Lidové Noviny 25.02.2000
- Prag: Wie bei der Klagemauer
in Jerusalem kamen sich gestern Passanten der Prager Vladislavova Ulice vor, als
sich dort fast hundert Rabbiner über Behältern mit Überresten vor langer Zeit
verstorbener Mitglieder der Prager Jüdischen Gemeinde zum Gebet versammelten.
Die Rabbiner versuchten, 160
Behälter mit Überresten ihrer Ahnen zu der Begräbnisstätte zurück zu bringen, an
der diese vor 800 Jahren beerdigt wurden.
Nach Protesten der Tschechischen Versicherung haben die Rabbiner schliesslich
die Überreste zurück zum jüdischen Friedhof in Prag-Olsany gebracht.
An der Stelle des früheren
jüdischen Friedhofs will die Versicherung 'Ceska pojistovna' ein
Verwaltungsgebäude und eine Tiefgarage bauen. 1998 wurden die Gräber unter der
Baustelle gefunden. Die Versicherung vereinbarte mit der Jüdischen Gemeinde
Prag, dass das Kultusministerium diese Begräbnisstätte zum Kulturdenkmal
erklärt, die Versicherung dann die Gräber abzusichern und in Unversehrtheit am
Boden der Baustelle zu versenken habe.
Wegen dieser Vereinbarung
wurde der Prager Landesrabbiner, der Oberrabbiner Sidon, z.B. vom britischen
Oberrabbiner Jonathan Sacks oder dem französischen Oberrabbiner Josep Sitruk
angegriffen. Rabbiner Sidon wandte
sich an den israelischen Oberrabbiner, der endgültig entscheiden sollte. Dieser
hat Ende Januar einen Boten an Ort und Stelle geschickt, seine Entscheidung
steht jedoch noch aus.
Nach dem gestrigen
erfolglosen Versuch, die Überreste zu beerdigen, sagte Sidon, die Rabbiner
werden es wieder versuchen.
"Wir sind gekommen, um
unsere Ahnen wieder in ihre Gräber zu legen. Statt dessen sind wir Zeugen von
Streitigkeiten zwischen verschiedenen Ämtern und Organisationen. Wir hoffen,
nächste Woche eine Einigung zu erzielen", sagte Rabbiner Edgar Block aus New
York.
Der Sprecher der
Versicherung äußerte eine Verwunderung darüber, dass die Rabbiner die Überreste,
die auf der Baustelle gefunden wurden, erhalten haben. Archäologische Funde
gehören zum Besitz der Tschechischen Republik.
Auf dem Friedhof, der 1254
angelegt wurde, wurden ca. 400 bis 500 Gräber im unversehrten Zustand gefunden.
Die Archäologen hatten dort 36 Behälter mit Knochen geborgen.
E.E. / haGalil
onLine 25-02-2000
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