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Was die
Staatsanwaltschaft in Dortmund in fast 20 Jahren nicht zu Stande
gebracht hat, ist der Ermittlungsbehörde in München jetzt in weniger
als einem Jahr gelungen. Der Leiter der Staatsanwaltschaft München
I, Manfred Wick, bestätigte der SZ, dass die Ermittlungen gegen den
ehemaligen SS-Mann Anton Malloth abgeschlossen sind.
Gegen den
88-jährigen gelernten Fleischhauer, der seit dem 25. Mai in
Untersuchungshaft sitzt, soll in den nächsten Tagen Anklage wegen
Mordes in drei Fällen und versuchten Mordes in einem Fall erhoben
werden. Malloth war zwischen 1940 und 1945 Aufseher in der so
genannten Kleinen Festung, einem Gestapo-Gefängnis in
Theresienstadt. Dort wurden vor allem tschechische und deutsche
Juden gefangen gehalten, die später in die Vernichtungslager im
Osten deportiert wurden. Malloths Name taucht in vielen
Häftlingsberichten auf. Er war wegen seiner Eitelkeit als "Schöner
Toni" bekannt und tat sich nach den Berichten vieler Häftlinge durch
besonders grausame Strafaktionen hervor.
Der Münchner
Staatsanwaltschaft liegen jetzt entsprechende Zeugenaussagen vor.
Ein tschechischer Augenzeuge berichtete, wie Malloth im September
1943 einen jüdischen Häftling, der versucht hatte, einen Blumenkohl
unter seinem Hemd zu verstecken, zuerst mit einem Stock zu Boden
schlug und dann Schüsse auf ihn abgab. Der Mann lag den ganzen Tag
über auf dem Feld; weil aber nicht zweifelsfrei nachzuweisen war,
dass er tot war, soll Malloth in diesem Fall nur des versuchten
Mordes angeklagt werden. Der zweite Fall trug sich im September 1944
zu. Malloth soll einem Gefangenen aus Wut darüber, dass dieser sich
nicht ordnungsgemäß vom Arbeitseinsatz zurückgemeldet hatte, 20
Stockschläge auf den Kopf versetzt habe. Als der Mann stark blutend
am Boden lag, habe Malloth ihn mit Stiefeln getreten und ihn
angeschrien, er solle aufstehen. Unmittelbar darauf sei der Häftling
in die Leichenkammer getragen worden.
Ein Zeuge in
Wien berichtete den Münchner Ermittlern, wie Malloth im Januar 1945
im Hof der Kleinen Festung zwei Häftlingen befahl, sich nackt
auszuziehen. Dann habe Malloth die beiden eine halbe Stunde lang mit
kaltem Wasser aus einem Schlauch bespritzt, bis die derart Gequälten
tot umfielen.
Malloth war
schon im September 1948 von einem Gericht im tschechischen
Litomerice (Leitmeritz) in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden.
Kurz darauf wurde er in Innsbruck in Auslieferungshaft genommen,
aber im Januar 1949 wieder entlassen, angeblich weil die
tschechischen Behörden die notwendigen Unterlagen nicht fristgerecht
vorlegten. Bis 1988 lebte Malloth dann mit seiner Frau in Meran,
spätestens seit 1968 mit Kenntnis der deutschen Behörden sein Pass
wurde vom deutschen Generalkonsul in Mailand ausgestellt.
1970 nahm die
Staatsanwaltschaft Dortmund Ermittlungen gegen Malloth auf, stellte
sie aber 1979 wieder ein, weil Malloth "unbekannten Aufenthalts"
sei. 1988 schob Italien Malloth nach Deutschland ab, seitdem lebt er
in einem Altersheim in Pullach bei München. Jetzt nahm Dortmund die
Ermittlungen wieder auf, stellte sie aber 1999 abermals ein. Die
Zeugenaussagen hätten keine hinreichenden Beweise dafür erbracht,
dass Malloth an Morden beteiligt war, sagte damals der Dortmunder
Oberstaatsanwalt. Alle anderen Verbrechen waren verjährt. Die
Münchner Staatsanwaltschaft leitete im Januar ein neues
Ermittlungsverfahren ein, nachdem die tschechische Justiz bisher
unbekannte Zeugenaussagen übermittelt hatte.
SZ
Süddeutsche Zeitung
13.12.2000
haGalil onLine
13-12-2000
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