antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

  

Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 
Jüdisches Leben in Europa

Mit der Hilfe des Himmels

Juden, Judentum, Israel Nach Israel...

Interview mit Dr. Thomas Krapf

Kultur: Sie betrachten die Kündigung Ihres Dienstvertrages seitens der Stadt Hohenems für rechtswidrig und haben sich ans Arbeitsgericht gewandt. Wie sehen Ihre konkreten Forderungen aus?

Krapf: Vor noch nicht einmal zwei Jahren, nämlich am 18.11.1998, hat mich die Stadt Hohenems zum Leiter des Jüdischen Museums bestellt. Ich war nach einem fast zweistündigen Hearing am 12.9.1998 unter fünfzig Kandidaten ausgewählt worden. Laut Bestellungsschreiben, das von Bürgermeister Christian Niederstetter unterzeichnet worden ist, ist meine Dienstzeit auf fünf Jahre bemessen, d.h. bis zum 31.12.2003. Die Stadt Hohenems kann diese Vereinbarung nicht einfach auflösen. Von meiner Klage erwarte ich mir, dass die Kündigung für rechtsunwirksam erklärt wird. Ich denke, niemand in meiner Situation kann sich darauf einlassen, von einem Dienstgeber ohne relevante Gründe in der beruflichen Entfaltung behindert zu werden. Es geht hier aber um viel mehr als um einen Mitarbeiter, der mir nichts, dir nichts in die Wüste geschickt wird. Auch die Institution nimmt dabei Schaden. Es geht hier um die Zukunftsperspektiven des Jüdischen Museums.

Kultur: In Ihrer Stellungnahme vom 4.9.2000 schreiben Sie: "Ich bin empört über öffentliche Äußerungen, die sich involvierte Personen in diesem Zusammenhang in den letzten Wochen erlaubt haben. Ich würde mich gerne zu diesen aus meiner Sicht irreführenden Entstellungen äußern und die Hintergründe der Entwicklungen öffentlich bekanntmachen, zumal damit die eingentlichen Interessen des Museums bedient würden." Hier haben Sie die Gelegenheit dazu. Welches sind denn die "irreführenden Entstellungen"?

Krapf: In jenem Zusammenhang habe ich noch etwas anderes gesagt. Nämlich, dass man versuchen könnte, mir die Offenlegung von Interna außerhalb des gerichtlichen Verfahrens als Verstoß gegen meine dienstlichen Pflichten auszulegen und dass ich mich deshalb vorerst jeden Kommentars enthalten wollte. Daran hat sich nichts geändert. Ich will nicht nachträglich das Fabrikationsmatial eines Kündigungsgrundes liefern. Im Augenblick ist mein erstes Ziel, den Prozeß zu gewinnen, PR muß sekundär sein. Nun hat die Titelgeschichte in der Septemberausgabe der "Kultur" dieses Dilemma verschärft. So ist mir von Freunden dringend nahegelegt worden, diese Dinge nicht unkommentiert zu lassen, weil sonst Kulturinteressierte im Land mein taktisches Schweigen als geständiges Schweigen deuten würden. Deshalb bin ich zu diesem Interview unter dem Vorbehalt bereit, dass ich gegenwärtig vielleicht nicht auf alle Ihre Fragen antworten kann.

Kultur: Worin sehen Sie die eigentlichen Ursachen für den Konflikt?

Krapf: Ich glaube, dass einigen massgeblichen Leuten in Hohenems das Jüdische Museum grundsätzlich ein Dorn im Auge ist. Dies fällt natürlich auf die Repräsentanten des Museums - und damit vor allem auf mich - zurück. Historisch betrachtet hatten alle Direktoren des jüdischen Museums solche Probleme. Ich selbst habe erlebt, wie ein Konflikt in der Öffentlichkeit ausgetragen wurde, bedauerlicherweise zum Schaden des Museums. Dazu habe ich sehr, sehr viel zu erzählen, aber auf Anraten meines Anwalts halte ich mich in dieser Sache noch zurück.

Kultur: Es wird von allen Seiten betont, hinter dem Konflikt stünden keine inhaltlichen Probleme, also Differenzen mit dem Bürgermeister oder dem Vereinsvorstand hätten bei der Kündigung keinerlei Rolle gespielt. Sie glauben das nicht?

Krapf: Ich halte die inhaltlichen Differenzen für das Entscheidende. Alles andere ist Spiegelfechterei. Probleme gab es beispielsweise schon mit der Ausstellung "Ecclesia et Synagoga. Das Judentum in der christlichen Kunst" im letzten Herbst, die aufgrund ihrer kritischen Haltung maßgeblichen Personen in Vorarlberg missliebig war. Ein weiteres Beispiel ist das Thema "Wehrmachtsausstellung", wobei diese Aktivitäten stattfanden, bevor sich inhaltlich Probleme ergaben, weshalb die Proponenten die Ausstellung später zurückzogen. Damals war es mir gelungen, den Vorstand davon zu überzeugen, dass sich das Jüdische Museum Hohenems für dieses Projekt engagieren müsse. Nach meinem Dafürhalten gibt es für ein jüdisches Museum, das in der Villa Heimann-Rosenthal untergebracht ist, überhaupt keine Wahl. Die letzte jüdische Bewohnerin dieses Hauses ist mit anderen Hohenemser Juden nach Theresienstadt deportiert und ermordet worden. Wenn eine Institution wie das Jüdische Museum das Zeigen der Wehrmachtsaustellung in Vorarlberg nur halbherzig unterstützen wollte, würde sie ihre Glaubwürdigkeit ruinieren. Nach einem langen Diskussionsprozeß hat der Vereinsvorstand meine Position damals ja auch anerkannt. Dennoch ist mir diese Initiative von vielen verübelt worden. Ich muß annehmen, dass mir jetzt auch die Veranstaltungsreihe "Im Schatten der Vergangenheit" verübelt wird. Ich hatte sie vor meiner Kündigung bis zur letzten Veranstaltung am 8. November durchorganisiert. Sie haben darüber ja in der "Kultur" vom letzten Juni einen Artikel veröffentlicht, in dem ich die Intention des Projekts darlegen konnte. Bisher ist es auf reges Besucherinteresse gestossen.

Kultur: Der Beschluss des Vereinsvorstands, die Stadt um Auflösung Ihres Vertrages zu ersuchen, war einstimmig. Gibt Ihnen das nicht zu denken?

Krapf: Auch wenn ich mich zu dieser Frage noch bedeckt halten muss, können Sie vielleicht nachvollziehen, dass ich die Motive meiner Dienstgeberinstanzen nicht ohne kritische Distanz sehe. Da Sie den Vorstand ansprechen, möchte ich an dieser Stelle betonen, dass es mir mir fernliegt, den Mitgliedern des Vorstands ihr ehrbares Engagement pauschal abzusprechen. Sie investieren sicherlich viel Zeit und Energie, und sie tun dies ehrenamtlich. Dass sich dennoch die Frage stellt, ob es verantwortbar ist, das Museum in dieser Form zu führen, steht auf einem anderen Blatt. Ich denke, diese Institution ist über die angemessene Schuhgröße eines Vereins hinausgewachsen. Dass ich diese Einschätzung an geeigneter Stelle zur Sprache gebracht habe, dürfte mir möglicherweise ebenfalls verübelt worden sein.

Kultur: Alle meine Gesprächspartner - ein Vorstandsmitglied, der externe Berater Samy Bill, ein Mitarbeiter des Hauses, der Bürgermeister - alle sind einhellig der Meinung, dass Sie nicht dazu bereit waren, bei der Suche nach neuen Organisationsstrukturen mitzuarbeiten, insbesondere dann, wenn es darum ging, über die Funktion der Leiterstelle nachzudenken. Wie stehen Sie zu diesem Vorwurf?

Krapf: Vor zwei Jahren habe ich mich um die Leitung beworben. Es gab eine Stellenbeschreibung. Ich bin von einem anderen Erdteil nach Vorarlberg gezogen. Meine Frau muß eine neue Sprache lernen, auch für unsere beiden Kinder ist die Umstellung noch nicht abgeschlossen. Wir haben das auf uns genommen, weil es eine Stelle mit einem Aufgabenbereich gab, den ich fünf Jahre lang wahrnehmen sollte und die mich, so hofften wir, beruflich weiterbringen würde. Eines Tages heißt es plötzlich: "Deine Stelle wird neu definiert. Da hast du mitzumachen." Man will aber nicht sagen, wie das Stellenprofil aussieht, weil es angeblich Ergebnis eines "Diskussionsprozesses" sein soll. Dennoch habe ich mich bereit erklärt, mich an jeder Diskussion zu beteiligen. Dabei habe ich mir allerdings vorbehalten, das noch nicht bekannte Ergebnis möglicherweise nicht anzuerkennen. Ebenfalls habe ich wiederholt zu Protokoll gegeben, dass ich mein Recht auf die Position, für die ich ernannt worden bin, nötigenfalls mit allen zu Gebote stehenden Mitteln geltend machen würde. Diesen Vorgang will man mir als unverbesserliche Unflexibilität anlasten und damit die Kündigung rechtfertigen. Meinerseits hatte ich jedenfalls gute Gründe, dem externen Organisationsberater Samy Bill zu mißtrauen, weil er mit vorgefaßten Positionen an seine Aufgabe heranging, was in meinen Augen keine Empfehlung für seine Professionalität ist. Gleich zu Beginn von Herrn Bills Beratung erfuhr ich von einem Vorstandsmitglied, der Organisationsberater bemängele "fehlendes betriebliches Denken" im Museum. Zu diesem Zeitpunkt hatte er zwar mit Mitarbeitern des Museumsleiters über die Situation gesprochen, aber nicht mit mir. Sie werden verstehen, dass ich da sehr argwöhnisch wurde, selbst wenn ich Herrn Bill auf Empfehlung meiner Mitarbeiter geholt hatte. Fakt ist jedenfalls, dass es 1999, als ich für das Budget verantwortlich war, im Museum wieder schwarze Zahlen gegeben hat. Wohlgemerkt ohne buchhalterische Kunstgriffe und nachdem es im Vorjahr ein für mein Empfinden skandalöses Defizit gegeben hatte. Um so lieber hätte ich gewußt, was denn "mangelndes betriebliches Denken" ist. Ich lasse mir nicht nachsagen, dass ich mich sachlicher Kritik verschließe. Anstatt aber mit mir über Sachfragen zu reden, wollte der Berater — nicht ohne psychologische Trickserei — dass ich im Vorhinein ein noch nicht bekanntes "Diskussionsergebnis" unterschreiben sollte. Diesen Blankoscheck habe ich verweigert. Solange Parolen wie "Verflachungen von Hierarchien" herumgeisterten, lag für mich nahe, dass man mich als Frühstücksdirektor im Archiv entsorgen könnte. Dafür war ich nun nicht hierher gezogen.

Kultur: Man hat Ihnen auch vorgeworfen, die internen und externen Mitarbeiter nicht richtig motiviert zu haben. Gab oder gibt es aus Ihrer Sicht Kommunikationsprobleme?

Krapf: Obgleich es mir fern liegt, unbestreitbare Verdienste der Mitarbeiter in Abrede zu stellen, scheint es manchen mitunter egal zu sein, wer unter ihnen Direktor ist. Wenn ihnen in dieser Haltung von Vorstandsmitgliedern der Rücken gestärkt wird, entstehen neue Problem— und Minenfelder. Dies ist allerdings sehr komplex und betrifft Interna, über die ich mich zu diesem Zeitpunkt nicht äußern kann. Gleiches gilt für die externen Mitarbeiter, nach denen Sie fragen.

Kultur: Ein weiterer gegen Sie gerichteter Vorwurf lautet, es gäbe nicht einmal eine mittelfristige und dementsprechend auch keine langfristige Programmplanung für das Jüdische Museum.

Krapf: Das ist unwahr. Zutreffend ist, dass ich mit meinen Vorstellungen mitunter auf wenig Begeisterung gestoßen bin, so dass meine Programmideen dann ungern aufgegriffen wurden. Das liegt im wesentlichen daran, dass nach meinen Vorstellungen nach der Schoa ein jüdisches Museum in Deutschland oder Österreich einen klaren gesellschaftspolitischen Auftrag wahrzunehmen hat. Mein Ansatz wurde ja bereits in Ihrem Interview dokumentiert ("Kultur", Februar 1999), das Sie gleich nach meinem Dienstantritt im Januar '99 mit mir geführt hatten. Das Echo meiner Programmvorstellungen im Jüdischen Museum Hohenems tangiert die viel beschworene, aber nie geführte Leitbilddiskussion. Beispielsweise geht es um die Gefahr, dass eine Institution von Rang und Namen und mit einem großem Potential zu einem beschaulichen Heimatmuseum verkommen kann, weil es an einer sinnvollen Prioritätenskala krankt.

Kultur: Zurück zum Rechtsstreit: Selbst wenn Sie vor Gericht Recht bekommen sollten, wird es für Sie aufgrund des zerbrochenen Porzellans wohl keine Zukunft als Leiter des Jüdischen Museums geben. Geht es also nur noch darum, eine möglichst hohe Abfindungszahlung auszuhandeln?

Krapf: Ich sehe das entschieden anders. Zum Glück habe ich keinerlei Erfahrung mit solchen Prozessen, und natürlich geht es um finanzielle Forderungen, nach meiner Grobrechnung zunächst um sechsundvierzigeinhalb Monatsgehälter. Aber für mich geht es um weit mehr, denn ich will meine Biographie nicht auf Gehaltszettel und Bankauszüge reduziert wissen. Ich bin hierher gekommen, um im Jüdischen Museum Hohenems etwas zu gestalten. Wie Richter mit dieser Lage umgehen, kann ich nicht beurteilen. Was mit dem zerbrochenen Porzellan geschieht, wird sich zeigen. Vielleicht wird sich auch die Organisation des Jüdischen Museums ändern müssen.

Kultur: Können Sie sich noch eine außergerichtliche Einigung vorstellen?

Krapf: Alles ist möglich.

Kultur: Wie sehen nun Ihre persönlichen Lebenspläne aus, nachdem Ihr Engagement beim Jüdischen Museum möglicherweise nicht mehr allzulange dauern wird?

Krapf: Wie ich bereits sagte, für mich ist offen, wie es mit dem Museum und mir weitergehen wird. Diesbezüglich und in meiner Lebensplanung bin ich für vieles offen, auch für eine Erneuerung meines starken Engagements im Museum. Allerdings müßte ich mich dann vordringlich um Elefantenschutz bemühen, denn weitere Porzellanschäden wären für das Museum katastrophal.


haGalil onLine

1995/96/97/98/99/2000 © by haGalil onLine®
Munich - Kirjath haJowel - All Rights Reserved
haGalil onLine - Editorial

Click Here!

Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!

 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved