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Anne Frank:
Die ganze Geschichte

Anne Frank wäre 2004 75 Jahre alt geworden. VOX zeigt am 27. und am 28. August den Spielfim "Anne Frank" in zwei Teilen als TV-Premiere...

Ein Gespräch mit Frau Hannah E. Pick-Goslar:
"Das Vermächtnis von Anne Frank
bewahren"

Das Gespräch führte Anton Legerer, Jr. am 26.8.1996
in Hannah E. Pick-Goslars Wohnung in Jerusalem.

Die Familien Frank und Goslar emigrierten nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 aus Deutschland nach Holland. Die beiden Flüchtlingsfamilien aus Deutschland - die Franks kamen aus Frankfurt und die Goslars aus Berlin - wohnten in der gleichen Straße, die Franks am Merwedeplein auf Nr. 37, Familie Goslar auf Nr. 31.

Über die etwa gleichaltrigen Töchter Anne und Hannah freundeten sich die Familien an und verbrachten die meisten Feiertage gemeinsam. "Die Familie Frank war mit uns sehr eng befreundet - die ganze Familie, jeden Feiertag haben wir gemeinsam gefeiert, zu Pessach waren die Franks immer bei uns, und freitags Abend kamen sie regelmäßig. Und wir Kinder haben einmal da, einmal dort übernachtet. Zu Silvester etwa wurden wir beide um Mitternacht geweckt und dann haben wir gegessen und getrunken, am darauffolgenden Feiertag haben wir zusammen gespielt Anne war mit uns auf Urlaub. Ich erinnere mich noch, als wir beide alleine in der Pension waren, und ein Gewitter zog auf, und wir hatten so große Angst, dass wir geweint hatten. Zum Glück war Anne da, sonst wäre ich ganz alleine gewesen, und sie hatte auch nicht ihre eigenen Eltern, nur meine."

Die Familien teilten ein ähnliches Schicksal, und waren doch grundverschieden: Im Gegensatz zu den Franks lebten die Goslars religiös und waren traditionell zionistisch eingestellt. Während Otto Frank Geschäftsmann war, arbeitete Hans Goslar als Staatssekretär im Innenministerium in Berlin. In den Niederlanden eröffnete er ein Beratungsbüro für Flüchtlinge. Hannah E. Pick-Goslar war etwa 4 1/2 Jahre alt, als die Familie emigrierte. An diese Zeit erinnert sie sich überhaupt nicht mehr, "ich weiß nur, dass ich in Berlin vorm Wahllokal gestanden bin und allen Leuten zugerufen habe: ‘Mein Vater wählt Hitlenburg!’. Das hat mir meine Mutter erzählt, offenbar waren Hitler und Hindenburg oft Gesprächsthemen zuhause". Für die Familie Goslar stand auch England als Exil zur Wahl, "mein Vater hatte einen wunderbaren Posten bei Unilever in London angeboten bekommen. Da hätte er aber an Sabbat arbeiten müssen, und deshalb hatte er den Posten nicht angenommen, und statt nach Palästina oder nach Amerika zu gehen sind wir nach Holland."

Die Familie entschied sich - der tiefen zionistischen Überzeugung widersprechend - auch dagegen, nach Palästina auszuwandern. Pick-Goslar kann sich an zwei Gründe erinnern; der erste war, dass "meine Mutter ziemlich klein und schwach war, und sie hatte gehört, in Palästina arbeiteten die Frauen enorm schwer, und da hatte sie Angst, dass sie das nicht könnte, und sie hätte es sicher gekonnt, auch wenn es damals viel schwerer war hier im Land, 1933." Der zweite Grund lag darin, dass die Familie zum Zeitpunkt der Flucht aus Deutschland nicht genug Geld hatte, ein sogenanntes Kapitalistenzertifikat zu bekommen. "Ob es nun wirklich das fehlende Geld oder die Verfassung meiner Mutter war, weiß ich nicht. Ich weiß nur, wir hatten dann ein Zertifikat, und das ist in Rotterdam beim Bombardement verbrannt. Wir hatten im letzten Moment ein Zertifikat, aber das konnten wir nicht mehr ausnutzen."

Nach der sogenannten Kristallnacht im November 1938 kam der Großvater nach Amsterdam. Er war auf Vortragsreise in Hamburg, um zionistische Reden zu halten, als er durch eine verschlüsselte Botschaft in einem Telefonat mit seinem in Deutschland verbliebenen Sohn, Hannahs Onkel, von seiner Verfolgung erfährt. "Mein Onkel hat ihm gesagt: ‘Guck mal, Du hast ‘ne Enkeltochter, die hat Geburtstag, und die würde sich enorm freuen, wenn Du ihr gratulierst.’ Die Enkeltochter war ich, und ich hatte am 12. November Geburtstag - aber ich war in Holland, d.h. der Großvater hat verstanden, dass er gesucht wurde. Zu dieser Zeit konnte man noch von Deutschland nach Holland reisen, und dann kamen die Großmutter und der Onkel nach, der Onkel ging dann in die Schweiz. Meine Großeltern wohnten neben uns, im Nebeneingang."

Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in die Niederlande im Frühjahr 1940 sehen sich die Flüchtlingsfamilien neuerlich bedroht, und Frau Pick-Goslar erinnert sich an unterschiedliche Auffassungen der Familienväter: "Herr Frank war immer so ein Optimist, und mein Vater hat immer alles schwarz gesehen, und wenn dann Herr Frank kam, dann ging immer die Sonne auf: ‘Ah, alles gar nicht so schlimm, und die Engländer werden gewinnen, und die Amerikaner werden helfen, und alles ist in Ordnung.’ Darauf hat mein Vater gesagt: ‘es ist alles nicht in Ordnung, und man wird uns alle umbringen, und Hitler wird gewinnen’".

Hebräisch, die Sprache des erträumten eigenen Landes, lernte Hannah in der Sabbatschule, im Hause Goslar wurde immer deutsch gesprochen, die Verbundenheit mit der deutschen Kultur blieb bis zuletzt, "Ja, meine Mutter hat doch immer gesagt, sie möchte zurück nach Deutschland, noch mehr als mein Vater, und sie konnte besser holländisch als mein Vater, sie hatte es leichter mit Sprachen, hatte Latein und Griechisch gelernt, sie war auch Lehrerin, aber meine Eltern haben gesagt: ‘Holländisch ist keine Sprache, das ist eine Halskrankheit’." Bei der Familie Frank wurde Hannah Pick-Goslars Erinnerung nach mehr holländisch gesprochen, und die Kinder haben untereinander nur holländisch gesprochen, "ich hab’ mit Anne nur holländisch gesprochen, sicher, wir waren ja in einer holländischen Schule". Später, in Israel lernt Hannah rasch hebräisch, fällt aber mit Ihrem Mann immer wieder ins Deutsche zurück, "immer wollten wir anfangen: nur noch hebräisch und sind doch immer ins Deutsche zurückgewechselt. Schrecklich."

Im Juli 1942 taucht die Familie Frank unter und bezieht ihr Versteck im Hinterhaus der Frank’schen Opekta-Produktion. Als Gerücht lassen sie durchsickern, sie wären in die Schweiz - zu Otto Franks Mutter - geflohen. Auch die befreundete Familie Goslar wird vom Verschwinden der Franks überrascht - sie ahnen nicht, dass die Franks in Amsterdam untergetaucht waren, und auch nicht, dass Otto Frank bereits seit einem Jahr Vorbereitungen getroffen hatte. Warum die Goslars von den Franks nicht wie die Familie van Daan - und später noch andere - eingeladen wurden, das Versteck in der Prinzengracht 293 zu teilen? Für Hannah Pick-Goslar stellt das keinen Widerspruch zur engen Freundschaft dar, es war klar, "meine Mutter war schwanger, und meine Schwester ist zwei Jahre alt gewesen, und da kann man sich nicht verstecken". Anfangs waren die Goslars auch relativ geschützt durch eine erkaufte Staatsbürgerschaft von Paraguay. 1942 starb Mutter Goslar bei der Geburt des dritten Kindes. Im Juni 1943, fast ein Jahr nach dem Untertauchen der Familie Frank, wurden Vater Hans Goslar, seine beiden Töchter sowie seine Schwiegereltern in das Konzentrationslager Westerbork deportiert.

Warum ausgerechnet der Optimist Otto Frank Vorbereitungen zum Untertauchen getroffen hatte, und nicht der pessimistische Vater Hannahs, Hans Goslar? "Ja, das ist eine gute Frage, und ich Idiot hab’ ihn nie darauf angesprochen. Das ist mir erst später aufgefallen, und dann hab’ ich seine zweite Frau Frank gefragt, die wird heuer 92 Jahre als, ‘wieso hat dieser optimistische Otto solche Vorkehrungen getroffen?’ Und dann sagte sie ‘Siehst Du, er war nicht optimistisch, er war realistisch’. Es tut mir heute noch leid, dass ich ihn selbst nie direkt danach gefragt habe."

In ihrem Tagebuch erwähnt Anne Frank ihre alte Schulfreundin Hannah, mit der Sie den Kindergarten, sechs Jahre Montessori-Schule und schließlich die jüdische Oberschule gemeinsam besucht hatte, erstmals am 27. November 1943, als sie von einem Traum an "Lies" schreibt. Anne, die seit fast eineinhalb Jahren im Hinterhaus versteckt gelebt hatte, vermutete, dass ihre Freundin Hannah ("Lies") zu diesem Zeitpunkt schon umgekommen wäre. "Da waren wir in Westerbork, im Lager, das war 1943, als sie das geschrieben hat; Miep Gies hatte ihr gesagt, dass das Baby gestorben war, aber dass meine Mutter auch gestorben war, hat sie ihr nicht erzählt." Hannah Goslar hat das Tagebuch unmittelbar nach Kriegsende zu sehen bekommen, "Otto Frank hat es mir - wenn ich mich richtig erinnere - 1946 nach Basel geschickt".

Hannah Goslar durchlebte den Lageralltag der Konzentrationslager Westerbork und Bergen-Belsen, der Goßvater starb dort im November 1943. Zu dieser Zeit macht Hannah Goslar eine Erfahrung, deren Erinnerung sie bis heute erschüttert. Ich habe diese Geschichte schon Hunderte Male erzählt, und jedes Mal läuft’s mir kalt über den Rücken, wenn ich an diese eine Nacht denke, als da die ganzen Listen - muss ich das nochmals erzählen? - diese Palästina-Listen geplatzt sind, und man hatte nicht genug Leute zu schicken, und all die kleinen Kinder waren auf den Listen, und dann hieß es: alle außer der ersten und zweiten Liste werden geschickt, und wir mussten helfen, die Pakete zu machen für die Kinder, das Wenige, das sie da hatten, dann hat der Rabbiner sein großes Gebetstuch genommen, und alle gesegnet, und das Ende ist bekannt: der Transport endete in der Gaskammer; ich sag’ Ihnen, ich erzähle das, und mir wird jedes Mal anders dabei, es war furchtbar. Es gab da ein kleinen Mädchen, das ich ganz besonders lieb gewonnen hatte, und der ich auch half einzupacken; ihre Eltern waren untergetaucht, und sie und ihre Schwester landeten im Lager. Sie hieß Sarah Eva, und nach dem Krieg habe ich 1946 den Vater bei einem Abendessen kennen gelernt, und ich habe ihm von meiner Begegnung mit seiner Tochter erzählt, das war sehr traurig. Der Vater hat dann die zwei Kinder seines Bruders und dessen Frau, die ebenfalls ermordet wurden, aufgezogen. Es war ein furchtbares Zusammentreffen."

Hannah und ihre Familie wurden in das Konzentrations- und vorgebliche "Austausch"-lager Bergen-Belsen deportiert. Nach und nach verlor Hannah ihre engsten Familienangehörigen: den Vater am 25. Februar 1945, dann die Großmutter, genau einen Monat später am 25. März 1945. Anne Frank ist genau dazwischen gestorben. "Meine Großmutter ist nach der Anne Frank gestorben, und sie hätte uns wahrscheinlich, wenn sie ausgetauscht worden wäre, viel mehr helfen können; als man nämlich einmal wirklich austauschen wollte - jüngere waren meist nicht auf der Liste, sondern die alten und die kränkeren, und so waren wir, mein Vater, meine Schwester und ich nicht auf der Liste, meine Großmutter schon - ist meine Großmutter zu dem SS-Mann gegangen und hat gesagt: ‘Ich kann nicht von hier weggehen, mein Schwiegersohn ist sehr krank’. Und sie ist dageblieben."

Hannah Goslar und ihre zwölf Jahre jüngere Schwester - einzige Überlebende aus dem engeren Familienkreis - wurden von den Engländern aus dem Konzentrationslager Bergen-Belsen befreit. Otto Frank, Anne Franks Vater, war der einzige seiner Familie, der den Holocaust überlebte, er hatte Hannahs Namen auf einer Liste gefunden und besuchte Hannah Goslar unmittelbar nach Kriegsende im Krankenhaus. Bei dieser Gelegenheit erfährt Hannah Goslar vom Tod ihrer Jugendfreundin Anne - kurz nach ihrem letzten Zusammentreffen in Bergen-Belsen. Anne Frank war eine von ihren drei besten Freundinnen. "Die Anne, Hanne, Sanne waren wir. Sanne war die Tochter vom Sozius meines Vaters, und dann später hatte ich noch eine Sabbatfreundin, die Ilse, die ist auch umgekommen." Otto Frank sorgte dafür, dass Hannah Goslar und Ihre Schwester zu Onkel und Tante in die Schweiz kamen, und auch in der Zeit nach dem Krieg, als Hannah Goslar in Israel eine neue Existenz aufbaute, heiratete und eine Familie gründete, blieben Otto Frank und sie in Verbindung. "Er hieß bei mir immer ‘oom Otto’, das ist ‘Onkel Otto’ auf holländisch. Meine Schwester und ich hatten von ihm etwas sehr Hübsches geschenkt bekommen: ein Kwartje, das ist ein 25-Cent-Stück, auf der einen Seite ist die Königin, auf der anderen Seite, da stand drauf 5.12.1945, das war der Tag, an dem meine Schwester und ich in die Schweiz gekommen sind, der Tag, an dem er uns zum Flugzeug gebracht hatte."

Ob sie noch unter dem Verlust ihrer Familien, ihrer Freundinnen und von Anne Frank im besonderen leidet? Hannah E. Pick-Goslar antwortet auf diese Frage, dass sie unter dem Verlust von allen und allem leide - auch heute noch. "Das ist ein bisschen kindlich zu sagen: aber das geht ja bis heute weiter: es blieben kaum Verwandte oder Erinnerungsstücke - das alles habe ich nicht, auch meine Kinder haben keine Großeltern gekannt, sie hatten mich, aber nicht die ganze, große Familie, darunter leide ich bis heute. Anne im besonderen, das kann man schwer sagen, wahrscheinlich wäre sie heute in Holland, und ich hier, und ich hätte sie gerne ab und dann gesucht, und sie wär’ sicher auch hergekommen, wir wären sicher befreundet geblieben, vor allem nach dem Treffen in Bergen-Belsen, das ist sicher. Aber es fehlen alle. Auch nach so vielen Jahren, gerade, weil ich so oft daran denke."

Hannah Pick-Goslar lebt seit ihrer Einwanderung aus der Schweiz 1946 in Jerusalem. Sie lebt religiös, hält sich an religiöse Gebote, "Verbote, sollte man eigentlich sagen", wie Essens- oder Kleidungsgebote, Einhalten der Feiertage usw. Ihre Religiösität habe sie vom Vater geerbt ("er ist mit Schweinebraten und Christbaum aufgewachsen"), der sich - selbst aus nicht-religiöser Familie stammend - nach dem 1. Weltkrieg der Religion zugewandt hatte. Ob ihr der Glaube während der Internierung in den Konzentrationslagern geholfen habe? "Es hat mir sehr geholfen, dass ich Glauben hatte, weil man hat dadurch viel mehr Hoffnung, und wenn man nichts hat, woran man sich halten kann, dann ist es sicher schwieriger. Wenn man reich und gesund ist, dann ist es sehr leicht, an Gott zu glauben, und zufrieden zu sein - das ist viel schwerer, wenn man arm und krank und im Konzentrationslager ist." Inwieweit es noch verletzender war, dass sie im Lager nicht religiös leben konnte? "Bei uns gibt es ein Gesetz, das heißt ‘Pikuach Nefesh’: wenn man in Lebensgefahr ist, dann darf man sehr vieles ... zum Beispiel wurden einmal Muscheln verteilt, aber nicht wie Sie die vielleicht im Laden kaufen, sondern mit ihrem Kot und allem - furchtbar - aber die Rabbiner haben gesagt: ‘Das müsst Ihr essen, das ist Eiweiß.’ Ich weiß nicht, ob der Rabbiner selbst davon gegessen hat, aber uns hat er gesagt, ‘Ihr dürft nicht nur, Ihr müsst davon essen’." Dass sie nach dem Krieg ihre religiösen Gebräuche wieder aufnehmen würde, war für sie klar, "daran habe ich - im Gegensatz zu vielen anderen - nie gezweifelt. Ich glaube, ich war, als ich aus dem Lager kam, noch frommer als heute."

Das erste Mal kommt sie 1961 zurück nach Deutschland, auf Drängen des Ehemannes willigt Hannah Pick-Goslar auch ein, die Stätte des ehemaligen Konzentrationslagers in Bergen-Belsen zu besuchen.

"Wir haben uns in dem Städtchen Bergen erkundigt, und man hat uns alles gezeigt, aber es war gar nichts da. Heute sind drei Denkmäler da, und das Museum, und damals war nichts, heute sind auch so ein paar Grabsteine dorthin gestellt, ohne dass man genau weiß, wer wo begraben ist."

Insgesamt war Frau Pick-Goslar dreimal dort: einmal mit ihrem Mann, einmal für die Filmaufnahmen mit Willy Lindwer, und einmal für die Filmaufnahmen mit Jon Blair. Emotionen kamen keine hoch: "Es hat mir nichts mehr gesagt, da weint man dann nicht einmal mehr, das war nicht Bergen Belsen, das war einfach gar nichts, aber es war trostlos, diese Heide, oder was das ist, und heute ist es schon irgendwie eindrucksvoller: die Mauer, das Museum." Über den anlässlich des Besuchs des israelischen Präsidenten Chaim Herzog in den 80ern aufgestellten Gedenkstein sagt sie: "Hätte mein Vater geahnt, dass es einen israelischen Staat geben würde, von dem er immer nur geträumt hatte - und dass ein israelischer Staatspräsident hierher nach Deutschland kommen würde, und der Opfer gedenkt, hätte er vielleicht ein anderes Gefühl gehabt, als er gestorben ist".

Der Aussage des jetzigen israelischen Präsident Weizmann bei seinem vorjährigen (1995) Besuch in Deutschland, er könne nicht verstehen, wie Juden heute noch in Deutschland leben könnten, stimmt sie zu, und sie meint auch, dass alle Juden nach Israel kommen sollten: "Ja, hundertprozentig; wenn ich meine Vorträge vor jungen Besuchern halte, sage ich immer: ‘Ich hoffe, Ihr kommt her und helft uns, das Land aufzubauen’. Ich finde, jede Familie müsste ein Kind hierher schicken, um den Kontakt zwischen Israelis und Juden in der Diaspora zu pflegen. Ich verstehe Menschen, die woanders leben, aber das heißt nicht, dass ich es gut heiße."

Ob es für sie störend ist, "nur" als ehemalige Schulfreundin von Anne Frank angesprochen zu werden - so wie ich Sie kontaktiert habe? "Ich bin keine Heilige, ich wollte gar nicht Anne Frank sein. Eben gerade, weil sie sagt, warum sie leben darf und ich nicht - und heute sitze ich hier als glückliche Großmutter in Israel, unserem eigenen Staat, und Anne durfte nicht leben. Dadurch fühle ich mich verpflichtet, über sie und dadurch über die Schoa zu erzählen. Gerade über Auschwitz wollen die Leute gar nicht soviel hören, und durch das Thema Anne Frank kommt man zu viel, viel mehr Leuten - auch Nichtjuden, aber auch Kinder, und auch hier im Land: von Anne Frank will jeder hören, Auschwitz nicht. Und das freut mich eigentlich; freuen kann man so nicht sagen ... Ich finde es wichtig, über die Schoa zu erzählen, und so hab’ ich die Gelegenheit dazu, und auch über Anne und auch, wo sie gesagt hat, sie will weiterleben, und dadurch kann ich auch ein bisschen helfen, ihr Vermächtnis zu bewahren."

Hannah Pick-Goslar und ihre Schulfreundin:
Erinnerungen an Anne Frank

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Anton Legerer, Jr. / haGalil onLine 10-01-2000

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