Die Bundesregierung hat am Mittwoch offiziell Einspruch gegen die
Beschlagnahme deutschen Vermögens durch die griechischen
Justizbehörden eingelegt. Der rechtliche Schritt verhinderte die
Taxation in den Räumen des Deutschen Archäologischen Instituts und
des Deutschen Gymnasiums in Athen durch einen Gerichtsvollzieher.
Im Athener Goethe-Institut hatte eine solche Bewertung bereits
stattgefunden. Weitere Schritte der griechischen Justiz sind damit
zunächst gestoppt.
Der Aktion der Behörden liegt ein Spruch des Areopags vom April zu
Grunde. Der Oberste Gerichtshof Griechenlands hatte damals das
Urteil einer unteren Instanz aus dem Jahr 1997 bestätigt, wonach
Deutschland zur Zahlung von Entschädigungen in Höhe von 9,4
Milliarden Drachmen (55 Millionen Mark) an die Hinterbliebenen von
Opfern eines Nazimassakers während des Zweiten Weltkriegs
verpflichtet ist. Da sich die Regierung in Berlin weigerte, diese Ansprüche
anzuerkennen, wurden die Behörden in Athen ermächtigt, deutsches
Staatseigentum in Griechenland zu beschlagnahmen, um die Ansprüche
aus dessen Versteigerung zu befriedigen.
Dem Fall liegt eine Klage von rund 300 Personen aus dem Ort Distomo
zugrunde, deren Angehörige im Juni 1944 von deutschen Soldaten
erschossen worden waren.
Die griechische Regierung hat sich indes allerdings auf die Seite
Berlins gestellt und erklärt, die Beschlagnahme sei ohne
ausdrückliche Zustimmung des Justizministeriums unwirksam. Ein Regierungssprecher erklärte, dies sei eine politische und keine
rein juristische Angelegenheit. Sie betreffe die Beziehungen
zwischen zwei EU-Partnerländern. Deshalb werde die griechische
Regierung auf ihrem Standpunkt beharren. In der Begründung des
Einspruchs heißt es, die Zustimmung der griechischen Regierung sei
absolut zwingend. Dies sei auch in den Grundsätzen des
internationalen Rechts so festgelegt.
Ende Juli besucht der deutsche Außenminister Joseph Fischer Athen.
Die Visite wird nun mit Spannung erwartet, denn für die deutsche
Regierung steht mittlerweile viel auf dem Spiel: Sie muss das
Problem lösen, ohne einen Präzedenzfall zu schaffen.
Denn das Urteil könnte erst der Anfang für eine ganze Reihe von
weiteren Forderungen sein. Bis zu 40 000
Kläger, so schätzt die Zeitung Avgi, könnten durch die Entscheidung
des
Areopags "zu ähnlichen Prozessen ermutigt werden".
haGalil onLine
23-07-2000
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