Jesus von Nazareth. Pontius Pilatus. Das Letzte Abendmahl. Die
Kreuzigung. Namen und Begriffe, in denen sich eine der dramatischsten
Geschichten der Menschheit widerspiegeln: die Geburt des Christentums.
"Am Anfang des neuen Jahrtausends", sagt James Snyer, Direktor des
Israel Museums, sei es "höchst angebracht, die archäologische Geschichte
des Christentums und das Land seiner Herkunft zu feiern". Aus diesem
Grund hat Snyders Museum nun eines der größten und ehrgeizigsten
Projekte seiner 35-jährigen Geschichte realisiert: Die Ausstellung
"Wiege der Christenheit" bietet die beispiellose Gelegenheit, die
Wurzeln der Weltreligion anschaulich zu erkunden. Dafür wurden aus ganz
Israel und aus dem Ausland kostbare und einmalige Artefakte
zusammengetragen, von denen manche zum ersten Mal überhaupt zu sehen
sind.
Die Ausstellung "Wiege der Christenheit", die bis 21. Oktober 2000 geöffnet ist,
legt das Schwergewicht auf zwei große Perioden des frühen Christentums: zum
einen die Lebzeiten von Jesus, also die Herodianische Epoche und das erste
Jahrhundert sowie die letzten Tage des zweiten Tempels. Zum anderen die Epoche,
in der sich das Christentum zur Weltreligion entwickelte. Diese Periode begann
anno 326, als Königin Helena - Mutter des byzantinischen Herrschers Konstantin -
ins Heilige Land reiste, um das "wahre Kreuz" zu suchen, und endete vorläufig
drei Jahrhunderte später mit den moslemischen Eroberern.
Aus der ersten Periode sind im Israel Museum etliche Fundstücke zu sehen, die
das tägliche Leben dieser Zeit plastisch erscheinen lassen. Neu in der
Ausstellung zu sehen sind Aufzeichnungen, die einen Bezug schaffen zu den
berühmten Schriftrollen des Toten Meeres und weiteren frühen Zeugnissen des
Christentums. Des weiteren wurde der Tisch, an dem das Letzte Abendmahl
stattfand, komplett nachgebaut. Darauf zu sehen sind unter anderem Gläser und
Töpferwaren aus dieser Zeit. Ausgestellt wird auch das einzig bekannte Zeugnis,
das die römische Praxis der Kreuzigung dokumentiert: Der von einem Nagel
durchbohrte Knöchel von Yohanan Ben Hagailul, einem Juden, der im ersten
Jahrhundert gekreuzigt wurde.
Aus der byzantinischen Periode sind im Israel Museum Überreste von Kirchen,
Klöstern und Unterkünften für Pilger zu sehen. Auch Souvenirs und Andenken
früherer christlicher Pilger - darunter Ölkännchen und Amulette mit religiösen
Motiven - werden ausgestellt. Zudem wurde eine komplette Kirche aus dieser Zeit
rekonstruiert, mit Originalresten von Altären, einer Kanzel und frühen Mosaiken.
Und schließlich ist in der einzigartigen Ausstellung auch das 1.500 Jahre alte
Skelett eines Mönches zu sehen, das nahe dem Kloster Mar Elias an der Straße von
Jerusalem nach Bethlehem gefunden wurde. Diese Ausstellung, davon ist Direktor
Snyder überzeugt, "wird nicht nur Christen aus aller Welt faszinieren, sondern
auch all jene, die sich Aufschlüsse über christliches Leben in jüdischem und
moslemischem Kontext erhoffen."