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"Da Sie Ihr
Geld sicher und gewinnbringend anlegen möchten, darf ich Ihnen eine
neue Schekel-Staatsanleihe empfehlen ..." - der Tag, an dem ein
solcher Satz in einer deutschen Provinzsparkasse fallen kann, mag
zwar noch in der weit entfernten Zukunft liegen. Immerhin entwickelt
sich der "Neue Israelische Schekel" aber zu einer Währung, die in
Wirtschaftskreisen ernster genommen werden kann - auch zum Nutzen
des israelischen Verbrauchers.
Noch in den achtziger und frühen neunziger Jahren war das israelische
Währungswesen von Einschränkungen bestimmt, die man ansonsten aus den
Ostblockländern kannte: Israelis durften nur unter engen Auflagen fremde
Währungen besitzen, vor einer Auslandsreise mußte zum Geldumtausch ein gültiges
Flugticket vorgelegt werden, und selbst dann durfte nur ein bestimmter Betrag in
ausländische Währung umgewechselt werden. Zurückgebrachtes Bargeld mußte dann
innerhalb einer bestimmten Frist wieder auf ein Konto eingezahlt werden. Selbst
das Unterhalten ausländischer Konten war eine Straftat; Leah Rabin sel. war in
einen Skandal verwickelt, weil sie ein Dollarkonto in den USA noch nach der
Rückkehr ihres Ehemannes nach Israel unterhielt, ihr Mann deshalb zum Rücktritt
gezwungen. Neueinwanderer waren von solchen Beschränkungen weitgehend
ausgenommen und galten daher als privilegiert.
Im Jahr 1998 wurden, bis auf unwesentliche Kontrollauflagen, die letzten
Beschränkungen in der Devisenbewirtschaftung aufgehoben, der neue Schekel wurde
zur völlig frei konvertiblen Währung. Die israelische Nationalbank wurde
gesetzlich damit beauftragt, die Währungsstabilität zu gewährleisten und
gleichzeitig für einen stabilen Wechselkurs zum US-Dollar zu sorgen. Obwohl
dieser Doppelauftrag - als Handlungsanweisung, die in sich widersprüchlich sei -
zuweilen in der israelischen Wirtschaftspresse kritisiert wurde, zeigen die
nunmehr für das Jahr 2000 veröffentlichten Zahlen einen deutlichen Erfolg.
Nach der aktuellen Statistik, die morgen veröffentlicht werden sollen, erlebte
Israel im Dezember 2000 die geringste Steigerungsrate im Vebraucherpreisindex
(CPI) in der Geschichte des jungen Staates. Nach Vorhersagen wird der CPI im
Vergleich zum Vorjahresmonat zwischen 0 und 0.2 Prozent betragen, was allerdings
durch eine Abschwächung der Wirtschaftsleistung bedingt sein soll. Für die
ersten elf Monate des Jahres 2000 beträgt die Steigerungsrate der
Verbraucherpreise lediglich 0,1 Prozentpunkte. Für das Jahr 2001 erwartet die
Regierung ebenfalls eine niedrige Inflationsrate, die zwischen 1,0 und 1,5
Prozent liegen soll - der amtlich gesetzte Zielkorridor liegt bei 2,5 bis 3.5
Prozent. Unklar ist, wie die Zentralbank auf die Entwicklung reagiert - ob sie
den Leitzins weiterhin nur mäßig herabsetzt, wie in den letzten Monaten, nämlich
um 0,2 Prozent pro Monat, oder ob sie eine stärkere Reduktion bevorzugt, um die
Kreditbeschaffung zu erleichtern und so die Wirtschaft anzukurbeln.
Damit wurde eine innere Währungsstabilität zumindest kurzfristig erreicht und
das notwendige rechtliche Instrumentarium vorhanden ist, um dieses Ziel auch
langfristig zu ermöglichen. Auch die äußere Stabilität ist vorhanden: Im
Verhältnis zum US-Dollar entwickelte sich der Wechselkurs des Schekel nicht viel
anders als andere, "harte", Währungen, und wer statt in Euro in Schekel
investierte, erfuhr über das Jahr 2000 sogar einen Zuwachs, der durch das
Absacken des Euro-Kurses gegenüber dem neuen Schekel verursacht wurde.
Dennoch: Noch kann man bei dieser Entwicklung mitnichten von einem langfristigen
Phänomen sprechen. Neben weiteren Faktoren genügen zudem sowohl die äußeren
Bedingungen als auch das allgemeine Vertrauen des Marktes in den neuen Schekel
noch längst nicht, um die Währung auch nur andeutungsweise als "wirklich hart"
zu bezeichnen. Im Inland ist das Vertrauen in den Schekel auch nicht noch nicht
zu hoch; nach wie vor werden bei Transaktionen zwischen Unternehmen die Preise
für zahlreiche gewerbliche Lieferungen und Leistungen, außerdem die
Immobilienpreise und auch die Mieten in US-Dollar bestimmt, in dessen
Werthaltigkeit die Israelis aufgrund ihrer Erfahrungen mit gescheiterten
Währungen (Lira und "alter" Schekel) viel lieber vertrauen mögen als in ihr
eigenes Geld. Mit ausländischen Geschäftspartnern werden Preise praktisch
niemals in Schekel vereinbart. Nicht zuletzt ist - und bliebt - auch das Volumen
des Schekels so gering, daß die Währung für Marktentwicklungen anfällig bleibt.
Solches Vertrauen ist aber auch an die Eigenarten des Wirtschaftsraumes
gekoppelt, in dem die Währung Verwendung findet. Hier sind zahlreiche
Überbleibsel einer hochgradig staatlich gelenkten Wirtschaft auszumachen. Zum
einen ist Israels Wirtschaft, trotz des "High-Tech-Booms", nach wie vor in
ungewöhnlich hohem Maße importanhängig und wird daher von Entwicklungen auf den
Weltmärkten hochgradig beeinflußt. Zudem ist die Wirtschaftsentwicklung, nicht
zuletzt die Investitionsbereitschaft des Auslandes, vom Verlauf des
Friedensprozesses abhängig. Die nach wie vor gegebene hohe Abhängigkeit der
israelischen Wirtschaft von staatlichen Subventionen und die Drosselung von
Importen durch teils außerordentlich hohe Einfuhrabgaben auf Konsum- und andere
Güter drosseln den Konsum und führen zur Überschuldung privater Haushalte. Der
Abbau solcher staatlicher Einflußnahme auf das Wirtschaftsgeschehen wird, sofern
er überhaupt begonnen wurde, noch lange Zeit in Anspruch nehmen. Das "Rating"
der Banken und anderer Schuldner Israels ist nach wie vor vergleichsweise
niedrig.
Es besteht allerdings durchaus eine Chance, daß der Schekel eines Tages
ebensolches Vertrauen auf den Märkten findet wie andere "kleinere" westliche
Währungen - wenn die entsprechenden Voraussetzungen hierfür geschaffen werden
und der entsprechende politische Wille vorhanden ist.
haGalil onLine 15-01-2001
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