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Normal war nur die Machtlosigkeit

Anmerkungen zum 50. Geburtstag 
des Zentralrats der Juden in Deutschland

Richard Chaim Schneider

Manarah

Machen wir uns nichts vor: Macht und Einfluss des Zentralrats der Juden in Deutschland waren seit seiner Gründung vor 50 Jahren stets abhängig vom Wohlwollen der deutschen Obrigkeit. Dieses "Wohlwollen" war in den Anfangsjahren der Bundesrepublik ein fast zwangsläufiges, ein beinahe aufoktroyiertes, über das vor allem die Amerikaner wachten. Das versteht sich, selbst wenn politische Figuren wie Theodor Heuss und Konrad Adenauer durchaus auch - wohlgemerkt: auch! - ein ernsthaftes Interesse an einer guten Beziehung zu den Juden in diesem Lande und in der gesamten Welt hatten.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland wurde am 19. Juli 1950 gegründet. Seine Funktion sollte in den Zeiten der Nachkriegswirren zunächst eine rechtspolitische sein. Doch mit der Etablierung des Dachverbandes der jüdischen Gemeinden in Westdeutschland wurde alsbald auch ein Signal gegeben, dass Juden in Deutschland bleiben werden. Die Gründungsmitglieder waren damals überwiegend deutsche Juden: Philipp Auerbach, Staatskommissar für Wiedergutmachungsfragen, Heinz Galinski, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Berlin, Norbert Wollheim, stellvertretender Vorsitzender des Zentralkomitees der Juden in der britischen Zone, Karl Marx, Gründer der "Allgemeinen Jüdischen Wochenzeitung", Hendrik van Dam, ein Berliner Jurist, der dann Generalsekretär des Zentralrats werde sollte.

Die Gründung war alles andere als einfach. Noch 1998 konnte sich der inzwischen verstorbene Norbert Wollheim an die Umstände bestens erinnern: "Von Beginn an hatten wir versucht, die Juden in den Gemeinden zusammenzuschließen." Aus einer Interessengemeinschaft wurde eine Arbeitsgemeinschaft und der Plan für eine gemeinsame Organisation. "So kamen wir dann zur Gründung des Zentralrats trotz vieler Widerstände, besonders aus Bayern . Wir gründeten ein Direktorium: so war Auerbach etwa für die amerikanische Zone zuständig, Josef Rosensaft, Galinski und ich für die britische Zone, schließlich noch Baer und Meyer für die französische und russische Zone."

Der Wille zu bleiben

Anders als für die große Mehrheit der Juden damals, die überwiegend aus Osteuropa stammten, war es für diese deutschen Juden keine Frage, ob sie in diesem Land - das für sie ihre alte Heimat war und vor allem: ihr kulturelles und sprachliches Zuhause - bleiben sollten und wollten. Der Zentralrat nahm auf diese Entscheidung aber kaum Einfluss, wie sich Wollheim erinnerte: "Wir hatten Besuch von Rabbiner Leo Baeck aus London, dem letzten großen deutschen Rabbiner vor dem Krieg, der die Lager überlebt hatte. Er war sozusagen ein Halbgott für uns. Er meinte damals, dass es keine Rolle spiele, für wie lange es wieder Gemeinden in Deutschland gäbe, aber wenn es sie denn gibt, dann sollten es gute Gemeinden sein. Wir bemühten uns damals also, sie auf eine solide Basis zu stellen. Der Zentralrat hat meiner Meinung nach nie ein Zeichen gegeben, dass Menschen bleiben sollen oder nicht. Wo jemand hingehen will, das ist sein gutes Recht."

Der Zentralrat wurde damals dringend gebraucht: als Anlaufstelle für die Bundesregierung, als Sprachrohr für die Juden. Ihr Status war eminent in diesen unmittelbaren Nachkriegsjahren, galt es doch für die Deutschen zu beweisen, dass man aus der Shoah seine Lehren zog. Das Verhältnis der Bundesrepublik zu ihren Juden wurde alsbald zu einer Art Lackmustest für die Wandlungs- und Demokratiefähigkeit des deutschen Volkes. Je "netter" man zu seinen Juden war, desto besser stand die Bundesregierung im internationalen Ansehen da. Insofern wurde der Zentralrat hofiert - ohne ihm aber in entscheidenden Fragen politisches Gewicht zuzusprechen. Als Konrad Adenauer ausgerechnet Hans Globke, den Kommentator der Nürnberger Rassegesetze, zum Staatsminister ernannte, protestierte der Zentralrat lauthals - vergeblich.

Dennoch: Der Zentralrat übernahm bereits in seinen Anfängen eine wichtige Funktion bei Fragen zur Wiedergutmachung. Wichtig war die "Wächterrolle", wie Lili Marx, die Witwe von Karl Marx, rückschauend betont: "Der Zentralrat hat sich immer befleißigt, irgendwelche antijüdischen Vorkommnisse, ob in Berlin oder München, anzuprangern und publik zu machen." Ging es dabei immer um die Wahrung der Demokratie in Deutschland? Mitnichten. Diese "Wächterfunktion" diente auch als eine Art Alibi. Denn die große Mehrheit der internationalen jüdischen Gemeinschaft konnte nicht begreifen, wieso Juden ausgerechnet im Land der Mörder bleiben wollten. Die "Wächterfunktion" als Rechtfertigung: Wir Juden passen auf, dass in Deutschland kein zweiter Holocaust geschieht! So grotesk diese Haltung aus heutiger Sicht erscheinen mag, so tragisch war sie in Wirklichkeit. Denn sie zeigt, wie ambivalent jüdische Existenz in der Bundesrepublik immer gewesen ist. Auch heute will der Zentralrat seine "Wächterfunktion" ausüben, wie Paul Spiegel, der jetzige Vorsitzende, diese Woche in einem Interview erklärte.

Der Fall Nachmann

Der Zentralrat der Juden in Deutschland befindet sich heute in einer eigenartigen Situation. Als Mitte der achtziger Jahre, nach dem Tod Werner Nachmanns, der 22 Jahre die Geschicke des Zentralrats geleitet hatte, bekannt wurde, dass dieser 33 Millionen Mark an Wiedergutmachungszahlungen auf eigene Konten umgeleitet hatte, sah es zunächst so aus, als ob der jüdische Dachverband das Wenige an Autorität, das er sich erworben hatte, verspielt hätte. Es ist Heinz Galinski zu verdanken, dass es nicht dazu kam. Er vertrat von Anfang an den Standpunkt, man müsse diesen Skandal sofort öffentlich machen und aufklären. Dass die deutsche Presse relativ verhalten mit diesem Debakel umging, hatte mit der Angst der Deutschen zu tun, eine allzu laute Berichterstattung könne den Antisemitismus fördern.

Ein weiteres Beispiel der neuen "Normalität"...

Artikel vom 19. Juli 2000

haGalil onLine 19-07-2000

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