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Der Bulldozer

Klarer Favorit für das Amt des israelischen Premiers ist 
zurzeit Ariel Scharon. Doch wer ist dieses politische Fossil? 
Ein Rechtsextremer? Ein Uneinsichtiger? 
Oder gar der Friedensbringer?

Von Pierre Heumann

Israel muss extreme Wagnisse eingehen und ausländische Druckversuche missachten: Ariel Scharon


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Unterwegs

 

Ariel Scharon, der alte Soldat, gibt sich friedfertig und versöhnlich. Beim Bad in der Menge lässt er sich als Politiker feiern, «der dem Land den Frieden bringt». Jassir Arafat betrachtet er zwar nach wie vor als Erzfeind und weigert sich, dem Palästinenserführer die Hand zu reichen. Trotzdem schickte er ihm zum Ende des muslimischen Ramadan eine Glückwunschkarte, um zu beweisen, dass er an einem Gespräch mit den Palästinensern interessiert ist.

Kämpferische Sprüche zur Nahostkrise hört man von ihm dieser Tage selten. Stattdessen spricht er von notwendigen Kompromissen, die Israel schmerzen werden. Er sei dazu bereit, weil er die Schrecken des Krieges kennen gelernt habe, sagt der Mann aus der Gründergeneration Israels wie David Ben Gurion, Mosche Dayan, Jitzhak Rabin und Schimon Peres.

Die Meinungsumfragen sind zurzeit eindeutig: Ausgerechnet Scharon, dessen umstrittener Gang auf den Tempelberg am vergangenen 27.September die Al-Aksa-Intifada auslöste, hat beste Chancen, am 6.Februar der nächste Premierminister zu werden. Kein israelischer Politiker weckt im In- und Ausland mehr Emotionen als er. An praktisch allen Entscheidungen um Krieg oder Frieden war er beteiligt. Seine Anhänger preisen ihn wegen seines Beitrags zum israelisch-ägyptischen Frieden und beim Aufbau der Beziehungen zu Jordanien. Sie schätzen sein Verhandlungsgeschick und rühmen seine Fähigkeit, den arabischen Nachbarn Angst einzujagen. «Scharon, der sich als Krieger wie als Politiker profiliert hat, erhöht die Chancen, im Friedensprozess voranzukommen», lobt ihn der «Schattenaussenminister» und altgediente Likud-Politiker Zalman Schoval.

Der «hässliche Israeli», …

Für seine politischen Gegner verkörpert der bullige Scharon hingegen «den hässlichen Israeli» (Justizminister Jossi Beilin). Der unersättliche Eroberer sei ein Symbol für den Ausbau der Siedlungen und für den Libanonkrieg. Zudem ein notorischer Lügner, der ohne Rücksicht auf Verluste Hindernisse wie ein Bulldozer niederwalze. Die Wahl Scharons führe zwangsläufig zum Krieg, befürchten sie.

Sein Friedensrezept verspricht den Arabern in der Tat wenig. Keine Kompromisse in Jerusalem, kein Verzicht auf Siedlungen in der Westbank, kein Abzug israelischer Truppen vom Jordan, keine Verantwortung für das Los der palästinensischen Flüchtlinge. Diese vier Neins krönt Scharon mit der Frage an die Palästinenser, was sie denn für den Frieden bezahlen wollen.

Seit Jahrzehnten hat Scharon immer wieder versucht, das Palästinenserproblem zu verdrängen, zunächst als Soldat und General, später als Politiker. Meist entpuppten sich seine Entscheidungen als tragische Fehler. So sorgte der 25-jährige Leutnant Arik, wie ihn seine Freunde nennen, für internationale Proteste, weil er im Rahmen einer Vergeltungsaktion gegen das jordanische Dorf Qibya Palästinenser-Häuser sprengen liess, ohne sich zu vergewissern, dass sie leer waren. Er habe angenommen, dass die Bewohner evakuiert worden seien, meinte er blauäugig nach dem Massaker, bei dem 69 Zivilisten ums Leben kamen. 

Auf jene frühen Jahre geht die «Scharon-Doktrin» zurück: Um zu überleben, müsse Israel extreme Wagnisse in Kauf nehmen und ausländische Druckversuche missachten. Das Manövrieren am Rande der Gesetzlosigkeit betrachtet er als legitim. Sicherheit steht für ihn stets über Recht.
Wegen seines Hangs zu eigenmächtigen und riskanten Entscheiden warnen Kritiker Scharons heute davor, ihm die Führung der Atommacht Israels anzuvertrauen. Der «israelische Cäsar» (so der Titel einer kritischen Scharon-Biografie) verwickelte sein Land als Verteidigungsminister im Kabinett Begin in den kostspieligen und sinnlosen Libanonkrieg. Selbst gegenüber seinen engsten Beratern hatte er seine Pläne verschwiegen, Beirut einzunehmen, um der PLO-Zentrale den Garaus zu machen. 

Scharons Feldzug, der Tausenden von Libanesen und Israelis das Leben kostete, war ein völliger Fehlschlag. Nach dem israelischen Eingreifen verschlimmerten sich die Brutalitäten der libanesischen Wirren. Die Bestialitäten gipfelten in einem Massaker an Palästinensern, als Scharon den christlichen Falange-Milizen erlaubte, in die palästinensischen Flüchtlingslager Sabra und Schatila einzumarschieren. Dabei wusste er von den Plänen der Christenmilizen, das Palästinenserproblem im Libanon zu eliminieren.

Eine israelische Kommission, die die Grausamkeiten von Sabra und Schatila untersuchte, warf ihm vor, seine Pflicht sträflich vernachlässigt zu haben, weil er die Möglichkeit einer Schlächterei außer Acht gelassen habe. Weil er indirekt die Verantwortung für die Tragödie von Sabra und Schatila trage, sei er als Verteidigungsminister nicht mehr geeignet. «Niemals» dürfe er ein Regierungsamt mit Verantwortung für Sicherheitsfragen übernehmen, beschied die Kommission. Weil Scharon trotz der unverblümten Aufforderung zur Demission nicht freiwillig zurücktrat, musste ihn der damalige Regierungschef Menachem Begin entlassen.

Trotz der scharfen Rüge blieb Scharon aber ein politisches Schwergewicht. Als Wohnbauminister trieb er den Ausbau jüdischer Siedlungen in der Westbank und im Gazastreifen voran. Anders als religiöse Eiferer argumentiert er nie mit der Bibel gegen territoriale Konzessionen, sondern mit der Logik des ausgebufften Militärstrategen. Israel sei ein potenzielles Schlachtfeld, das auf Pufferzonen angewiesen ist. Andernfalls wären Israels Städte Terroristen ausgeliefert.

Araber werden niemals das Recht Israels anerkennen, im Nahen Osten einen Staat zu haben, glaubt Scharon seit seiner Jugend. Man dürfe ihnen nicht trauen, lehrte ihn seine Mutter. Kaum vierzehn Jahre alt, schloss er sich der Haganah an, der Vorläuferorganisation der israelischen Streitkräfte. Im Unabhängigkeitskrieg von 1948 kommandierte er eine Infanterieeinheit, gründete später eine berüchtigte Antiterrortruppe und wurde 1964 Mitglied des Generalstabs. Er fiel damals nicht nur als fähiger Soldat und Offizier auf, sondern stand auch im Ruf, elementare Spielregeln zu missachten und eigenmächtig, ohne grosse Rücksicht auf Verluste, zu handeln. Seit seinem Austritt aus der Armee ist er an allen massgeblichen innenpolitischen Entwicklungen beteiligt. Etwa als er die Schlagkraft der rechten Parteien erhöhte, indem er sie zum Likud-Block zusammenführte. Stets erwies er sich als Mann der Tat. Im vergangenen Jahrzehnt liess er im Nu 80.000 Wohnungen bauen, um die Million zugewanderter russischer Juden unterzubringen. Auch da blieb er seinem Grundsatz treu, schnelles Handeln höher zu stellen als Gesetzestreue, was ihm der Staatskontrolleur vorwarf. Die Russen-Wohnungen führten zu einem so hohen Defizit, dass der damalige Finanzminister verlangte, gegen Scharon zu prozessieren.

…aber durchaus charmant

So liebenswürdig und charmant sich der Feinschmecker Scharon im privaten Gespräch gibt, in der Politik setzt er auf Provokation. 1987 bezog er mitten im muslimischen Viertel von Jerusalem ein palästinensisches Wohnhaus, um den Anspruch Israels auf die Altstadt zu unterstreichen. Wenn seine Aktionen wie auf dem Tempelberg Unruhen auslösen, fühlt sich Scharon unschuldig. Er habe nur vom Recht Gebrauch gemacht, die heiligste Stätte der Juden zu besuchen, sagt der Liebhaber von unkoscherer Speise arglos und will nicht wahrhaben, dass irgendjemand dies als Provokation auffasst. «Die Palästinenser hatten alles geplant», behauptet er, «sie benützten meinen Besuch auf dem Tempelberg als Vorwand für die Unruhen.»

Gleichwohl hat Scharon während seiner Laufbahn nicht nur gezündelt und sein Land in einen Krieg verwickelt. Er hat auch zum Frieden beigetragen, als er massgeblich half, den Vertrag mit Ägypten auszuhandeln. Er befürwortete eine vollständige Rückgabe der Sinai-Halbinsel und überwachte persönlich, wie die israelischen Siedlungen dem Erdboden gleichgemacht wurden. Spätestens seither glauben manche an die Fähigkeit Scharons, auch umstrittene und unpopuläre Entscheide durchzusetzen. Ein Teil des Friedenslagers gewänne einer Wahl Scharons deshalb gar Positives ab. Im Gegensatz zum Zauderer Ehud Barak habe Scharon bereits Siedlungen geräumt.

Den Palästinensern ist das ein schwacher Trost. «Scharon ist ein Krieger, der nur an Expansion denkt», sagt der palästinensische Minister Ziad Abu-Zayyad: «Er ist nicht in der Lage, Frieden zwischen uns und den Israelis zu stiften.» Doch Arafat gibt sich gelassen. Er habe keine Angst vor einem Wahlsieg des Likud-Kandidaten: «Scharon jagt Barak viel grösseren Schrecken ein als mir.»

Am meisten zu fürchten hat Scharon seine eigene Vergangenheit. Seine Kandidatur ruft zahlreiche Affären und Abenteuer in Erinnerung, die viele nur noch aus den Geschichtsbüchern kennen. Bis heute wirkt das Verdikt der Untersuchungskommission, die ihm Fahrlässigkeit im Libanonfeldzug vorwarf. Gestützt darauf, appellierte zum Wochenbeginn ein Jurist an den Obersten Gerichtshof, Scharon die Kandidatur als Regierungschef zu untersagen. Nun müssen die obersten Richter die Frage beantworten: Ist ein Mann, der als Verteidigungsminister entlassen wurde, weil er in einem kritischen Moment versagt hat, als Premier tragbar?

haGalil onLine 05-01-2001

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