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[Hintergrund]
Nürnberger Nachrichten
vom 20.12.00
Drei
Gründe kann es für das kleinliche Verhalten des Weidener
Stadtoberhaupts Hans Schröpf geben: Entweder hat er gar keine
Berater, oder er hat schlechte Berater, oder er leidet an einer
auffälligen Beratungsresistenz.
Solange
sich sein Starrsinn nur in der engeren Oberpfalz negativ auswirkt,
mag man seine Haltung als örtliche Merkwürdigkeit abtun. Inzwischen
richtet der CSU-Politiker aber weit über die Region hinaus Schaden
für Weiden an. Seine unverständliche Rechthaberei hinderte ihn sogar
daran, sich dem Kanzler gegenüber für die Oberpfälzer zu verwenden.
Nimmermüde
warnt er davor, die Serie von Anschlägen auf die jüdische Gemeinde
voreilig mit einer rechtsextremistischen Szene in Verbindung zu
bringen. Sebnitz führt er unentwegt im Mund. Abgesehen davon, dass
für die Taten von Weiden niemand vorverurteilt wird – das ist ein
Popanz, den sich Schröpf selbst gebastelt hat –, begeht der OB einen
Kardinalfehler. In Sebnitz ist noch nicht einmal erwiesen, ob es
sich bei dem Tod des sechsjährigen Joseph überhaupt um ein
Verbrechen handelt. Die Anschläge von Weiden sind aber kein
Fantasieprodukt. Die Scheiben klirrten, die Farbbehälter flogen, die
Drohbrief können gelesen werden. Nur Hans Schröpf will nichts hören,
nichts sehen und nichts sagen.
Egal, wen
die Polizei am Ende als Täter festnimmt, egal sogar, ob jemals ein
Täter gefunden wird, Zielscheibe waren die Mitglieder der jüdischen
Gemeinde und ihre Repräsentanten. Sie werden bedroht. Ein
Stadtoberhaupt, das selbst in der aktuellen deutschen Situation kein
klares Wort der Solidarität über die Lippen bringt, ist seines
Postens unwürdig.
MICHAEL
KASPEROWITSCH
haGalil onLine
28-12-2000
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