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SZ vom 14.10.2000 Meinungsseite

Die Pflicht zur Einsicht

VON RUDOLPH CHIMELLI

Bilder über:
israel.de

Der Untergang des Morgenlandes hat begonnen, und wenn er für die unmittelbar Betroffenen nicht so dramatisch verliefe, dann wäre es ein Thema bitterer Satire, dass den versammelten Weisen aus dem Abendland zur Eskalation im Nahen Osten nichts anderes einfällt als die Ermahnung „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht“. 

Sicher muss das Morden beendet werden, sonst erreicht die Erbitterung Sturmstärken, bei denen sich selbst Parlamentäre mit der weißen Fahne nicht mehr ins Niemandsland wagen können. Aber auf Dauer wäre nichts gewonnen, wenn einmal mehr lediglich der Deckel auf den brodelnden Kessel gebracht würde, um sich dann wieder der Tagesordnung zuzuwenden.

Genau das aber tut die internationale Gemeinschaft seit einem halben Jahrhundert. Wann immer der arabisch-israelische Gegensatz in offenen Konflikt umschlug, begnügte sie sich mit Lösungen für den Augenblick – in der Hoffnung, dass nichts so lange hält wie das Provisorische. Bei der Errichtung des jüdischen Staates wurde ein großer Teil von dessen arabischen Bewohnern vertrieben. Mit der Legende, sie seien dem Ruf ihrer Führer zur Flucht gefolgt, haben inzwischen selbst israelische Historiker aufgeräumt. Wäre es so gewesen, hätte kein Grund bestanden, ihnen nach Ende der Kämpfe die Rückkehr zu verwehren. UNO-Resolutionen bestätigen alljährlich das Recht auf Rückkehr oder Entschädigung. Sie werden im großen Keller für Polit-Makulatur gestapelt. Für die Praxis gilt der Satz des Gründervaters Ben Gurion: keinen Flüchtling zurücknehmen und keinen Quadratmeter zurückgeben.

Das ist die eine tiefe Ursache des Zwistes, der auf dem schlechten Weg ist, zum hundertjährigen Krieg der Gegenwart zu werden. Die andere besteht in der Weigerung der Palästinenser sowie eines großen Teiles der arabisch-islamischen Welt, sich mit dem Fait accompli ihrer ersten Niederlage und aller folgenden Auseinandersetzungen abzufinden. Hinzu kommt die israelische Siedlungs- und Enteignungspolitik in den besetzten Gebieten. Die Genfer Konvention verbietet es ausdrücklich, eigene Staatsbürger auf erobertem Land anzusiedeln. Obwohl sich aber an den Wehrdörfern ständig Zwischenfälle entzünden, beliebte die Gemeinschaft auch darüber mit halblauten Protesten hinwegzugehen.

Vertane Chancen 

Warum das so war? Als Folge des Holocaust – den die Deutschen begingen, nicht die Palästinenser – genoss Israel lange Zeit einen Verhaltensbonus. Und in der Zeit der weltweiten Rivalität der USA mit der versunkenen Sowjetunion wurde der jüdische Staat zum strategischen Vorposten Amerikas in einem Nahen Osten, in dem die Russen mit Waffen und diplomatischer Protektion um arabische Klienten warben. Nun ist dieser Bonus dabei, sich zu erschöpfen. Unverändert aber agieren die USA als Schutzmacht Israels. Der Anschlag auf ein amerikanisches Kriegsschiff in Aden, synchron zu den Zusammenstößen in Palästina, zeigt, dass Washington genau in dieser Rolle gesehen wird.

Über Jahrzehnte hinweg wurden alle Chancen zum Frieden vertan. Die längst vergessene Annäherung zwischen dem Ägypter Nasser und dem Israeli Sharett war zerstört, als Ben Gurion erneut die Macht übernahm und zum ersten Angriff auf den Suezkanal blies. Gedanken über ein Personalstatut für Juden, Muslime und Christen, die unabhängig von israelischer oder palästinensischer Staatlichkeit auf allen Territorien hätten koexistieren sollen, starben zusammen mit Yitzhak Rabin. Nur langsam breitete sich unter den Israelis die Erkenntnis aus, dass man Palästinensern und Syrern, hinter denen nicht mehr die Russen standen, ohne großes Risiko für die eigene Sicherheit mehr Konzessionen machen könnte. Am Anfang des Osloer Friedensprozesses war die Freude der Palästinenser über die Anerkennung ihrer nationalen Rechte so groß, dass sie bereit waren, sich mit Teilsouveränität auf Bewährung abzufinden. Zu lange aber schleppte sich die Umsetzung des Abkommens hin. Nun wächst eine Generation heran, die mehr will als eine Art Bantustan von zweifelhafter Lebensfähigkeit. Jetzt scheint es zu spät. Nie zuvor war die Stimmung so angeheizt. Nie zuvor demolierten aufgeputschte Massen Synagogen. Nie zuvor waren die Araber in Alt-Israel so rebellisch.

Abschied von den Mythen 

Wenn in dieser Situation etwas gerettet werden soll, dann müssen alle Seiten von ihren Mythen Abstand nehmen. Noch 500 Jahre nach der Vertreibung der Araber aus Spanien gibt es marokkanische Patrizier, die den Schlüssel zum Haus ihrer Familie in Granada aufbewahren. So wenig wie einst jene Andalusier wird die Mehrheit der Palästinenser in der Diaspora oder den besetzten Gebieten in die Heimat der Väter in Haifa oder Jaffa zurückkehren. Ansprüche auf Reparationen sind Sache der Politik. Nostalgie ist es nicht. Nur ungern lassen sich übrigens Araber daran erinnern, dass Jerusalem noch zu Beginn des letzten Jahrhunderts unter muslimischer Herrschaft stand. Als die Briten dort während des Ersten Weltkriegs einzogen, begleiteten sie die Jubelschreie der Frauen auf den Dächern und die Hoffnungen arabischer Nationalisten. Der Sultan in Istanbul, nicht Araber, sondern Türke, aber unzweifelhaft Muslim, hatte die Wünsche der Zionisten nach Land noch mit der Bemerkung abgewiesen: „Da müssen sie warten, bis wir tot sind. Vivisektion wird es nicht geben.“

Auf der anderen Seite entsprach der zionistische Traum vom Volk ohne Land, das in ein Land ohne Volk gehen sollte, nicht einmal zu Moses Zeiten der Realität. Das den Juden in der Bibel verhießene Land von Milch und Honig war schon damals das Land der Kananiter, Hetiter, Amoriter, Pherisiter, Veriter und Jebusiter. Dass es von Gott verliehene Ansprüche auf Landstriche, Städte oder Gebäude geben könnte, eignet sich zum Diskurs unter Gläubigen. In einer grundsätzlich laizistisch angelegten Weltordnung kann dies kein Argument sein. Soll es Frieden geben, müssen alle Beteiligten bereit sein, aus der Geschichte Konsequenzen zu ziehen. Auch die Israelis.

Von den USA ist, nur wenige Wochen vor der Wahl des nächsten Präsidenten, keine Initiative zu erwarten, die über unmittelbare Schadensbegrenzung hinausgeht. Der Friedensprozess, dessen Erfolg Präsident Clinton zur Krönung seiner Karriere anstrebte, wird sich so schnell nicht wiederbeleben lassen. Auch die Europäer sollten nicht glauben, sie könnten es sich leisten untätig zu bleiben, wenn weit hinten in der Türkei die Völker aufeinander schlagen. Ein Blick auf Ölpreise, Börsenkurse und die möglichen Konsequenzen für ihre Volkswirtschaften zeigt: Sie sind unmittelbar betroffen. Dass aus den anschwellenden Unruhen ein allgemeiner Krieg zwischen Arabern und Israelis wird, ist nicht die große Gefahr. Militärisch sind die arabischen Staaten dafür nicht gewappnet. Die Zeichen deuten eher auf eine lange währende Guerilla hin, mit hohem Blutzoll für die Palästinenser sowie gewaltigen moralischen und außenpolitischen Spesen für die Israelis. Dabei sind die historischen Rollen neu verteilt. Die Nachkommen des Philisters Goliath, die Filistini, werfen mit Steinen. Die schweren Waffen hat diesmal David.

Warum reden wir nicht? 
'Salamu alekhum - Shalom alekhem!
Palästinenser in Deutschland? Jude in Prag? Palästinenserin in der Schweiz? Israeli in Österreich? 
Ahlan veSahlan beSukath haShalom!
Kulam musmanim ve kol haBaim Brukhim!

[haGalil Sounds: Let's talk again!]
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