", um "das Leben in der alten Heimat (zu) dokumentieren". Ein Jahrzehnt lang war Alter Kacyzne für die illustrierte Sonntagsbeilage der Zeitung auf Motivjagd. Und er fotographierte alles, was für die amerikanischen Leser von Interesse sein könnten.

Die ungeheure Menge an Bildern, die er liefern sollte und wollte, trieben ihn dazu, ständig nach neuen Motiven zu suchen. Er begab sich auf die "löchrigen polnischen Landstraßen" und mußte manche Turbulenzen mit dem Chefredakteur durchstehen, bei denen es hauptsächlich um Probleme mit seiner Bezahlung ging. Er gab sogar sein Atelier auf, um mehr Motive suchen zu können und in die entlegensten Dörfer und Winkel Polens reisen zu können.

Trotzdem schmerzte es Kacyzne, nur als der Fotograph gesehen zu werden. Der Chefredakteur des "Forverts", Abraham Cahan, druckte keine Texte von ihm, sondern bevorzugte Israel Joshua Singer als Text-Korrespondenten. Doch seine Leistungen als Fotograph sind unbestritten. Niemand kannte "Poyln" besser als Kacyzne.

Und dieses Land liebte er so sehr, daß er es nicht fertig brachte, vor der drohenden Gefahr der heranrückenden deutschen Truppen zu fliehen. Kacyzne nutzte die Ausreisepapiere in die USA, die er seit längerem in der Tasche trug nicht, sondern ging mit seiner Familie weiter in den Osten, nach Lwow, das nachdem Hitler den Nichtangriffspakt gebrochen hatte, von den Nazis besetzt wurde. Alter trennte sich von Frau und Tochter, in der Annahme, daß man sie verschonen würde und floh weiter nach Tarnopol.

Dort fiel Alter Kacyzne dem Pogrom ukrainischer Kollaborateure zum Opfer, bei dem 5000 Juden aus Tarnopol erschlagen wurden. Einer der wenigen, die dieses Massaker überlebten, war der junge Dichter Nachman Blitz. Er berichtete in allen Einzelheiten von der quälenden Folter, die Alter Kacyzne erleiden mußte und wie er schließlich zu Tode geprügelt wurde. Seine Frau kam in Belzec um, seine Tochter überlebte mit polnischen Papieren und heiratete nach dem Krieg den italienischen Botschafter in Polen. Sie widmete einen großen Teil ihres Lebens dem Vermächtnis ihres Vaters.

haGalil onLine 23-02-2001

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