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Kein angenehmer
Morgen, es regnet in Strömen und der Donner läßt einen zusammenzucken.
In noch nächtlicher Frühe unterwegs, werden die Umrisse der anderen im
Bus von Blitzen alle paar Minuten erhellt. Es prasselt auf das Dach als
ob ich in einen Wasserfall geraten wäre.
Nach einer Viertel
Stunde Regen kann es in Tel Aviv, wie auch in der übrigen trockenen
Gegend, passieren, dass Strassen vorübergehend unpassierbar werden, da
sich bereits in leichten Senkungen das Wasser sammelt. Der Abfluss
scheint verstopft oder überfordert zu sein ... Manchmal meine ich, in
einen Wildbach geraten zu sein, um zwei Stunden später bei strahlendem
Sonnenschein selbigen nicht mehr anzutreffen. Nur die Spuren des
Wasserflusses im vielleicht noch nassen Sand zeugen von der Strömung.
Zum Glück muß ich
heute nicht mit dem Bus zur Arbeit fahren. Bei Regen wird Busfahren zum
Spiesrutenlauf. Ich muß den Autos nicht nur auf dem Weg zur
Bushaltestelle aus dem Weg gehen und den Straßenrand meiden, um nicht
unerwartet von den vorbeirauschenden Autos naß gespritzt zu werden. Bei
Regen scheinen die israelischen Autofahrer nämlich als letztes an
Fußgänger und deren trockene Bekleidung zu denken. An der Bushaltestelle
angekommen, könnte man sich in Sicherheit wiegen, wären selbige nicht
praktischerweise zur Straße hin orientiert. Folglich muß ich mich dort
in Acht nehmen, bis der Bus zum Stehen gekommen ist. Und hoffentlich ist
kein Schritt in die Fluten nötig um die Türe des Busses zu erreichen.
An meinem
Arbeitsplatz, einer Schule für zerebralgeschädigte Kinder zwischen sechs
und achtzehn Jahren, bringt der Regen eine ziemliche Abwechslung in den
sonstigen Alltag. Die Kinder stehen unter dem Vordach und bestaunen die
Tropfen und den wie an Schnüren herabprasselnden Regen. Manche können es
einfach nicht lassen und begeben sich einen kurzen Weg durch den Regen,
ohne auf die mahnenden Worte der Lehrerinnen, dass man da doch krank
werden könne, zu hören. Die Augen leuchten angesichts der Macht des
Himmels, die diesem trockenen Land neue Lebenskraft gibt. Auch die
Kinder verstehen, wie bedeutend das natürliche Nass für Israel ist.
Trotz des
derzeitigen Regenfalls kann aber noch nicht von einer Entwarnung
gesprochen werden, was das Wasserreservoir angeht. Wie eine generelle
Lösung aussehen wird, wird die Zukunft zeigen, ob diese nun
Meerwasserentsalzung, Einfuhr aus der Türkei, Einsparung oder
Golanreserven heißt. Die Regierung scheint sich nicht entscheiden zu
können, wie sie vorzugehen gedenkt, um den sicher weiter steigenden
Wasserbedarf des Landes zu decken. Erst in diesen Tagen wurde bekannt,
dass das Finanzministerium 160 Mio NIS (etwa 40 Mio Euro) für die
Meerwasserentsalzung immer noch nicht ausbezahlt hat ...
Auf den nächsten Regen freut sich Israel bestimmt.
Ben Atid /haGalil
onLine 18-02-2000
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