Dieser Tage
ist unter dem Titel "Visioni dall’Inferno" im Chiostro del Bramante
im Herzen Roms eine Ausstellung mit Werken
Adolf Frankls zu Ende gegangen.
Der
Renaissancekreuzgang der Kirche Santa Maria della Pace, nahe der
Piazza Navona - übrigens die erste Arbeit von Bramante in Rom - bot
durch seine faszinierende Architektur und nicht nur akustische
Distanz zur pulsierenden Stadt vor der Tür, optimale Voraussetzungen
für die Konzentration der Besucher auf den Inhalt der Schau, nämlich
die Illustration und die Verarbeitung der Hölle des KZs von
Auschwitz aus Sicht des Überlebenden Adolf Frankl (geb. 1903 in
Pressburg, gestorben 1983 in Wien).
Je nach
Bedürfnis konnte der Besucher die künstlerische oder auch die
geschichtliche Dimension für sich in den Vordergrund rücken.
Jedenfalls ließ die Schau niemanden unberührt. Die Ausstellung in
Rom wurde dem Gedenken an Adolf Frankl, allen Opfern von Gewalt und
Verfolgung und zu Ehren seiner Frau Renèe, gewidmet.
Der emotionale
Effekt, d.h. der Schrecken, die Abscheu, die Furcht und der Hass,
den die Bilder auslösen können, übertrifft in gewisser Weise die
Wirkung von Dokumentarfilmen und Fotos. Das Bewusstsein, dass der
Künstler selbst durch die Hölle gegangen ist, unterscheidet die
Ausstellung von jedem noch so gut gemachten Kinofilm zum Thema
Holocaust, wenn man den Sonderfall des ruhigen und tiefgehenden,
mehrstündigen Filmdokuments des Claude Lanzmann ("Shoa") ausnimmt.
Dass sich von
dieser Ausstellung - nur wenige Meter vom konsumistischen, ja
hedonistischen Treiben der römischen Innenstadt entfernt - über 4000
Besucher und davon über 600 Schüler und Studenten in den Bann
schlagen ließen, ist ein beachtlicher Erfolg. Das römische Projekt
war getragen vom Engagement des Sohnes des Künstlers, genoss den
Ehrenschutz des italienischen Staatspräsidenten Ciampi und erhielt
Grußbotschaften der Staatsoberhäupter Österreichs, Deutschlands und
der Slowakei sowie namhafter Persönlichkeiten der internationale
Politik, wie z.B. der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte,
Robinson, sowie wichtiger Exponenten der katholischen Kirche und des
Judentums.
Besonderes
Gewicht kam dem Erzbischof von Wien, Kardinal Schönborn zu, welcher
in seiner Eröffnungsansprache auch das historische Verhältnis
zwischen Judentum und Katholizismus ansprach und dabei die jüngsten
gegenseitigen Gesten der Nähe, der Einsicht und des Verzeihens
erwähnte. Bezeichnenderweise wurde die Ausstellung auch in die Liste
der offiziellen Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem "Giubileo
2000", dem Heiligen Jahr 2000, aufgenommen.
Materiell
gestützt wird dieses außergewöhnliche Projekt von einer ständig
wachsenden Anzahl von Sponsoren und Förderern, hauptsächlich aus
Österreich und Deutschland, und dem guten Willen vieler.
Ein Katalog
sowie Informationen im Internet unter:
http://www.visioneninferno.de,
in deutsch, englisch und italienisch hilft, dass seine Spuren
erhalten bleiben und ist eine gute Voraussetzung für die angepeilten
weiteren Etappen der Ausstellung.
Dr. Klaus Wölfer
Direktor des
Österreichischen
Kulturinstitutes in Rom
Rom, Dezember
2000
haGalil onLine
22-12-2000
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