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Vom 7. bis 16. Juli findet in der
oberösterreichischen Landeshaupstadt Linz die Chorolympiade 2000 statt. Wegen
der aktuellen politischen Situation –Regierungsbeteiligung der Haider-Partei FPÖ
– haben 35 Ensembles abgesagt, eine Quote von fast 10 Prozent. Für haGalil
Online sprach Kurt Axtmann mit dem Präsidenten des Chorolympischen Komitees
Günter Titsch, zugleich Präsident des federführend organisierenden Vereins
Interkultur.
haGalil OnLine:
Insgesamt 35 Ensembles, die an der Chorolympiade 2000 in Linz teilnehmen
wollten, haben wegen der FPÖ-Regierungsbeteiligung abgesagt, darunter alle 28
eingeladenen Chöre aus Israel. Können Sie die Besorgnis in Israel und anderswo
verstehen ?
Günter Titsch:
Natürlich. Wer wäre angesichts gewisser Äußerungen von FPÖ-Funktionären nicht
besorgt. Für unsere österreichische Interkultur-Sektion hat sich Professor Fritz
Hinterdorfer entschieden von allen fremdenfeindlichen, rassistischen
Zungenschlägen distanziert und festgestellt, dass in keinem Komitee der
Chorolympiade ein FPÖ-Vertreter sitzt. Wir schätzen die Aufmerksamkeit, mit der
international und nicht zuletzt in Österreich selbst die Politik und,
allgemeiner, das kulturelle Klima beobachtet wird. Aber auch und gerade deshalb
hoffen wir, dass möglichst viele Ensembles ihre Absage noch einmal überdenken."
Frage:
Meinen Sie die Proteste und zum Beispiel die Meinungsänderung von Gerard
Mortier, der die Leitung der Salzburger Festspiele zunächst aufgeben wollte,
sich angesichts der öffentlichen Debatte aber dann zum Weitermachen entschloss?
Günter Titsch:
Ja. Einige Künstler und Kulturmanager wollten anfänglich jede Arbeit in
Österreich ablehnen und haben sich inzwischen anders besonnen. Bei Gesprächen in
den vergangenen Wochen habe ich den Eindruck gewonnen, dass Österreich insgesamt
genauso weltoffen und gastfreundlich ist wie vor der Regierungsneubildung.
Außerdem: Unsere kulturelle Arbeit ist konzeptionell und inhaltlich weder mit
nationalistischer Borniertheit noch gar mit rassistischer Dummheit vereinbar.
Das mögliche Fernbleiben der israelischen Chöre trifft uns mehrfach: Zum
künstlerischen Ehrenpräsidium unser Chor-Olympiade gehört der in Israel wirkende
Henry Klausner; und für den Oktober 2001 plant Interkultur ein großes
Chorfestival in Israel. Wir stehen mit allen Chören, die abgesagt haben, in
Verbindung, informieren über den Meinungsumschwung unter vielen internationalen
Kulturschaffenden und hoffen, dass trotz der politischen Turbulenzen die
Teilnahme in Linz auch von denen noch als Chance wahrgenommen wird, die ihre
Akkreditierung zurückgezogen haben.
Frage:
Werden Sie in der Programmplanung inhaltlich Beiträge zur europaweit geführten
politisch-kulturellen Debatte über die politische Konstellation anbieten, etwa
Vorträge oder Podiumsdiskussionen ?
Günter Titsch:
Wir denken darüber nach, wollen uns andererseits nicht ausdrücklich in
aktuell-politischen Auseinandersetzungen verzetteln. Wenn Sie so wollen, ist
unsere Arbeit immanent politisch, insofern sie von selbstverständlicher Toleranz
getragen wird – wahrhaft musikalisch-ästhetische Bildung, Neugierde,
Spontaneität, verträgt sich nun mal nicht mit dumpfer Fremdenfeindlichkeit. Jede
Absage ist uns eine Absage zuviel; denn Linz wird für zehn Tage zum Zentrum der
internationalen Chormusik, 354 Chöre aus 57 Ländern haben fest zugesagt, rund
18.000 SängerInnen sind dabei – wir halten die Tür für die Ensembles aus Israel
offen.
Informationen zur Chorolympiade
auf www.musica-mundi.com
haGalil onLine 08-03-2000
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