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Nazis in unserer Stadt
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Hetze und Terror in Berlin und Brandenburg:
Bürger versuchen sich zu wehren
Adam - Mensch - wo bist
Du?
Die Geschichte von G‘tt und der Welt
Unetanej Tokef K'duschath haJom...
Es ist an uns, Nachdruck zu verleihen der Heiligkeit des Tages...
Eine Initiative gegen rechts
hat unter dem Motto "Aufschrei gegen das Schweigen" für Schabath
Schuwah, den Schabath der Umkehr, vor Jom Zom Kipur, zur Mahnwache vor
dem jüdischen Gemeindehaus in der Fasanenstraße aufgerufen.
Die Gemeinde ist sehr besorgt.
"Das kann ich an den Anrufen ablesen, die mich erreichen", sagte Andreas
Nachama in einem Interview der dpa, "wenn Deutschland Teil eines
zivilisierten Europas bleiben will, dann muss es Gegebenheiten schaffen,
in der auch Juden gut leben können".
Vertreter der Jüdischen Gemeinde Brandenburg haben sich nach der
Schändung des Friedhofs in Potsdam für eine ständige Bewachung jüdischer
Einrichtungen ausgesprochen. Sie machten darauf aufmerksam, dass im
laufenden Jahr bereits über 100 Anschläge auf jüdische Friedhöfe in
Brandenburg zu verzeichnen waren, die schlimmsten davon in Cottbus.
Zugleich forderten Sprecher der Gemeinde die Politiker des Landes auf,
schärfer gegen Antisemitismus und Fremdenhass vorzugehen.
Nach Angaben des Polizeipräsidiums Potsdam hatten Streifenpolizisten am
späten Mittwochabend entdeckt, dass am Friedhofseingang ein Galgen über
den eingravierten Davidstern geschmiert worden war. Die unbekannten
Täter, so eine Polizeisprecherin zur taz, hätten den angedeuteten Strick
direkt über dem Emblem angebracht. Der Tatort sei nach Spuren abgesucht
worden. Das Staatsschutzkommissariat habe Ermittlungen wegen des
Verdachts der Volksverhetzung eingeleitet. Der Polizei zufolge steht der
Friedhof am Pfingstberg nicht unter ständiger Bewachung. Angesichts
dieses Anschlags und eines früheren im Februar werde nun aber eine
"verstärkte Bestreifung" vor Ort durchgeführt.
Erst im Februar dieses Jahres hatten ebenfalls Unbekannte zum 70.
Todestag des NS-Aktivisten Horst Wessel den jüdischen Friedhof mit
Hakenkreuzen beschmiert. Irina Knochenhauer, Geschäftsführerin der
Jüdischen Gemeinde Brandenburg, betonte, die neuerliche Schändung des
Friedhofs zeige, "dass dies keine Zufälle sind, sondern dass System
dahinter steckt". Mindestens einmal im Monat würden jüdische Friedhöfe
"beschmiert.
In Potsdam verhinderten Beamte in der Nacht zum Sonntag einen
Angriff rechter Jugendlicher auf ein besetztes Haus. In Flecken
Zechlin (Ostprignitz-Ruppin) nahm die Polizei am Sonntagnacht vier
Betrunkene im Alter von 19 bis 22 Jahren fest, die zuvor "Sieg Heil"
gerufen hatten. In Wittstock ritzten Unbekannte am Wochenende in den
Lack mehrerer Autos Hakenkreuze sowie "Sieg Heil". In der Nacht zum
Sonnabend stoppte die Polizei in
Luckenwalde ein Auto, an dessen Heckscheibe sich ein Schriftzug
der verbotenen Organisation "Blood and honour" befand. In der Wohnung
eines 21-jährigen Autoinsassen fanden die Beamten mehrere CDs und
Kassetten mit rechtsgerichtetem Inhalt.
Eine Hohenschönhausener Bürgerinitiative gegen Rechtsextremismus
wirft dem Fußballclub BFC Dynamo fehlende Distanz zu
rechtsextremistischem Fanpotenzial vor. Der Verein habe am vergangenen
Dienstag "den Schulterschluss mit rechtsextremistischen Fans" geübt,
kritisierte die "Unabhängige Anlaufstelle für BürgerInnen" (UAB)
gestern.
Ausgelöst wurden die Vorwürfe durch eine Feier unter dem Titel "Tag der
Germanen" in dem Lokal "Berliner Fußball Café" in Lichtenberg. In
altdeutscher Schrift lockten die Betreiber mit "Bedienung in
Germanenkluft". Der Germanentag wurde auch auf der Homepage des BFC
beworben. Die Mannschaft, so war zu lesen, wolle "einen Beitrag für
Freibier, Wein und Hirsch bereitstellen". Die UAB sieht darin eine
fehlende Distanz zum Rechtsradikalismus, in dem das Bekenntnis zu
germanischen Göttern eine wichtige Rolle spielt.
Unbekannte hängten an einer Brücke über der A 11 zwischen Warnitz
und Gramzow (Uckermark) zwei Transparente mit rechten Parolen auf.
Auf das eine Tuch hatten sie geschrieben "Das Reich kommt wieder", auf
das andere "Deutschland ist größer als die BRD". In Paretz
(Havelland) wurden Beamte am Dienstag zu einer Wohnung gerufen, aus
der "Sieg Heil"-Rufe kamen. Zwei der vier dort zechenden Personen wurden
festgenommen, nachdem sie auch vor Polizisten "Sieg Heil" gerufen
hatten. Die 17 und 25 Jahre alten Männer waren stark angetrunken.
Wegen des Brandanschlags auf eine vietnamesische Familie ist ein
23-Jähriger gestern zu einer neunjährigen Haftstrafe verurteilt worden.
Den 16-jährigen Mitangeklagten verurteilte das Potsdamer Landgericht zu
fünf Jahren Jugendhaft. Damit blieb das Gericht weit unter der Forderung
des Anklagevertreters. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass die
beiden Angeklagten am 7. Mai dieses Jahres zwei Molotowcocktails gegen
ein Fenster an der Wohnung der Vietnamesen im brandenburgischen Belzig
warfen. Bei dem Anschlag wurde niemand verletzt.
Erst jetzt wurde uns gemeldet, dass am Tag der Einheit in Schwerin
ein Döner Stand angezündet worden war. Eine vollständige
Berichterstattung über die Vorkommnisse ist schwierig. Erstens ist noch
immer Hauptziel der Polizeidienststellen die Vertuschung, zweitens liegt
die Klassifizierung einer Straftat am die Anzeige aufnehmenden Beamten.
Wir schätzen, dass nicht einmal die Hälfte der NS-Terrorakte der
letzetne Jahre als solche klassifiziert wurden. Diese Schätzung ist sehr
vorsichtig. Aktenkundig ist - zumindest was Terrorakte mit Todesfolge
anbetrifft, dass die staatliche Statistik (Innenministerium) nur ca. 25%
der NS-Morde als solche klassifiziert und damit in die Statistik
aufgenommen hat.
Wir wissen auch, dass die Anzahl der für das letzte Jahr statistisch (im
Bericht des Verfassungsschutzes) angegebenen NS-Propaganda und
Beleidigungsdelikte deutlich unter der allein durch uns zur Anzeige
gebrachten Menge liegt.
06-10-2000 haGalil
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