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Angesichts der
Regierungskrise
- ausgerechnet in einer Zeit da Ehud Barak eine Stärkung seiner Position als
Premier des Staates Israel benötigen würde, und erst recht angesichts der in
Camp David liegenden Risiken und Chancen, braucht der Staat Israel etwas von der
Geisteshaltung des legendären Gründervaters Ben-Gurion.
Die israelische Tageszeitung
haArez erinnert an die Worte des großen Mannes der Arbeiterbewegung: "Ich
weiß nicht, was das Volk will, doch ich weiß, was das Volk braucht". Auch Rabin
und Peres waren solche Persönlichkeiten und auch Menachem Begin, der große Mann
des national-revisionistischen Likud, ging in Camp David voraus und entschied
nach Notwendigkeiten und nicht nach opportunistisch-nationalistischem Pathos.
Eine Umfrage in M'ariw geht
davon aus, dass die Regierung - selbst nach den Austritten dieses Monats, noch
immer handlungsfähig ist. Im übrigen kann davon ausgegangen werden, dass bisher
nicht beteiligte Gruppen der Koalition beitreten werden. Derzeit verfügt die
Regierung über einen Block von 54 Abgeordneten, die Opposition hat 53. Vieles
hängt ab von "Shinuj", "Jahaduth haTorah" und "Am echad".
Eine aktuelle
Dachaf-Umfrage ergab, dass 54% Baraks Reise nach Camp David
zustimmen, genauso viele meinen Barak habe auch nach dem Ausscheiden
von drei Koalitionsparteien noch immer ein Mandat für Konzessionen
an die Palästinenser. 43% sind der Ansicht er hätte garnicht erst
fahren sollen und sprechen sich für Neuwahlen aus.
So wie die meisten Israelis
sind auch die meisten Palästinenser für ein israelisch-palästinensisches
Abkommen, am allermeisten brauchen ein solches Abkommen aber Barak und Arafath.
Für beide ist das Abkommen so wichtig wie eine Oase für Wandernde in der Wüste.
Der rechts-religiöse
Zofeh
meint Barak stehe an der Spitze einer gelähmten Regierung, die nichts auf die
Reihe bekommen kann: keine Straße und keine Schnellbahn, keine Steuerreform und
keinen Friedensvertrag. Barak versucht mit aller Kraft, diesen Teufelskreis zu
durchbrechen - z. B. mit einem Friedensvertrag.
Vom
erfolgreichen Abzug im Libanon redet der Zofeh nicht. Auch nicht von
den Gründen der zeitweisen Handlungsunfähigkeit. Jedioth
achronoth sieht Chancen für den Premier: "Das ist Baraks Chance
sich über die Leiden der israelischen Gesellschaft zu erheben - den
Messianismus - die Korruption durch die Eroberung - die
undemokratischen Tendenzen - das Parasitentum. Er soll nicht nur
erkennen, wer zu ihm hält und wer ihm im Augenblick der Bewährung in
den Rücken fällt, er soll auch die Wertvorstellungen erkennen, von
denen sich jene leiten lassen, die ihn unterstützen. Er muss ihre
Kraft und ihre Ausdauer begreifen. Viele in Israel hoffen auf Camp
David, viele hoffen auf den Frieden. Ehud, lass unseren früheren
Glanz wieder auferstehen!"
Amos Oz meinte
in
M'ariw, der Augenblick der Wahrheit sei nun gekommen: "Die
meisten Israelis sind bereit zu einer Operation, auch wenn sie
schmerzt, weil sie wissen, dass wir und die Palästinenser nach der
Operation, sofern sie gelingt, von einem hundertjährigen blutigen
Konflikt geheilt sein werden. Die Mehrheit des israelischen Volkes
hat keine Angst vor dem Augenblick der Wahrheit - sie haben ihn
viele Jahre lang erwartet."
Inzwischen rief
Oz zu einer großen Demonstration auf, "die der ganzen Welt zeigt,
daß Millionen von Israelis ihren Regierungschef voll Anerkennung auf
dem Weg nach Washington begleiten, sich mit ihm solidarisch erkären
und ihm viel Erfolg wünschen". An Ehud Barak sandte er die Worte:
"Sei sicher im Bewußtsein dieser Kraft, mit Mut und Vorsicht, Elan
und Klugheit, Empathie und Realitätssinn".
Zu Realitätssinn mahnt auch
eine Aussage in haArez: "Die Verhandelnden in Camp David sollen wissen,
dass die Welt den Nahost-Konflikt überleben kann. Die Risiken, dass hier ein
Weltkrieg entstehen könnte sind nicht mehr dieselben wie vor zehn Jahren. Die
Welt ist bereit zu vermitteln, mit Geld und gutem Willen zu helfen, doch was die
Richter-Skala der Ängste betrifft, so ist dieser Konflikt eher nebensächlich.
Wenn die politischen Führer der Region ihr Schicksal nicht in die eigenen Hand
nehmen, wird kein amerikanischer Präsident ihnen die Arbeit abnehmen".
haGalil onLine
18-07-2000
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