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Bern (AP) Der Antisemitismus ist in der
Schweiz laut einer vom American Jewish Committee in Auftrag gegebenen Umfrage
nach wie vor sehr stark verbreitet. Jeder sechste Schweizer bekennt sich gar
offen zu seinem Judenhass. Anderseits ist eine klare Mehrheit dafür, dass die
Geschichte des Holocaust in den Schulen unterrichtet wird.
Die Umfrage über «die Einstellung der
Schweizerinnen und Schweizer gegenüber Jüdinnen und Juden und dem Holocaust» hat
widersprüchliche Ergebnisse erbracht, wie am Mittwoch in Bern erläutert wurde.
Die Untersuchung wurde vom American Jewish Committee (AJC), New York, und der
Coordination Intercommunautaire contre l'Antisemitisme et la Diffamation (CICAD)
in Genf beim GfS-Forschungsinstitut in Auftrag gegeben. Befragt wurden zwischen
dem 10. und 24. Januar 2000 insgesamt 1.210 Personen mit Schweizer Nationalität.
Auf Grund der Ergebnisse kommen die
jüdischen Organisationen zu dem Schluss, dass die Welle des Antisemitismus,
welche die Schweiz seit der Diskussion um die nachrichtenlosen Vermögen
überrollt habe, noch nicht nachgelassen hat. 16 Prozent der Befragten bekennen
sich als klare Antisemiten, gar 60 Prozent geben eine antisemitische Tendenz zu.
Unterschiede zwischen der Deutschschweiz und der Romandie - das Tessin wurde
ausgelassen - existieren kaum. Als Lichtblick bezeichnen die jüdischen
Organisationen immerhin, dass die unter 25-jährigen Schweizer gemäß der Studie
weit weniger antisemitische Klischees mit sich herum tragen als die Älteren und
das Antirassismus-Gesetz klar befürworten.
Wissen um genaue Fakten mangelhaft
Nur eine kleine Minderheit der Befragten
konnte die genaue Zahl von Jüdinnen und Juden nennen, die in der Schweiz leben.
In der Regel wurde die Anzahl (18.000) weit überschätzt. Ergänzende Fragen
bestätigten, dass Klischees und Stereotype gegenüber Juden nach wie vor
verbreitet sind. So denkt ein Drittel der Schweizerinnen und Schweizer etwa,
dass die Juden zu viel Einfluss auf der Welt haben, dass sie die Erinnerung an
den Holocaust für ihre eigenen Interessen ausnützen und dass die Schweizer Juden
zu Israel loyaler seien als zur Schweiz.
Bezüglich der Rolle der Schweiz im
Zweiten Weltkrieg ist auch heute noch eine Mehrheit mit der damaligen
Regierungspolitik einverstanden. Ein Drittel findet, dass die Schweiz damals
nicht genügend jüdische Flüchtlinge aufgenommen hat, 43 Prozent meinen, es waren
genug. Trotz der aktuellen Diskussion um die Rolle der Schweiz im Zweiten
Weltkrieg fehlten den Schweizern im Vergleich zu anderen Ländern genaue
Kenntnisse über Zahlen und Fakten des Holocaust. Gegenüber 56 Prozent in
Frankreich wussten in der Schweiz nur 32 Prozent, was Shoa oder Holocaust
bedeuten. Trotz diesem Mangel an Kenntnis der exakten Fakten sei aber eine
überwiegende Mehrheit der Meinung, dass das Wissen um den Holocaust wichtig sei
(84 Prozent) und die Erinnerung daran wach gehalten werden muss (72 Prozent).
Vier von fünf sind dafür, das Wissen um den Holocaust in der Schule zu lehren.
haGalil onLine
15-03-2000
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