Aussicht auf späte Sühne
Früherer SS-Mann soll doch noch vor Gericht gestellt werden
Von Matthias Arning (Frankfurt a. M.)
"Irgendwie erleichtert" ist Peter Finkelgrün
schon, nach all den Jahren, in denen er sich um Sühne für seinen in der Kleinen
Festung Theresienstadt ermordeten Großvater bemüht hatte. Jetzt steht fest: Die
Staatsanwaltschaft München erhebt Anklage wegen Mordes gegen den ehemaligen
SS-Mann Anton Malloth. In der ersten Hälfte des nächsten Jahres startet eines
der sicherlich letzten Verfahren gegen einen mutmaßlichen NS-Verbrecher, der
inzwischen seit Mai in U-Haft sitzt. Ohne das Engagement Finkelgrüns wäre das
wohl kaum möglich geworden.
Heute ist der Enkel froh darüber, dass die Dinge
"eine solche Entwicklung" genommen haben. Von "einer Wendung" will
der Leitende Oberstaatsanwalt Manfred Wick nichts wissen. Die
Anklage gründe sich "auf neue Erkenntnisse aus Tschechien", auf die
Zeugenaussage eines Mannes, der gesehen habe, wie Malloth 1943 einen
jüdischen Zwangsarbeiter bei der Feldarbeit erschoss. Ein Beleg, der
sich in früheren Verfahren nie habe finden lassen.
1970 nahm sich die Staatsanwaltschaft Dortmund der
Verbrechen im Zusammenhang mit dem Gefängnis Kleine Festung
Theresienstadt an. Malloth gehörte zu etlichen SS-Angehörigen, die
im Verdacht von Verbrechen standen. Doch hinreichende Beweise fanden
die Ermittler lange nicht und stellten das Verfahren wiederholt ein.
Das trug ihnen den Vorwurf ein, sich nicht mit dem nötigen
Engagement für den Fall einzusetzen, der erst vor zwei Jahren unter
anderen Vorzeichen neu aufgerollt wurde. Bis dahin zeigten sich die
Ermittler überzeugt, dass der in einem Altersheim nahe München
lebende Malloth deutscher Staatsangehöriger ist. Deutsche aber
werden nicht an andere Staaten ausgeliefert, obwohl sich Tschechien
darum bemühte. Prag wollte den Ex-SS-Mann ein weiteres Mal vor
Gericht stellen. Bereits 1948 hatten ihn Richter in der
Tschechoslowakei in Abwesenheit wegen Verbrechen in Theresienstadt
zum Tode verurteilt. Malloth entzog sich der Strafverfolgung und
lebte bis zu seiner Abschiebung 1988 in Südtirol.
Der Rechtsprofessor Raimund Wimmer prüfte die
Staatsangehörigkeit des 1912 in Innsbruck geborenen Malloth. Wimmer
kam zu dem Ergebnis: Der Mann ist heute staatenlos. Auf der
Grundlage dieser Bewertung Wimmers zogen die bayerischen Behörden
schließlich Malloths Pass ein. Seitdem ermitteln Prager wie Münchner
Behörden in einem Verfahren, dem Wimmer eine Wende gab. Den Auftrag
für das Rechtsgutachten hatte übrigens Peter Finkelgrün vergeben.
haGalil onLine 14-11-2000
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