Polnische Zeitungen
berichteten am Freitag, dass Jan Karski, der als junger Mann die
Vorgänge im Warschauer Gettos ausgekundschaftet und westlichen
Regierungen vom Holocaust berichtet hatte, im Alter von 86 Jahren in
einem Krankenhaus in Washington gestorben sei.
Karski lebte seit Ende des Zweiten Weltkriegs in den USA. Elie
Wiesel sagte: "Eine der größten Persönlichkeiten des 20.
Jahrhunderts hat uns verlassen. Karski zögerte niemals, sein Leben
für das Zeugnis der Wahrheit zu riskieren".
Während des Zweiten Weltkriegs schmuggelte sich Karski im Auftrag
des polnischen Widerstands zweimal in's Warschauer Getto. Danach
unternahm der ehemalige polnische Diplomat mehrere geheime Reisen zu
westlichen Regierungen, um sie von der Ermordung der Juden Europas
in Kenntnis zu setzen.
Weder in London noch in Washington schenkte man ihm Glauben. "Der
Präsident stellte mir viele Fragen, keine hatte mit den Juden zu
tun", erinnerte sich Karski an eine Unterredung mit US-Präsident
Franklin D. Roosevelt im Juli 1943. Ein Mitglied des Obersten
US-Gerichtshofs, Richter Felix Frankfurter, sagte ihm ins Gesicht:
"Ich kann Ihnen nicht glauben."
Karski beurteilte seine Verdienste zurückhaltend: "Meine Rolle
während des Krieges ist oft übertrieben worden." Nach seiner
wichtigsten Leistung gefragt, entgegnete er: "Tausende andere kamen
um. Ich überlebte."
Nach dem Krieg sprach er jahrzehntelang nicht mehr über seine
Erlebnisse. "Ich schwieg 30 Jahre lang", so Karski. Mit seiner
jüdischen Frau habe er verabredet, nie mehr über den Krieg zu
sprechen. "Die Juden leben mit einer offenen Wunde, die nicht heilt.
Ich lebe mit derselben Wunde." Jungen Menschen riet er, sich nicht
vom Unsinn des Rassismus und Antisemitismus anstecken zu lassen:
"Meine Botschaft ist: Lernt!"
haGalil onLine
16-07-2000
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