Paul Spiegel zum Antisemitismus in
Deutschland:
Enthemmt und elitär
Paul Spiegel, Präsident
des Zentralrats der Juden in Deutschland, zum offenen Antisemitismus
der Eliten in Deutschland.
Der Antisemitismus "stellt
sich in den vergangenen Monaten in einer enthemmten Art und Weise
dar", sagte Spiegel dem Bonner "General-Anzeiger" und grassiere
mittlerweile auch in elitären Zirkeln.
"Man wirft mir in der feinen
Gesellschaft, nicht am Stammtisch vor, dass ich Antisemitismus
erzeuge, dass die Juden Deutschland wieder aussaugten, weil sie das
Mahnmal forderten oder jetzt die Entschädigungszahlungen",sagte
Spiegel. Dabei interessiere es gar nicht, dass die Juden gar
keinMahnmal verlangt hätten und nur 15 Prozent der
entschädigungsberechtigten Zwangsarbeiter Juden sind.
Mit Blick auf die Ereignisse
der jüngsten Vergangenheit sagte Spiegel, er habe nicht geglaubt,
dass es so etwas wieder geben würde. Antisemitismus gehöre
gewissermaßen zur Normalität, auch in anderen Ländern." Aber das,
was sich hier abgespielt hat im Sommer und im Herbst an
Rechtsradikalismus und Antisemitismus - das hätte ich nicht für
möglich gehalten."
Hinter den
rechtsextremistischen Anschlägen steht nach Auffassung Spiegels in
erster Linie Fremdenfeindlichkeit. Diese Menschen "sind gegen das,
was fremd ist, was anders ist als sie, oder was sie als anders
betrachten, was sie nicht begreifen können und auch nicht begreifen
wollen". Wenn man heute vom Judentum spreche, werde das Trennende
betont, nicht das Verbindende. Man wisse nicht, welche Rolle das
Judentum in Deutschland gespielt habe: "Man weiß nicht, was
Deutschland angetan wurde, indem man die Juden ausgerottet hat. Das
war doch eine Selbstamputation".
haGalil onLine
31-12-2000
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