Wohltaten aus dem Ausland
Im
Wahlkampf '99 haben fast alle Gruppen
gegen das Finanzierungsgesetz verstoßen
Von Thorsten Schmitz /
Süddeutsche Zeitung
Tel Aviv – Die Parallelen zwischen
Israel
und Deutschland in diesen Tagen sind frappant. Nachdem gegen
Staatspräsident Eser Weizman strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet
wurden wegen der Annahme von Geldspenden in Höhe von umgerechnet 900.000
Mark, hat Israel
nun seit Donnerstag auch noch einen Parteispendenskandal.
Fünf Parteien wirft der Rechnungshof vor, sich und den
Wahlkampf bis zu den Wahlen im Mai 1999 illegal finanziert zu haben.
Dabei hat der staatliche Rechnungsprüfer Elieser Goldberg festgestellt,
dass Premierminister Ehud Baraks Parteienbündnis „Ein
Israel“ am eklatantesten gegen das Parteispendengesetz verstoßen
hat. „Ein Israel“, in dem die „Arbeitspartei“,
die „Gescher“-Partei von Außenminister David Levy und die
moderat-religiöse „Meimad“-Partei zusammengeschlossen sind, soll deshalb
13 Millionen Schekel Strafe zahlen (6,5 Millionen Mark).
Goldberg hat das Ergebnis seiner monatelangen Prüfungen
dem Generalstaatsanwalt zur Einleitung eines Strafverfahrens überlassen.
„Ein Israel“-Chef Ehud Barak teilte in einer
eilends organisierten Fernsehansprache mit, er habe von den Details über
die Finanzierung seines Wahlkampfes keine Ahnung gehabt und kündigte an,
man werde Berufung vor Israels oberstem Gerichtshof einlegen.
Die Erfolgsaussichten sind eher gering. Denn tatsächlich
hat Baraks Wahlbündnis in der Vorwahlkampfzeit bis zum Mai 1999 eklatant
gegen Paragraf 8 im Parteiengesetz von 1973 verstoßen, das
Parteienfinanzierung je nach Stärke der Fraktion im Parlament durch den
Staatssäckel vorsieht: Darin heißt es, dass israelische Parteien nicht
von ausländischen Organisationen oder Privatpersonen finanziell
unterstützt werden dürfen. Privatpersonen, die einer Partei spenden
wollen, müssen in Israel leben. Der Betrag einer
Einzelspende darf 1700 Schekel (rund 850 Mark) nicht übersteigen. Damit
solle vermieden werden, dass vermögende Personen oder Organisationen im
Ausland für ihre privaten Interessen die Politik in
Israel
beeinflussen oder missbrauchen können. Genau das wirft der
Rechnungsprüfer dem amtierenden Premierminister vor.
Der enorm teure Wahlkampf von Baraks „Ein
Israel“ – der sich auch den Präsidentenmacher James Carville aus
Washington leistete, der schon Bill Clinton und Tony Blair zum Sieg
verholfen hat – wurde nach Angaben des Rechnungsprüfers von bis zu
27 eigens dafür gegründeten „wohltätigen“ Organisationen finanziert. Sie
sollen in den USA, Kanada, in der Schweiz und auch in Deutschland
Spenden gesammelt und das Geld via New Jersey, Wien und Zürich nach
Israel
auf das Konto von „Ein Israel“ transferiert
haben. Die Partei argumentiert, legal gehandelt zu haben, weil im
Parteiengesetz nur die Finanzierung von Parteien erklärt werde, nicht
aber die Finanzierung eines Premierministerkandidaten.
Auch der rechtskonservative „Likud“ des früheren
Premierministers Benjamin Netanjahu soll seinen Wahlkampf am
Parteiengesetz vorbei durch Siedlerorganisationen finanziert haben,
ebenso die vom früheren Verteidigungsminister Jitzchak Mordechai
gegründete „Zentrumspartei“. Der „Likud“ soll 250 000 Mark Strafe
zahlen, die „Zentrumspartei“ 1,4 Millionen Mark.
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