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20 Jahre antifaschistische Stadtrundfahrten in Stuttgart:
"Wir sind die Zukunft 
– nie wieder Krieg!"

Stuttgart – Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der antifaschistischen Stadtrundfahrten in Zusammenarbeit des VVN/BdA und des Stadtjugendrings Stuttgart e.V. fand am vergangenen Samstag (06.05.2000) ein Festakt im Stuttgarter Geschwister-Scholl-Gymnasium statt.

Festredner waren unter anderen Hans Gasparitsch, Zeitzeuge und Stadtführer, und Dr. Michel Friedman, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, mit musikalischer Umrahmung durch die Gruppe Three Times A Lady. Die antifaschistischen Stadtrundfahrten entstanden auf Initiative des Widerstandskämpfers Alfred Hausser, der auch die Interessengemeinschaft der Zwangsarbeiter gründete.

Gedenken ohne Ende, tiefer und tiefer, nach all der Trauer am Jom haShoah - doch es gibt auch Erfreuliches, an das man erinnern kann! Gewidmet den Widerstandskämpfern, den Opfern und der Jugend, weihten am vergangenen Samstag Stuttgarter Schüler des Seminarkurses am Geschwister-Scholl-Gymnasium die Jubiläumsfeier im Foyer der Schule ein.

"Kinder werden nicht 
als Rassisten geboren"

Eigens aus Frankfurt angereist eröffnete Michel Friedman die Veranstaltung mit seiner berühmten Rede "Kinder werden nicht als Rassisten geboren".

Es hänge von den Erwachsenen ab, ob sie es schafften zu vermitteln, dass Judenfeindlichkeit und Ausländerfeindlichkeit gleichzeitig als Menschenfeindlichkeit anzusehen sei. Es hänge davon ab, wie sensibel Menschen mit Sprache, mit Klischees, mit Wissen umgingen.

Friedman betonte, er sei tief davon überzeugt, dass Menschen lernfähig seien, ihr Leben zu gestalten. Trotzdem könne er nicht leugnen, dass so etwas wie der Holocaust wieder passieren könne. "Doch wer wird beim nächsten mal die Deutschen, wer die Juden sein?"

Er habe immer wieder gehört, wie Menschen gesagt haben, sie hätten Auschwitz nicht gewollt. "Bedurfte es erst Auschwitz, um empört zu sein?"

Seitdem habe er sich immer wieder gefragt, wo der Endpunkt von Gewalt eingetreten sei: Erst als Bahnwärter von Deportierten erzählten? Bei der Wannseekonferenz, als Beamte ganz legal menschenverachtende Gesetze beschlossen? Am 09./10. November 1938? 1935 bei den Nürnberger Rassegesetzen? 1933 als Menschen enteignet oder erst als sie durch einen gelben Stern gebrandmarkt wurden?

An wie viel Gewalt 
gewöhnen wir uns?

Als Folge davon frage er sich, an wie viel Gewalt wir uns überhaupt gewöhnen - nach Mölln, Solingen... Was geschieht wenn menschenfeindliche Parteien mit 10% an die Macht kommen, wenn im Internet Hasstiraden gegen Menschen formuliert würden, wenn die Elite der deutschen Wirtschaft nicht in der Lage sei, Zwangsarbeiter zu entschädigen und in dieser Hinsicht Deutschland zum Entwicklungsland mache, das noch eine Spende nötig habe.

"An wie viel Gewalt haben wir uns gewöhnt", wenn heutzutage Vokabeln wie "Du Kanake" und "Du Scheißdeutscher" keine Seltenheit mehr seien, wenn das, was früher auf Seite 1 der Zeitungen stand uns mehr aufregte und gegen Opportunismus mobilisiert habe als dieselbe Tat - nur dass sie heute, wenn überhaupt, auf Seite 10 steht.

"Ich bin nicht bereit zu glauben, 
dass man nichts tun kann."

Nichts bewirken zu können, sei ein Satz für Feiglinge und Opportunisten. Jeder Mensch habe die Chancen, etwas zu bewegen, solange er sich diesem Leben nur stellt. Wenn wir akzeptieren, dass es keine Religion gibt, die die Antwort hat, dass keine Kultur mehr wert ist als eine andere.

Friedman appellierte an unsere multikulturelle Gesellschaft, den Anderen bereitwillig kennen zu lernen. "Es gibt keine Alternative zum Miteinander." Geschichte sollte dabei nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung empfunden werden, daraus zu lernen, wie es Menschen vergessen, dass andere auch Menschen sind.

Oliver Moses, erster Vorsitzender des Stadtjugendring Stuttgarts dankte Friedman dafür, dass er Geschichte reflektiert habe und den Teilnehmern einen Spiegel der aktuellen politischen Situation vorgehalten habe.

Es sei nicht selbstverständlich, dass er schon zum zweiten Mal eine kleine Veranstaltung des Stadtjugendrings besuche. 1994 sprach Friedman schon einmal bei der Uraufführung von Katrin Seybolds Film "Mut ohne Befehl" über den Widerstand und die Verfolgung in Stuttgart von 1933-1945.

Es herrsche bei vielen Vertretern von öffentlichen Ämtern eine Skepsis gegenüber dem kommunistischen Widerstand. Trotz zahlreicher Absagen, von denen einige auf einer Pinnwand am Eingang gezeigt wurden, würdigte Moses die Anwesenheit von zahlreichen Vertretern der Stadt und des Landes.

Als Abschluss der Veranstaltung bot Hans Gasparitsch, Zeitzeuge und Stadtführer, eine kurze Rückschau über die Geschichte und den Beginn der Stadtrundfahrten.

Getrieben durch die Schrecken seiner Haftzeit im KZ Dachau von 1937-1944, in das er als KPD-Widerständler verchleppt worden war, regte er nach dem Krieg an, "an die Orte der Grauen zu gehen, damit unsere Berichte lebendiger würden." Trotz heftiger Widerstände der Stadtverwaltung und den Äußerungen einiger Politiker, "den alten Dreck ruhen zu lassen", wurde am 29. März 1980 die erste antifaschistische Stadtrundfahrt unter dem Titel "Auf den Spuren des Dritten Reiches" durchgeführt.

Schon bald fanden diese Stadtrundfahrten in Zusammenarbeit mit dem Stadtjugendring reges Interesse. Es gab nämlich Fragen unter Jugendlichen, die sie zu Hause nicht stellen konnten. In der Zwischenzeit haben in 20 Jahren rund 600 Fahrten mit über 20.000 Personen stattgefunden.

Aufgrund ihres hohen Alters und gesundheitlicher Beschwerden können die Zeitzeugen die Stadtrundfahrten nur noch eingeschränkt begleiten. Es ist daher an der Zeit, dass nachfolgende Generationen diese Aufgabe übernehmen. Der im Herbst 1999, auf Initiative des Stadtjugendrings gegründete Arbeitskreis «Antifaschistische Stadtrundfahrt» möchte diese Tradition fortsetzen. Unter anderem veranstaltet er eine Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz.

The Making of an Englishman
Erinnerungen eines Stuttgarter Juden
von Fred Uhlman
DM 19,90, EUR 10,17
Erschienen 1998, Diogenes, Zürich. Taschenbuch

Der wiedergefundene Freund
von Fred Uhlman
DM 12,90 - EUR 6,60
Erschienen 1998, Diogenes, Zürich. Taschenbuch

 
 

weitere Informationen: http://www.stadtjugendring.stuttgart.de

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"Die Vergangenheit ist nie "vergangen" für den einzelnen nicht und nicht für das ganze Volk. Ob man sie verdrängt, verleugnet oder zu vergessen sucht, sie bleibt unser ständiger Begleiter. Man sollte sich dazu bekennen und die Konsequenzen daraus zu Bausteinen der Gegenwart und Zukunft machen."
      Hans Gasparitsch

*) VVN/BdA - Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

ig / haGalil onLine 12-05-2000

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